Kitz gerissen: Jäger sind sauer wegen freilaufender Hunde

Schongau - Freilaufende Hunde, die dem Wild nachstellen, bringen Jäger in Rage - zu Recht, denn erst kürzlich sind in Schongauer Revieren wieder ein Rehbock und ein Kitz gerissen worden.
Da blutet selbst einem so erfahrenen Jäger wie Erwin Löw das Herz: Das Rehkitz, das vor ihm auf dem Waldboden liegt, ist womöglich qualvoll verendet. „Kein Zweifel, von einem Hund totgebissen“, sagt Löw, seit 20 Jahren auch Jagdaufseher. Im Nackenbereich des Kitzes sind die blutigen Bissspuren deutlich zu sehen.
„Solche Fälle kommen leider immer wieder vor“, ärgert sich Löw. Er ist zuständig für das Jagdrevier Schongau I und die Rösenau. Dort ist vor kurzem auch ein Rehbock dem Jagdtrieb von Hunden zum Opfer gefallen. Dies hätte verhindert werden können, „wenn die Leute so vernünftig sind und ihre Vierbeiner draußen im Wald anleinen“, fügt der Jagdaufseher hinzu. Und er ärgert sich über das rücksichtslose Verhalten von so manchen Hundehaltern, die offensichtlich keine Einsicht zeigen.
Beispiel gefällig? Erwin Löw saß neulich mit einem Jagdgast auf einem Hochsitz nahe des Wasserturms nördlich von Schongau. Eine Bockjagd war angesagt. Doch dazu ist es zum Ärger des Jagdgastes nicht mehr gekommen, weil eine junge Frau mit zwei Hunden (darunter ein Golden Retriever) quer über die Wiese in Richtung Hochsitz marschierte - und die Hunde frei herumstreunen ließ.
„Eine Unverschämtheit“, ärgerte sich der Jagdaufseher und brachte dies gegenüber der Hundehalterin auch zum Ausdruck. Gerade jetzt, in einer Zeit, wo die Rehgeißen ihre Kitze haben, sollten die Leute so vernünftig sein, ihre Vierbeiner anzuleinen und die Wege nicht zu verlassen, spricht Löw Klartext.
Angeblich hat die junge Frau mit den Hunden nicht gewusst, dass sich Jäger auf der Pirsch befanden, sonst hätte sie den Bereich um den Hochsitz gemieden. „Der Ton, den der Jagdaufseher angeschlagen, war absolut unangebracht“, berichtete der Vater der jungen Frau auf Anfrage der Heimatzeitung.
Auch Martin Kästl aus Peiting vom Jagd- und Naturschutzverein Schongau appelliert an die Vernunft der Hundehalter, ihre Tiere bei Spaziergängen im Wald doch anzuleinen. Denn wenn in einem Hund der Jagdtrieb einmal geweckt werde, dann sei das Tier oftmals nicht mehr zu halten.
Aber: Wenn sich der Hund dem Einwirkungsbereich seines Herrchens entzogen habe, dem Wild nachstelle und es gefährde, dann könnte der Jäger - laut Rechtslage - auch zur Waffe greifen und den Hund erlegen. „Das will aber keiner von uns, das wäre der allerletzte Schritt“, versucht Martin Kästl die Gemüter zu beruhigen.
„Auch in den städtischen Wäldern in Schongau gibt es immer wieder Probleme mit freilaufenden Hunden“, erklärt der Schongauer Stadtförster Klaus Thien. Allerdings handle es sich um eine Minderheit. Andere Waldbesucher fühlten sich unsicher oder gar bedroht, weil freilaufende Hunde von ihren Besitzern nicht abgerufen werden und zum Schnüffeln Personen angehen oder sogar anspringen.
„Vor allem in der Setz- und Aufzuchtzeit, also im Frühjahr und Frühsommer sowie im Winter bei hoher Schneelage, werden von mir regelmäßig gerissene Wildtiere aufgefunden“, berichtet Thien. Die Dunkelziffer dürfte hoch sein. Die Jagd in den Morgen- und Abendstunden werde zudem erheblich erschwert, und die Jäger, die immer mehr Druck durch die Waldbesitzer wegen hohen Wildverbisses erfahren, stünden vor einer schwierigen Abschussplanerfüllung.
„Traurig ist, dass es sich um eine Minderheit von Hundehaltern handelt, die ihre Hunde frei laufen lassen, ohne diese im Griff zu haben. Hilfreich wäre die Pflicht, eine Hundeschule aufzusuchen“, so der Stadtförster. Freiwillig machten dies zahlreiche vernünftige Hundebesitzer. Alle Hunde, die nicht aufs Wort folgen, müssten an die Leine. Am und im Wald sollten Hunde die Wege nicht verlassen und auf gar keinen Fall in Anpflanzungen oder Dickungen gelassen werden. In den Dämmerungsstunden sollte man Waldränder meiden.
mg