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Schongauer erinnern sich an die Lebensgeschichte der Maria Chott

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Viele der anwesenden Besucher im Ballenhaus konnten sich noch gut an Maria Chott und das Feinkostgeschäft in Schongau erinnern.
Viele der anwesenden Besucher im Ballenhaus konnten sich noch gut an Maria Chott und das Feinkostgeschäft in Schongau erinnern.  © Jäger

Um die Lebensgeschichte von Maria Chott und ihre Erzählungen, die den Alltag der „kleinen Leute“ widerspiegeln, ging es bei der Lesung ihres Sohnes Peter im Ballenhaus. Bei der Veranstaltung erfuhren die Besucher unter anderem, warum Maria Chott die „schönste Firmpatin“ hatte oder was sie bei der Begegnung mit CSU-Legende Franz Josef Strauß feststellte.

Schongau – „Wem ist Feinkost Chott noch ein Begriff?“, fragte Peter Chott zu Beginn seiner Lesung im Ballenhaus. Rund die Hälfte der anwesenden Zuhörer hob die Hand, sie konnten sich also noch an das ehemalige Feinkostgeschäft in der Schongauer Weinstraße erinnern. Geführt wurde jenes Geschäft von Adolf und Maria Chott, um Letztere und ihre Lebensgeschichte dreht sich das von ihrem Sohn Peter Chott zusammengestellte Buch „Von Lichtmess zu Lichtmess“.

Das Buch besteht aus Geschichten von Maria Chott, die stets autobiografische Züge enthalten. Erstmals veröffentlicht wurden Chotts Erzählungen in den 80er Jahren in der „Altbayerischen Heimatpost“, hauptsächlich behandeln die Geschichten die Zeit zwischen 1919 und 1945. Illustriert wurde das Buch von Sebastian Herb, einem ehemaligen Schüler von Peter Chotts Ehefrau. Da die Geschichten von Maria Chott eher zum Nachdenken anregen, entschied sich Herb, die Illustrationen ausschließlich in Schwarz-Weiß zu gestalten.

Besondere Firmpatin

Geboren ist Maria Chott im Jahr 1912 in Untermenzing. „Das war keine einfache Zeit, zwei Jahre vor dem Ersten Weltkrieg“, berichtete Peter Chott. Maria Chott wuchs in eher einfachen Verhältnissen auf, ihr Vater war Maurer. Um den Vater ging es dann auch in der ersten Passage, die Peter Chott den Besuchern der Lesung zum Besten gab.

In der Geschichte beschrieb Maria Chott, wie ihr Vater aus dem Krieg einen Anzug aus der französischen Stadt Lille mitbrachte. Für Vater Hans war das jedoch nicht nur irgendein Kleidungsstück, sondern etwas Edles und Besonderes.

Peter Chott gab im Ballenhaus in Schongau Passagen aus den Geschichten seiner Mutter Maria zum Besten.
Peter Chott gab Passagen aus den Geschichten seiner Mutter Maria zum Besten. © Jäger

Die nächsten Passagen, die Peter Chott den Zuhörern vorlas, griffen die Jugendjahre seiner Mutter auf. So ging es etwa in einer Geschichte um die Auswahl der richtigen Firmpatin. In dieser Frage hatten die junge Maria und ihre Mutter durchaus unterschiedliche Vorstellungen.

Während die Mutter ein Familienmitglied favorisierte, hatte es Maria ein gewisses Fräulein Moosberger angetan: Diese sah Maria jeden Sonntag in der Kirche und kam zu dem Schluss, dass sie „die Schönste von allen“ sei. Da konnte wohl selbst die Mutter nicht widersprechen, und die Entscheidung war gefallen.

Hitlers „Mein Kampf in den Lech geworfen

Höhepunkte für die junge Maria Chott waren auch stets die Sommerferien bei ihrem Onkel in Dietramszell. Dort ging es gemütlich und bäuerlich, aber auch sehr einfach zu. So gab es dort noch kein elektrisches Licht, weshalb man bei Anbruch der Dunkelheit zu Bett ging. „Das Petroleum musste gespart werden“, erklärte Peter Chott.

Nach ihrer Schulzeit in München arbeitete Maria Chott als Kontoristin im Landsberger Kaufhaus „Westheimer“. Zu Chotts Zeit in Landsberg weilte auch Adolf Hitler nach seinem gescheiterten Putschversuch gerade in Gefangenschaft in der Lechstadt und verfasste dort sein Buch „Mein Kampf“. Jenes Buch habe Maria Chott nach Kriegsende in den Lech geworfen, wusste Peter Chott zu berichten.

Über Bernbeuren nach Schongau

Einige Jahre zuvor sah sich die junge Maria jedoch mit einer schwierigen Situation konfrontiert: So war ihr Arbeitgeber Jude und hatte erhebliche Probleme in der NS-Zeit. Im Jahr 1938 wanderte Westheimer nach Amerika aus, somit verlor Maria Chott ihre Arbeitsstelle. Eine neue Stelle fand sie im Landsberger Landratsamt, bis zu ihrer Ausstellung im Jahr 1945 arbeitete sie dort.

Nach Kriegsende zog es Maria Chott nach Bernbeuren. Dort lernte sie auch ihren zweiten Mann Adolf kennen, Chotts erster Ehemann war 1939 im Krieg gefallen. Besonders faszinierend war für die Städterin Maria das ländliche und bäuerliche Leben in Bernbeuren.

Feinkostgeschäft in der Weinstraße in Schongau

So lernte Maria etwa die Einstellung beziehungsweise Entlassung von landwirtschaftlichen Angestellten zu Lichtmess am 2. Februar kennen. Nach dem dazugehörigen Büchlein sollte Jahrzehnte später das Buch mit Marias Werken benannt werden.

In Bernbeuren machte Chott auch Bekanntschaft mit CSU-Legende Franz Josef Strauß, der damals Landrat des Landkreises Schongau war. „Da kam keiner zu Wort“, soll Maria später über den Politiker gesagt haben.

In den 60er Jahren zog es Maria und Adolf Chott nach Schongau, wo das Ehepaar das gleichnamige Feinkostgeschäft in der Weinstraße betrieb. Nach der Geschäftsaufgabe wegen gesundheitlicher Problemen ihres Ehemanns arbeitete Maria Chott bei der Stadtverwaltung Schongau und wurde später Leiterin des Sozialamts. „Ich wurde von meinen Eltern oft gefragt, ob ich denn einmal das Feinkostgeschäft übernehmen wolle“, erzählte Peter Chott zum Ende der Lesung: „,Nein’, habe ich immer gesagt, da muss ich zu allen Leuten freundlich sein.“

ANDREAS JÄGER

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