Zahlreiche Ehrengäste, jede Menge Grußworte und den Landkreis-Löwen in Porzellan als Gastgeschenk. Ein launiges Fest zum 100. Geburtstag feierte die Schongauer SPD am Samstag im Ballenhaus. Fazit: Wir müssen uns alle bemühen, die Demokratie zu wahren.
Nicht nur einmal fiel am Abend, der von Stephan König aus Penzberg moderiert und von einer Bläserauswahl der Stadtkapelle musikalisch umrahmt wurde, der Name Willy Brandt. Und nicht nur einmal wurden die Hochzeiten und Leistungen der SPD, die derzeit bei Umfragewerten um 15 Prozent liegt, beschworen. Tatsache ist, dass der SPD-Ortsverband in Schongau in 100 Jahren durchaus gute Arbeit geleistet hat und immerhin schon seit 1996 in Folge den ersten Bürgermeister stellt.
Gegründet wurde die erste SPD-Ortsgruppe im Zuge der Novemberrevolution 1918 unter freiem Himmel, weil sich keine Gaststätte fand, die die Gruppe beherbergen wollte. Bei der Kommunalwahl im Juni 1919 zogen sechs Sozialdemokraten in den Stadtrat ein. 1933 wurde die Ortsgruppe von den Nazis zerschlagen und verboten und gründete sich 1946 neu. Hubert Lechenbauer wird bei einer Stichwahl 1948 zum ersten SPD-Bürgermeister gewählt. 1973 hat der SPD-Ortsverein 110 Mitglieder.
Ortsverband hatte sich ein geschichtsträchtiges Datum zum Feiern ausgesucht
Nicht von ungefähr hatte der Ortsverband das Geschichtsträchtige Datum 9.11. – Tag des Mauerfalls für die Veranstaltung gewählt. Bürgermeister Falk Sluyterman erinnerte sich an seine Fahrt nach Berlin vor 30 Jahren und bekundete, dass eigentlich auch Willy Brandt der Titel „Kanzler der Einheit gebühre“, immerhin habe er diese durch seine Ostpolitik in vielen kleinen Schritten vorbereitet. Es gelte, stolz und selbstbewusst, aber ohne Selbstgefälligkeit auf die Leistungen der Partei zurückzublicken, so Sluyterman.
Derer wurden viele aufgezählt. Festredner Albert Thurner, Historiker und Bürgermeister von Vilgertshofen, zählte einige davon auf: Auch auf Druck der SPD habe Bismarck die Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung eingeführt. Auch den Einsatz fürs Frauenwahlrecht, den 8-Stunden-Tag, Arbeitsrecht, Erwerbslosenfürsorge, Mitbestimmungsgesetz in der Weimarer Republik und die Bildungsoffensive der 1970er Jahre kann sich die SPD auf die Fahnen schreiben. Nach dem Krieg habe sie die Demokratie wieder mitaufgebaut und auch in 17 Jahren Opposition viel geleistet.
„Das ursprüngliche Klientel der SPD ist quasi nicht mehr existent“
Aber Thurner hatte auch ein Zitat des Soziologen Ralf Dahrendorf aus dem Jahr 1983 über seinen Vortrag gestellt: „Das sozialdemokratische Zeitalter ist zu Ende.“ Die Sozialdemokratie habe alles geschafft, was sie schaffen wollte. Sie habe sich zu Tode gesiegt. Das Verdienst der sozialdemokratischen Epoche sei: „Noch nie haben so viele Menschen so breit gefächerte Möglichkeiten gehabt, wie am Ende der sozialdemokratischen Epoche“, so Thurner. Durch den Aufstieg der Arbeiter in den Mittelstand sei das ursprüngliche Klientel der SPD quasi nicht mehr existent, die Bereitschaft der Leute, sich für das Gemeinwesen einzusetzen lasse nach und nur noch 18 Prozent der Arbeitnehmer seien gewerkschaftlich organisiert.
Schongau liegt nicht im Trend
Schongau scheint diesbezüglich nicht im Trend zu liegen. Immerhin stellte der Ortsverband eine Liste mit hoch engagierten Kandidaten, darunter elf Frauen für die Kommunalwahl vor. Stadträtin Ilona Böse hielt eine flammende Rede für Frauen in der Politik. Und zitierte den Dalai Lama: „Die Welt wird von westlichen Frauen gerettet werden.“
Aber auch der CSU-Ortsverein und die Alternative Liste mit Renate und Sigi Müller waren bei der Feier vertreten. Kornelia Funke und Oliver Kellermann überreichten „Rotes aus schwarzer Hand“, einen Fresskorb mit lauter roten Köstlichkeiten als Gastgeschenk. Landrätin Andrea Jochner-Weiß überreichte Ortsvorsitzendem Daniel Blum zum Jubiläum den Landkreis-Löwen in Porzellan. „Respekt, Anerkennung und Lob. Es gibt gerade so viel Gegenwind von Parteien, die nichts mit unseren Grundwerten zu tun haben. Wir bürgerlichen Parteien müssen zusammenhalten“, so Jochner-Weiß. Dazu Daniel Blum: Es geht nicht gegeneinander, sondern nur miteinander. Ein besseres Signal gibt es gar nicht!“
Ursula Fröhlich
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