Gemeinderat beerdigt Tiny-House-Pläne

- Ein Ehepaar wollte autark in seinem Heilkräutergarten bei Bernbeuren leben
- Der Gemeinderat ließ den Traum vom Tiny-House jetzt aber platzen
- Den 60-Jährigen fehlt die notwendige Privilegierung
Der Traum vom Tiny-House im Heil-Kräutergarten ist geplatzt: Der Bernbeurer Gemeinderat hat Anita Kraut und Siegfried Fichtl am Dienstag einen Korb gegeben. Dem Ehepaar aus Steingaden fehlt die Privilegierung für das Vorhaben im Außenbereich. Die beiden 60-Jährigen begraben nun ihre Zukunftspläne.
Bernbeuren – „Es war unser Lebenstraum“, sagt Anita Kraut mit Blick auf das, was sie zusammen mit ihrem Mann im Bernbeurer Außenbereich verwirklichen wollte. Wie berichtet, war es den beiden gelungen, mit Hilfe von Wildsamen geschützte und vom Aussterben bedrohte Wildblumen wieder anzusiedeln. In sieben Beeten haben Kraut und Fichtl einen Heilpflanzengarten mit heimischen Pflanzen angelegt, der gelegentlich schon jetzt zu Führungen für Fachleute genutzt wird. In Zukunft wollten die zwei neben der Produktion von Wildpflanzen für eine Naturheilfirma Führungen im größeren Rahmen anbieten und ein Alpinum (Steingarten) errichten. Das alles ist jetzt hinfällig, weil die zwei nicht vor Ort wohnen dürfen, um auf ihren Heilkräutergarten acht zu geben.
Bürgermeister warnt vor Präzedenzfall
Am Tag nach der Sitzung wirkt Anita Kraut traurig und nachdenklich. Es hatte nur ein paar Minuten gedauert, in denen ihr Bürgermeister Karl Schleich unmissverständlich klar machte, dass das Tiny-House im Außenbereich der Gemeinde nichts verloren hat. „Ihr seid keine Landwirte, es ist baurechtlich nicht möglich“, wandt sich Schleich direkt an das Paar und warnte den Gemeinderat vor einem Präzedenzfall. Dann könne sich jeder eine Parzelle im Außenbereich kaufen, ein Tiny-House darauf bauen und habe „ein wunderbares Wochenendhaus“, argumentierte der Bürgermeister. Im Gremium widersprach ihm niemand. Bei der Abstimmung hielten einzig Silvia Morasch und Dagmar Angerhofer dem Ehepaar aus Steingaden die Stange.
Heilpraktikerin hatte auf ein kleines Wunder gehofft
Anita Kraut gibt zu, dass die Ablehnung ein Stück weit zu erwarten gewesen sei. Dass es mit 13 zu 2 zwei Stimmen so deutlich wurde, das hatte sie dann aber doch enttäuscht. Kraut und ihr Mann hatten auf den Besucherstühlen in der Auerberghalle gespannt auf ihren Tagesordnungspunkt gewartet und auf ein kleines Wunder gehofft, das ausblieb.
Kräutergarten „eine Perle inmitten der konventionellen Landwirtschaft“
„Es ist schade, dass die Gemeinde nicht den Mut hatte, so ein Projekt zu unterstützen“, sagt die 60-Jährige am Tag danach. Sie hatte auf eine Sondergenehmigung gehofft. Schließlich sei der Kräutergarten „eine Perle inmitten der konventionellen Landwirtschaft“, meint die Heilpraktikerin.
Tiny-House-Hersteller spricht Klartext und gibt Gemeinde recht
Für Peter L. Pedersen war dagegen von vorn herein klar, dass der Gemeinde gar nichts anderes übrig bleiben dürfte, als den Antrag „auf Abstellgenehmigung“ abzulehnen. Tiny-Houses seien grundsätzlich nichts anderes als kleine Häuser, betont der Geschäftsführer einer Neumünsteraner Firma, die die kleinen Häuser herstellt. „Sie unterliegen exakt denselben baurechtlichen Grundlagen zu Umweltschutz, Naturschutz, Brandschutz, Nachbarschaftsrechten wie jedes andere Wohnhaus auch“, macht Pedersen klar. Der Umstand, dass das Haus Räder habe, tangiere das Baurecht überhaupt nicht. Das sei ausnahmslos straßenverkehrsrechtlich relevant. Entsprechend gehe es bei einem Tiny-House auch nicht um „eine Abstellgenehmigung“ sondern um eine Baugenehmigung. „Eben, weil es kein Wohnwagen, sondern ein Wohngebäude ist“, so der Geschäftsführer, der obendrein die angedachte „Autarkie“ für das Häuschen im Grünen „für die mithin unsinnigste und umweltschädlichste Idee“ hält, die überhaupt nur vorstellbar sei. „Der Anschluss an öffentliche Versorgungsnetze für Strom, Wasser und Abwasser ist gerade bei Tiny-Houses immer als umweltverträglicher einzustufen“, betont er.
Ehepaar begräbt Zukunftspläne: Keine Heilpflanzenlieferungen an Pharma-Firma
Wie auch immer: Die Heilpraktikerin und ihr Mann werden jetzt alles lassen, „wie es ist“. Die Pläne, Heilpflanzen an die Pharma-Firma zu liefern, sind ebenso gestorben wie der dreimal im Jahr stattfindende Tag der offenen Tür. Kraut: „Es ist einfach nur schade, wir haben keinen Plan B.“
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