Andechs holt Gewerbetreibende ins Boot

Bürgermeister und Gewerbereferentin hatten für Freitag zum ersten Andechser Unternehmerforum eingeladen und freuten sich über mehr als 70 Teilnehmer und drei versierte Referenten.
Andechs – Corona hatte es lange nicht zugelassen, aber schon bei seinem Amtsantritt hatte Andechs Bürgermeister Georg Scheitz ein großes Ziel: die Gemeinde enger zusammenzubringen. Neben der Sicherung der Nahversorgung, liegt ihm dabei ein Thema besonders am Herzen, und das ist wie er es ausdrückt das „Netzwerkeln“. Etwas, das unter Unternehmern besonders wichtig ist. Mit Michaela Eisenschmid als Gewerbereferentin im Gemeinderat an seiner Seite, hatte er deshalb schon längst ein Unternehmertreffen geplant. Im Dezember machten sie daraus ernst. Etwa 180 Einladungen waren verschickt worden zu einem ersten „Andechser Unternehmerforum“. Am Freitag fand es im Saal des Klostergasthofs statt – mit mehr als 70 Teilnehmern und drei versierten Referenten zum Thema „Stabilität und Sicherheit für die betriebliche Zukunft“.
So viele Teilnehmer habe Scheitz an einem Freitagnachmittag nicht erwartet. Umso mehr freute er sich: „Schee, dass da seids.“ Das Gewerbe als „Säule der Gesellschaft“ sei ihm eine Herzensangelegenheit. „Wir sind in einer Phase, Segel zu setzen für die Zukunft“, sagte er. Gemeinsam. Und weil zum „Netzwerkeln“ nicht nur die einheimischen Gewerbetreibenden gehören, fanden sich unter den Gästen zahlreiche Vertreter von Banken, IHK, Bund der Selbstständigen und natürlich der gwt. Neugierig hatte sich auch Scheitz’ Vorvorgänger im Amt des Bürgermeisters und Altlandrat Karl Roth unter das Publikum gemischt, der sich an dem großen Interesse an dem Forum in seiner Heimatgemeinde mit freute.
Dr. Jürgen Michels: „Pandemie und Krieg waren nicht in unserem Set-up.“
Scheitz wollte bei diesem Treffen kein Blatt vor den Mund nehmen und merkte gleich eingangs an, dass es um die Finanzen der Gemeinde schlecht stehe. Wie berichtet, sind die Gewerbesteuereinnahmen massiv eingebrochen. „Wir befinden uns mitten in der Haushaltsdebatte“, sagte er. Und angesichts der morgen anstehenden Gemeinderatssitzung, in der der Haushaltsplan verabschiedet werden soll, kündigte Scheitz an, „dass wir an der Gewerbesteuerschraube drehen müssen“. Aktuell gehöre Andechs mit einem Hebesatz von 290 Prozentpunkten zu drei Gemeinden im Landkreis mit den niedrigsten Hebesätzen. Das werde sich ändern müssen, „aber das soll die Stimmung nicht trüben“.
Mit Michaela Eisenschmid als Betriebsberaterin bei der Handwerkskammer Oberbayern kann sich Scheitz glücklich schätzen, eine kompetente Gewerbereferentin in den Reihen des Gemeinderates zu wissen. Gemeinsam mit ihr hat er auf dieses Forum hingearbeitet. Wie Scheitz habe sie für Andechs viele Ideen im Kopf und versuche, sich in die Gewerbetreibenden in Andechs hineinzudenken. Über sie ist es beiden unter anderem gelungen, den Chefvolkswirt der Bayern LB, Dr. Jürgen Michels, nach Andechs zu holen. Er versuchte, eine Perspektive „nach der Zins- und Zeitenwende“ aufzuzeigen und wies darauf hin, dass „Pandemie und Krieg nicht in unserem Set-up waren“, dass es um Kurshalten gehe in turbulenten Zeiten, in der zumindest er fest damit rechnet, dass die vielen Ausgaben nur mit Steuererhöhungen zu decken seien. Aber er sprach von Zuversicht: „Wir werden im ersten Halbjahr unten angekommen sein, dann wird der Blick wieder nach oben gehen“. Auf Nachfrage von Molkereichefin Barbara Scheitz, welche Empfehlung er geben könne, konnte er als Chefvolkswirt sicher nicht auf die Situation der mittelständischen Unternehmen in Andechs eingehen, darum fasste er sich kurz: „Einen kühlen Kopf bewahren.“ In einer Lehrstunde von Geopolitik machte er Hoffnung, wieder zu investieren.
Des Themas Sicherheit nahmen sich Andreas Nath und Andreas Brosche vom Bayerischen Landeskriminalamt an. Die Spezialisten für Cyberkriminalität machten in einem ebenso anschaulichen wie unterhaltsamen Vortrag deutlich, wie angreifbar jeder Einzelne über das Internet ist. Vor allem unterstrichen sie, aufmerksam zu sein, und machten dies in einem kleinen Spiel gleich deutlich, als sie die Frage an die Leinwand warfen: „Wie viele Tiere nahm Moses mit auf seine Arche?“ Zwei, von allen zwei – es gab schnelle Antworten, bis jemanden auffiel, dass es nicht Moses, sondern Noah war, der die Tiere mitnahm. Genauso schnell sei das Internet. Darum lenkten die Polizeibeamten den Blick auf die Aufmerksamkeit, insbesondere, was Adressen-Endungen betreffe, und betonten, wie wichtig lange Passwörter seien – „am besten ein Satz als Eselsbrücke“ – und dass Dateien mit der Endung .txt immer noch die sichersten seien, alle anderen könnten leichter missbraucht werden.
Nach den Vorträgen, kurz unterbrochen durch eine Pause, konnten sich die Teilnehmer nach zweieinhalb Stunden dann noch dem Netzwerkeln widmen. Konrad Hallhuber von der VR Bank freute sich über die lockere Gesprächsatmosphäre, „ich hatte mich schon in der Pause verratscht“. Begeistert war auch Eugen Hemberger jun., Wirt im Hotel zur Post in Erling. „Ich fand’s super. Die Vorträge waren sehr interessant.“ Weil er schon gut vernetzt sei, hätte er sich lediglich gewünscht, als Unternehmer direkt Fragen an die Gemeinde stellen zu können. Sodass es vielleicht auch zu einem Erfahrungsaustausch kommen könnte. Dazu ließen zwei ausführliche Vorträge keine Zeit. Das stellte auch Bürgermeister Scheitz im Anschluss im Gespräch mit dem Starnberger Merkur fest. Ein Vortrag hätte wohl gereicht, so Interessant beide waren. Trotzdem freute er sich über eine große positive Resonanz des ersten Andechser Unternehmerforums.