Viel Whisky, viel Schmäh

Schongau - Kabarettistin Angelika Beier begeistert die Zuschauer mit ihrer Eine-Frau-Show „Rauszeit“ im Eulenspiegel.
Wandlungsfähig, ideenreich, authentisch, witzig, schräg, nachdenklich - so kann man die Kabarettistin Angelika Beier bezeichnen. Nun zeigte sie ihre Eine-Frau-Show „Rauszeit“ im Eulenspiegel in Schongau.
Fanny will weg. Weg von dem grauen Alltag, vom Leberwurstbrote schmieren für Sohn und Freund, vom ewigen Allerlei, von allem halt. Kommt einem das bekannt vor? Aber natürlich, Fanny ist eine von uns, jede Frau hat schon einmal eine unbändige Reisesehnsucht gehabt, hat sich mit Aussteigergedanken herumgeschlagen, hat einfach die Nase voll gehabt.
So nimmt uns Fanny mit auf ihre Reise - Bali ist das Ziel -, und wir begegnen dabei einigen interessanten Personen in Fannys Umfeld. Da ist zum Beispiel die gelangweilte Nachbarin Gisa aus Giesing, die während Fannys Abwesenheit die Blumen gießt und sich über die Langweiligkeit und Einfallslosigkeit ihres Freundes beim Liebesspiel beklagt, sich Prospekte vom Swinger-Club anschaut und in völliger Natürlich- und Harmlosigkeit über sexuelle Praktiken berichtet.
Angelika Beier beleuchtet dabei zum Schreien komisch brisante Details, ohne in Platt- und Derbheit zu verfallen, und schafft es tatsächlich, schlüpfrig anmutende Dinge als völlig normal erscheinen zu lassen. Das ist durchdacht, das ist Kabarett pur.
Alt-Hippie Josefine bekommt eine Postkarte von Fanny und kommt dadurch zum Nachdenken über sich, ihr Alkoholproblem, über ihr Versagen, über die Welt schlechthin. Sie ist eine Null, eine Minusfrau im Plusquamperfekt, die rote Zahl auf dem Konto, die Unterfrau, die nichts hat, die selbst beim Versagen versagt.
Angelika Beiers tiefgründiger Sprechgesang in dieser Form geht unter die Haut, berührt, macht nachdenklich in seiner Nähe zur Realität.
Fannys Reise finanziert hat Tante Else, eine listige, verschrobene alte Dame, die ihr Geld mit anrüchigen Wetten erschleicht, sich diebisch daran erfreut und die rüstig als einen Tippfehler von rostig ansieht. Angelika Beier wechselt hier mit minimalem Requisitenaufwand völlig überzeugend in ihre Rollen. Wir treffen auch Mizzy, die extravagante, völlig dekadente Wienerin, eine alte Freundin von Fanny, die sich selbstironisch als Immer-noch-Frau bezeichnet und wenig übrig hat für die Männerwelt.
Und immer wieder taucht Fanny auf. Sie sitzt in Yogahaltung, verkrampft und krächzend Om-rufend im eisigkalten Himalayagebirge und macht sich Gedanken über die Erleuchtung, das Leid, den Tantrasex und das Nirwana im allgemeinen.
All das verkörpert Angelika Beier, die mal kokett, mal abgedreht, mal abgebrüht, mal philosophisch, mal tieftraurig Lebensweisheiten und Erkenntnisse rüberbringt.
„Mir ist so fad, Ihnen auch?“, sagt sie am Schluss vorm sich vor Lachen kugelnden Publikum und so ist es für Beier selbstverständlich, noch einen Kuchen als Zugabe zu backen, der es aber in sich hat mit einer anrüchig-unzüchtigen forever-young Schürze, viel Whisky, viel Schmäh, viel Angelika Beier halt.