Schongauer Fallschirmspringer-Legende Günter Schultz wird 80

Schongau - Günter Schultz aus Schongau hat die Fallschirmspringerei in der Aufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland geprägt wie kaum ein anderer.
„Alter ist kein Verdienst, und Jugend kein Privileg“, schießt es pistolenartig aus dem Munde von Günter Schultz, wenn man ihn auf seinen runden Geburtstag anspricht. Der Jubilar ist heute schon eine lebende Legende in Kreisen der Fallschirmspringer und Fallschirmjäger.
Körperlich topfit und geistig rege wie ein Abiturient vor seinen Prüfungen, erweckt er alles andere als den Eindruck, seinen 80. Geburtstag zu begehen. Insgesamt 6996 Fallschirmsprünge hat er in seinem Leben absolviert, den letzten Absprung gar im 80. Lebensjahr.
Günter Schultz hat die Fallschirmspringerei in der Aufbauphase nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland geprägt wie kaum ein anderer. Er ist noch heute auf allen Sprungplätzen ein gerne gesehener Gast, seine Erfahrungen und die daraus resultierenden Geschichten sind Kult in Springerkreisen.
Doch trotz seines Bekanntheitsgrades ist Schultz auf dem Teppich geblieben, hat sich nie in den Vordergrund gedrängt. Anfragen von Magazinen und Klatschzeitungen wegen Veröffentlichungen zu seinem Jubiläum hat er strickt abgelehnt, nur den Schongauer Nachrichten hat er aus dem „Nähkästchen“ geplaudert (der Verfasser dieser Zeilen ist ein Fallschirmspringer-Ziehsohn von Günter Schultz).
Günter Schultz wurde am 15. August 1930 in Wuppertal geboren. Als gelernter Maurer ging er mit 23 Jahren in Düsseldorf zur Bereitschaftspolizei. Er war einer der ersten, die in einem Lehrbataillon in München der neu aufgestellten Bundeswehr im Mai 1956 den Dienst aufnahm. Einem Aufruf folgend, meldete sich Schultz sofort zur Fallschirmtruppe.
Als einer der ersten Fallschirmpioniere war er bei der 11. US Airborne Division in München-Freimann stationiert, zur Ausbildung an den Sprunggeräten wurde jeden Tag nach Augsburg-Gablingen gefahren. Der Sprungdienst selbst wurde dann aus den C-119-Flugzeugen in München vorgenommen. „Wo jetzt die Allianz Arena steht, sind wir mit den Fallschirmen gelandet“, erinnert sich Schultz, der schon kurze Zeit später die Absetzer-Lizenz für diese Maschine bekam.
Nach seiner Versetzung nach Altenstadt zur Luftlandeschule begegnete er dem Offizier Arndt Hoyer, der das zivile Fallschirmspringen in Deutschland forcierte. Hoyer unterstützte die Sprungbegeisterung von Günter Schultz, und sein Kommandeur Walter Gericke gab seine Zustimmung. Mit einfachsten Dreieckschirmen, die mit aufwändiger Muskelkraft gesteuert werden mussten, wurden im Februar 1958 Sprungdienste in Peiting-Hausen, auf dem Wiesengelände gegenüber der Gaststätte Lamprecht in Peiting und an freien Flächen an der Echelsbacher Brücke abgehalten.
Ab 1959 begann Schultz mit dem Schauspringen bei Flugtagen und Fliegerfesten. Dabei unterstützte ihn der Schongauer Fabrikant Kurt Gnettner: Dieser charterte als Pilot eine Piper L4 mit 53 PS, und die Show begann. „Es war Abenteuer pur, manchmal wussten wir gar nicht, ob wir die Absetzhöhe erreichen“, frotzelt Schultz heute über die schwache Motorenleistung.
Seine Sprungerfahrungen auch im zivilen Bereich verschafften ihm den begehrten militärischen Freifall-Lehrgang in Pau (Frankreich). Damit war der Grundstein für die Ausbildung in Altenstadt gelegt. Bei Besuchen hochrangiger Militärs und Politiker war Schultz immer im Einsatz und verblüffte die Zuschauer mit seinen Ideen. Zum 60. Geburtstag von Franz-Josef Strauß auf dem Hohenpeißenberg landete Schultz genau vor dem Ministerpräsidenten, stellte sich vor ihm auf und betätigte seinen Reservefallschirm. Doch keineswegs fiel ein Fallschirm aus der Hülle, sondern eine eingebaute Minibar mit Cognac und acht Gläsern kam zum Vorschein. Da verschlug es sogar dem damaligen Kommandeur, Oberst Alfred Jenninger, die Sprache, den sonst so leicht nichts umhaute.
Als dann beim Stehempfang der Ministerpräsident frage, wie gut der Fallschirm gepackt sein müsse, um auf den Reservefallschirm zu verzichten, und wie hoch oder tief man damit abspringen kann, meinte Schultz trocken: „Solange man den Öffnungsvorgang des Fallschirmes noch mit dem Landefall am Boden verbinden kann, passt die Höhe.“
Seine beiden anderen großen Leidenschaften übt Schultz auch heute noch täglich aus: Geografie und Geschichtswissen sowie Radtouren zu den Stätten der Geschichte. Egal ob Prag oder die für ihn interessanten historischen Schauplätze in der Normandie, alles wird mit dem Fahrrad besucht. Etwas Ruhe will sich der Jubilar am Sonntag gönnen, wenn er im Kreise seiner Familie mit Ehefrau Rosmarie, den vier Söhnen Harro, Dietmar, Günter und Volker und den vier Enkeln und dem Urenkel seinen Geburtstag feiert.