Neue Wege: Im Schongauer Forst wird jetzt auch ausgebildet - Waldverjüngung und -umbau schreiten voran

Erst seit Jahresanfang ist Paul Schulze in Schongau, und schon mitten im Team. Der Auszubildende im zweiten Lehrjahr wurde von der Stadt übernommen, kurz nachdem man die Zulassung für die Ausbildung von Forstwirtlehrlingen erhielt. Und schon für September sucht man einen zweiten Azubi.
Schongau – Schongaus Stadtförster Klaus Thien erklärt das Dilemma: Die Forstverwaltung sucht ganz dringend qualifiziertes Personal für die Waldbewirtschaftung – seit Januar vergangenen Jahres ist die Stelle eines Forstwirts oder einer Forstwirtin bereits ausgeschrieben – bisher Fehlanzeige. Und auch Nachwuchs ist nicht in Sicht.
„In ganz Oberbayern sind es nur noch sechs Kommunen, die eigene Förster beschäftigen, und nur die Stadt Landsberg bildet noch aus“, zählt Thien auf. Die Staatsforstbetriebe seien eingestellt oder zentralisiert worden. „Es gibt fast keine Ausbildungsstellen mehr in diesem Bereich.“
Der Auszubildende Paul Schulze hat auch gleich eine städtische Wohnung bekommen
Dem Fachkräftemangel möchte man bei der Stadt entgegentreten und bildet jetzt selbst aus. Die Zulassung durch die Waldbauernschule Kelheim sei „reine Formsache“ gewesen, erklärt Thien. Die forstfachlichen und personellen Voraussetzungen waren schon gegeben. Von einem anderen Betrieb im östlichen Oberbayern konnte die Stadt dann gleich einen Lehrling im zweiten Lehrjahr übernehmen – den 17-jährigen Paul Schulze. Eine kleine städtische Wohnung war auch gerade frei – da hat einfach alles zusammengepasst.

Thien kümmert sich um die theoretische Ausbildung, draußen bei der praktischen Arbeit steht Martin Schrödl dem 17-Jährigen zur Seite. Im Team ist derzeit auch Tobias Walters von der Stadtgärtnerei, der mit ebenso viel Begeisterung dabei ist wie der freie Mitarbeiter Simon Hummig.
Drei Bäume pro Mann pro Stunde
Dass der Boden endlich mal gefroren ist, nutzt man für die Holzernte auf einer Fläche oberhalb des Wühr-Hofes am Helgoland. Bis zu 120 Jahre alte Fichten stehen dort, der Käfer hatte schon vor einiger Zeit für ein Loch gesorgt. Um einem möglichen Kahlschlag zuvorzukommen und das Holz gut verwerten zu können, sollen diese Bäume fallen.

Zwei, eher drei Fichten pro Nase und Stunde werden umgelegt, gleich entastet und für den Abtransport fertiggemacht. Rund 100 Bäume sind das pro Tag. Die Stämme werden als Bauholz weiterverarbeitet und gehen an Sägewerke in Tirol und Südtirol – „die deutschen Sägewerke haben im Herbst schlechte Konditionen geboten“, erklärt Thien. Der Rest wird zu Hackschnitzel verarbeitet von einem Abnehmer aus Marktoberdorf.
Zu tun gibt es im Stadt- und Spitalwald genug: Die Stadt bewirtschaftet rund 650 Hektar Fläche in Schongau, Peiting, Burggen, Hohenfurch, Kinsau und Schwabsoien. Etwa 6800 Festmeter Holz dürfen jährlich entnommen werden, die Nutzung ist genau vorgeschrieben.
Waldverjüngung und Waldumbau schreiten voran
Das kommt dem Stadtförster auch sehr entgegen: Seit Jahren wird der Forst umgebaut, um den klimatischen Bedingungen besser standhalten zu können. „Wir sind in Schongau schon lange weg von der Kahlschlagwirtschaft, hin zu einer naturnahen Waldbewirtschaftung.“ Der Prozess ziehe sich zwar über Jahrzehnte hin, aber nach und nach verjünge sich der Wald und wachse von selbst nach. Verbiss gebe es kaum, denn auch die Jagd gehört dazu, der Rehwildbestand wird selbst kontrolliert.
„Es macht mir großen Spaß“, erzählt Paul Schulze. Er habe diverse Praktika gemacht und sei nach dem Garten- und Landschaftsbau bei der Forstwirtschaft hängen geblieben. Immerhin 1100 Euro brutto bekommt er im zweiten Lehrjahr. Die Berufsschule liegt in Neunburg vorm Wald – nicht der nächste Weg, aber es gibt Blockunterricht, und man kann vor Ort wohnen. Prüfungen finden in Kelheim statt. Als Forstwirt im öffentlichen Dienst wird man nach dem Tarifvertrag Forst bezahlt.
Mitarbeiter und Auszubildende werden händeringend gesucht
Ein neuer Mitarbeiter, ob Forstwirt oder jemand mit einer guten Eignung, etwa aus der Landwirtschaft, wird weiterhin gesucht. Und zum 1. September gleich ein zweiter Azubi. „Man ist frei in seiner Arbeit“, rührt Thien die Werbetrommel. Handwerkliches Geschick und auch technisches Verständnis seien wohl kein Schaden. Und natürlich muss man draußen arbeiten wollen – bei Wind und Wetter.
Dem Risiko in der Forstwirtschaft – die Unfallzahlen sind hoch, es kommt zu Todesfällen auch bei erfahrenen Mitarbeitern – begegnet man in Schongau aktiv mit Schulungen. „Es ist ein anspruchsvoller Beruf“, betont Thien. Und: „Waldarbeit ist zugleich praktischer Naturschutz.“ Man kann dazu beitragen, einen klimafitten Wald für die Zukunft zu gestalten und zu erhalten.
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