Gyrocopter schießt über Graspiste hinaus, doch der Pilot bricht den Start nicht ab

Sein Schutzengel flog mit, als ein 65-Jähriger am Sonntagnachmittag mit seinem Ultraleicht-Fluggerät in eine Kiesgrube bei Peiting stürzte. Der Dießener wurde nur mittelschwer verletzt. Warum der Gyrocopter über die Graspiste sauste und nicht abhob, ist noch unklar. Fest steht aber, dass der Pilot den Start hätte abbrechen können.
Kurzenried – Es waren bange Momente für alle Beteiligten, als der Gyrocopter der Kiesgrube entgegenrollte und einfach nicht nach oben wollte. „Normalerweise hätte er nach 200 Metern in der Luft sein müssen“, berichtet der Betreiber der 400 Meter langen und 25 Meter breiten Graspiste nahe der Bundesstraße 17 bei Peiting-Kurzenried. Offiziell wird der Flugplatz als „Sonderlandeplatz“ geführt, zehn bis zwölf Piloten starten und landen auf ihm regelmäßig mit ihren Ultraleichtflugzeugen.
65-Jähriger hatte sich mit Fluggerät einen Traum für die Pension erfüllt
Zu ihnen zählt der 65-jährige Dießener, der am Sonntagnachmittag über die Graspiste hinausschoss. „Er ist ein ,junger’ Pilot und hat sich einen Traum für die Pension erfüllt“, weiß der 63-jährige Flugplatz-Besitzer aus Altenstadt, der namentlich nicht in Erscheinung treten möchte. Er kennt den Dießener als „ruhigen und bedachten Menschen“, nicht als einen „von den Spinnern, die wir hier Gott sei Dank nicht am Platz haben“.
Pilot hatte den Eindruck, dass die Maschine „noch kommt“
Dennoch hat der 65-jährige am Sonntag wohl einen Fehler gemacht, als er mit seinem Gyrocopter auf die Kiesgrube zurollte und verzweifelt versuchte, das hubschrauberähnliche Fluggerät in die Luft zu bekommen. Vermutlich war es ein technischer Defekt, der das verhinderte. „Normalerweise gibt es eine Deadline“, sagt der Flugplatzchef, der die dramatischen Szenen mit eigenen Augen beobachtete. „Der Pilot hätte die Entscheidung treffen müssen, den Start nach 300 Metern abzubrechen“, weiß der Altenstadter. Doch der Dießener tat das nicht. „Er hatte den Eindruck, die Maschine kommt noch.“

Der Eindruck täuschte, die Entscheidung, weiter Gas zu geben, war fatal. Der Gyrocopter schoss über die Graspiste hinaus über eine Wiese und passierte noch eine Schotterfläche, bevor er in die Grube stürzte.
Flugplatzchef und Rettungssanitäterin eilen zur Unglücksstelle
Am Flugplatz herrschte blankes Entsetzen. Sofort wurde ein Notruf abgesetzt, der Platzchef setzte sich zusammen mit einer an dem Tag zufällig anwesenden Rettungssanitäterin auf ein Allrad-Quad, um dem 65-Jährigen zur Hilfe zu eilen. Sie mussten mit dem Schlimmsten rechnen. An der Unglücksstelle angekommen, konnten sie durchatmen. Der Dießener hatte den Sturz in die Kiesgrube überlebt und sich sogar selbst aus dem Wrack befreien können. Wie sich herausstellte, brach sich der 65-Jährige bei dem Crash nur zwei Rippen. Dazu kommen noch Prellungen und ein paar Schnittwunden. Die Sanitäterin versorgte den Verletzten, der Flugplatzbetreiber klemmte die Benzinleitung des Fluggeräts ab.
Mit dem Rettungshubschrauber geht‘s in die Unfallklinik
Anschließend kam der Dießener dann doch noch zu einem sonntäglichen Flug, den er sich natürlich ganz anders vorgestellt hatte. Der angeforderte Rettungshubschrauber brachte den 65-Jährige in die Unfallklinik nach Murnau.
Pilot ist hart gesotten: Er will wieder fliegen
Abschließende Untersuchungen mit dem Computertomografen standen gestern zwar noch aus. Voraussichtlich kann der Mann aber schon am Mittwoch die Klinik verlassen, berichtet der Flugplatzbetreiber erleichtert. Er hat auch erfahren, dass der Dießener „mit dem Fliegen weitermachen will“.
Dazu muss sich der 65-Jährige natürlich erstmal einen neuen Gyrocopter suchen. Den alten hat die Peitinger Feuerwehr aus der Kiesgrube gezogen. Er wurde bei dem Sturz komplett zerstört, am Flugplatz wird der Schaden auf 60 000 bis 70 000 Euro schätzt.
Gutachter soll herausfinden, warum das Fluggerät nicht abhob
Die Polizei hat nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft ein technisches Gutachten in Auftrag gegeben. Ein Experte wird in dem auf dem Flugplatzgelände stehenden Wrack nun unter anderem nach der Ursache suchen, warum der Gyrocopter nicht fliegen wollte.

Zu größeren Umweltschäden kam es bei dem Unfall offenbar nicht. Nach Angaben von Schongaus Polizeichef Herbert Kieweg waren nur geringe Mengen Betriebsstoff ausgelaufen. Der betroffene Bereich wurde abgegraben und von Mitarbeitern des Peitinger Bauhofs entsorgt. Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes nahmen vor Ort Wasserproben.
Schon vor drei Jahren stürzte an der Graspiste ein ähnliches Fluggerät ab
Inspektionsleiter Kieweg kann sich an keine größeren Unfälle an dem Flugplatz in der jüngsten Vergangenheit erinnern. Der letzte datiert aus dem August 2018. Damals stürzte ein ähnliches Fluggerät nach einer Platzrunde ab. Der Motor hatte an Leistung verloren. Der 42-jährige Pilot aus Österreich und sein 51-jähriger Mitflieger aus Italien erlitten nur leichte Verletzungen. Auch damals kamen Gutachter.
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