1. Startseite
  2. Lokales
  3. Schongau
  4. Kreisbote

Herzogsägmühle: Wohnhaus in der Oblandstraße eingeweiht

Erstellt:

Von: Rasso Schorer

Kommentare

Oblandstraße Wohnhaus Herzogsägmühle
Für die Bewohner mit schwerer und mehrfacher Behinderung schrieben die Besucher der Einweihung ihre guten Wünsche auf bunten Papierherzen nieder. © Schorer

Herzogsägmühle – Ihren Umzug vom alten Förderzentrum in die Oblandstraße 8a haben die 24 Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen bereits vor rund zwei Monaten gemeistert. Am Freitag vergangener Woche wurde das vollständig barrierefreie neue Wohnhaus eingeweiht.

Er hätte gern noch in seiner Zeit als Peitinger Bürgermeister so ein Wohnhaus mit eingeweiht, sagte der stellvertretende Bezirkstagspräsident Michael Asam. Umso mehr freue er sich nun über diesen Anlass. Die Zeiten seien unruhig, derlei Anlässe könnten angesichts womöglich drohender finanzieller Zwänge und Streichungen seltener werden. Dabei sei es doch so wichtig, Geschafftes aufrechtzuerhalten und weiter Verbesserungen zu erzielen.

Wie es zu dieser besonderen Verbesserung, dem Ersatzneubau in der Oblandstraße kam, schilderte Fachbereichsleiterin Ruth Connolly. Als Ende 2017 ein Bescheid einging, sei das ein herber Schlag gewesen. Denn dass die Wohneinheiten um zwei Quadratmeter zu knapp bemessen und einige Zimmer Doppelzimmer oder ohne eigenes Bad ausgestattet waren, stand dem weiteren Betrieb des Förderzentrums mit 39 Plätzen als Wohnhaus für Menschen mit schweren und mehrfachen Behinderungen im Weg.

Diese Entscheidung als Chance zu sehen, sei anfangs nicht leichtgefallen, so Connolly. Doch die Gelegenheiten dazu wurden mehr. 3,6 Millionen der insgesamt gut sechs Millionen Euro an Baukosten kamen vom Bezirk und der Regierung von Oberbayern, weitere 93.000 von der Landeskirche. Dass die geschaffenen 24 Plätze – gleichmäßig verteilt auf zwei Etagen – und jene genauso viele, die in Weilheim geschaffen werden sollen, in Summe die alten 39 Plätze übertreffen, gewähre die Chance, schon lange auf die Gelegenheit wartenden Familien ein Angebot machen zu können.

Der Platz an der Oblandstraße 8a sei ideal, freute sie sich. Nah am Dorfplatz, also mittendrin in Herzogsägmühle, doch mit Blick ins Grüne. Und in Sichtweite zur Förderstätte, wo die Bewohner tagsüber sind, ohne nun dafür einen An- und Abstieg bewältigen zu müssen.

Dass die Einweihung klappte, fühle sich dennoch an wie ein Wunder, schilderte Connolly: Corona, Lockdown, Lieferschwierigkeiten, Krankheitsausfälle und ein großer Wasserschaden im Sommer 2021, zählte sie mit Blick auf ein Bild vom Spatenstich Ende 2019 auf. Eine der wenigen Gelegenheiten, bei der sich alle Beteiligten von Angesicht zu Angesicht sehen konnten. „Die Welt hat sich seither verändert.“ Das bestätigte auch Angebotsleiter Nikolai Doubrawa. Ein Bauvorhaben dieser Größenordnung in Pandemiezeiten sei ein Kraftakt, waren sich beide einig. Doch Schwierigkeiten beim Bau hin oder her: „In den sieben, acht Wochen seit dem Umzug haben sich alle gut eingelebt“, freut sich Doubrawa.

Apropos Umzug: Leer steht das alte Gebäude nun nicht. Die Schule für Kranke hält dort nun Unterricht ab, ein Pärchen aus dem ambulant betreuten Wohnen ist eingezogen und Internatsplätze für Menschen mit seelischer Behinderung wurden geschaffen. Was das „gute Leben“ ausmacht, fragte Direktor Wilfried Knorr in die Runde. Der steigende Wert des eigenen Aktiendepots? Gehalt, sportliche Leistung, Followerzahlen? Jene Menschen, denen man ihre als schwer und mehrfach geltenden Behinderungen ansieht, erachte er da als gute Lehrmeister. Ihre Lebensfreude speise sich nicht aus Oberflächlichkeiten, sondern daraus, was wirklich zähle: Nähe, Zärtlichkeit, Begegnung. „Sie quälen sich weniger als wir, deren Behinderung man nicht sieht, mit der Angst vor morgen oder dem Tod, mit Geltungs- und Eifersucht. Unsere Behinderungen sieht man nicht, aber sie sind da.“

Auch interessant

Kommentare