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Bekannter Käsehersteller setzt auf Kunst-Milch aus Israel - Landwirte schockiert

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Von: Jörg von Rohland

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Milch
Der Käsehersteller aus Schongau will in Zukunft auch auf künstlich hergestellte Milch setzen (Symbolbild). © dpa

Die Firma Hochland beteiligt sich an der israelischen Firma „Remilk“, die damit wirbt, ohne jede Kuh Milch produzieren zu können. Der Käsehersteller sieht den neuen Rohstoff als Ergänzung für seine Produktpalette. Landwirte in der Region sind entsetzt.

Schongau – „Ich halte die Entwicklung für besorgniserregend“, sagt der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands (BBV), Wolfgang Scholz, zu der neuen Milch. Dass mit ihr der Sojaanbau in den Regenwäldern reduziert werden könnte, lässt sich Scholz noch eingehen. „Aber in das Alpenvorland gehört die Kuh“, macht der Sachsenrieder Landwirt klar. Er betont jedoch, sich nicht zu den Hochland-Plänen zu äußern, weil er sie bis dahin schlicht noch nicht kannte.

Hochland in Schongau: Firma setzt auf Kunstmilch aus Israel - Kreisobmann hält Entwicklung für besorgniserregend

Auf Anfrage teilte Hubert Staub, Finanzvorstand der Hochland SE, jetzt mit, dass Anfang Dezember 2020 eine Minderheitsbeteiligung von Hochland an der Firma „Remilk“ vertraglich besiegelt worden sei. Das israelische Start-up stelle mit Hilfe mikrobieller Fermentation Proteine her, die funktional identisch mit Milchproteinen seien. „Daraus können Milchprodukte hergestellt werden, die sich von Erzeugnissen aus tierischer Milch nicht unterscheiden“, so Staub.

Hochland: „Remilk“-Produkte unterscheiden sich nicht von Erzeugnissen aus tierischer Milch

Ein Milchviehhalter aus der Region Schongau zeigt sich entsetzt. „Zu uns Landwirten wird immer gesagt, dass auf dem Markt zu viel Milch ist, und dann machen die so was“, schimpft der Mann, der namentlich nicht genannt werden will. Hochlands Finanzchef betont, dass das Unternehmen auch weiterhin klassische Milchprodukte herstellen werde.

Die Beteiligung an „Remilk“ begründet er damit, „dass immer mehr Menschen sich ganz oder teilweise ohne tierische Lebensmittel ernähren“. Den von „Remilk“ entwickelten Rohstoff sehe Hochland „als interessante Ergänzung zu unserem Kuhmilch-Käse.“

Zu uns Landwirten wird immer gesagt, dass auf dem Markt zu viel Milch ist, und dann machen die sowas.

Milchviehhalter aus der Region Schongau

Thomas Bertl, der als Vorstand des Schongauer Butterwerkes für rund 620 Milcherzeuger aus der Region spricht, sieht der künstlich hergestellten Milch daher noch recht gelassen entgegen. „Sie wollen halt dabei sein“, meint der Wildsteiger zum Einstieg Hochlands in Israel und betont, dass noch viele andere zur Investorengruppe gehören.

Hochland in Schongau: Unternehmen wird auch weiterhin klassische Milchprodukte herstellen

Dass die Ersatzmilch aus Israel hierzulande in Konkurrenz zur tierischen treten könnte, damit rechnet Bertl frühestens in zehn Jahren. Wie Scholz verweist aber auch er auf die große Nachhaltigkeit der Milchwirtschaft in der Alpen-Region: „Wer kann aus Gras sonst noch so hochwertige Lebensmittel erzeugen wie eine Kuh?“

Butterwerkchef sieht Entwicklung noch gelassen entgegen: Größeres Problem ist der Milchpreis

Das Startup in Israel ist auch deshalb für die Milchviehhalter in der Region nur ein Nebenschauplatz. „Die Milchwirtschaft hat ganz andere Probleme“, macht Bertl für die Butterwerk-Gemeinschaft klar. Die ihr angeschlossenen Landwirte liefern pro Jahr ca. 170 Millionen Kilogramm Milch ans Hochland-Werk und sind damit die größten Zulieferer in Schongau.

Hochland setzt auf Kunstmilch: Butterwerkchef sieht größeres Problem im Milchpreis

In den letzten zehn Jahren habe sich die Zahl der Milchviehhalter aber halbiert, bedauert Bertl und warnt davor, dass sich das in der nächsten Dekade wiederholt: „Das Problem ist der katastrophale Milchpreis.“ Derzeit zahle Hochland 35,5 Cent pro Liter Milch. Das seien zwar 0,5 bis 1 Cent mehr als der Durchschnitt. „Aber für eine nachhaltige Entwicklung bräuchten wir zehn Cent mehr.“

Dem deutschlandweiten Protest gegen das von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Insektenschutzgesetz hatten sich kürzlich auch die Landwirte im Landkreis Weilheim-Schongau angeschlossen: mit einem Mahnfeuer. In Lechbruck hingegen eskaliert ein Konflikt um ein umstrittenes Hotelprojekt immer mehr. Aktuelles aus der Region lesen Sie hier.

(Von Jörg von Rohland)

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