- vonAndrea Gräpelschließen
Das Erlinger Familienunternehmen Scheitz freut sich über erfreuliche Jahresbilanz und weiter gute Aussichten. Die Molkerei behauptet sich weiter als größte Biomilch-Molkerei in Europa.
– Kalte Industrieanlagen, einförmige Gebäudekomplexe – das war einmal. „Ich glaube, wir müssen anders bauen“, sagt Barbara Scheitz. Extensive Begrünung auch im Industriebereich – das Verwaltungsgebäude der Andechser Molkerei in Erling ist ein Paradebeispiel dafür. Die Geschäftsführerin wird nicht müde, neue Wege zu gehen und trat damit 2003 in die großen Fußstapfen ihres Vaters Georg, der die erste Bio-Produktlinie schon 1980 einführte. Der Senior hatte die Erweiterungspläne mit Hochregallager der Molkerei angeschoben, seine Tochter hat sie mutig fortgesetzt und das Familienunternehmen zur größten Biomilch-Molkerei in Europa gemacht.
Umsatzzahlen
Der Trend zu Bio-Produkten nimmt weiter zu, entsprechend steigen die Umsatzzahlen von 142 Millionen Euro im Jahr 2015 auf 148 Millionen im Vorjahr. Für das laufende Jahr ist eine fünfprozentige Steigerung geplant. Besonders stolz ist Barbara Scheitz aber darauf: „13 Prozent der ökologisch bearbeiteten Fläche bearbeiten unsere Landwirte.“ Und seitdem sie das Familienunternehmen leitet, stieg die verarbeitete Milchmenge um 65 Prozent.
Milchpreise
Transparenz, Qualitätsmanagement und innovative Ideen leiten die Geschäftsführerin in ihrem Tun. Dies gilt nicht nur innerhalb des Betriebes, sondern auch außerhalb. Die 52-Jährige kennt nicht nur jeden ihrer 190 Mitarbeiter persönlich, sie kennt auch alle „Partner“. Dies sind nicht weniger als 630 Bio-Milchbauern, 530 Milchvieh-Betriebe und 100 Ziegenbauern. 20 haben ihren Hof im Landkreis Starnberg.
„Wichtig ist, dass Bio-Bauern eine Perspektive haben und die Verbraucher das zu schätzen wissen.“ Selbst als die Milchpreise im Keller landeten, konnte das Erlinger Unternehmen seinen „Partnern“ einen guten Preis machen. Heute liegt der Preis der konventionell erzeugten Milch pro Liter mit bis zu 33 Cent auf einem relativ hohen Niveau, die Bio-Betriebe, die nach Erling liefern, bekommen aktuell 48,05 Cent pro Liter Kuhmilch und 85 Cent pro Liter für Ziegenmilch, die seit 1994 an der Biomilchstraße verarbeitet wird.
Vertrauen
Im Vorjahr kamen 30 Bauern neu dazu, in diesem Jahr sind es zirka 25. Die Molkerei Andechs hat unterdessen so viele Partner, dass es sogar eine Warteliste gibt. „Das bedeutet erst einmal nicht so viel, weil die Umstellung konventioneller Betriebe auf Bio einige Jahre dauert“, erklärt die Geschäftsführerin. Und bis es zu einer Partnerschaft kommt, muss alles stimmen. Höfe und Molkerei unterziehen sich permanent Kontrollen. Immer auf Augenhöhe. Denn der persönliche Kontakt gehört zur Firmenphilosophie dazu. Der Jour fixe in einer regelmäßigen Telefonkonferenz ist fester Bestandteil der Zusammenarbeit mit ihr.
Um den Biomilcherzeugern ein Gesicht zu geben, wurde bereits 2008 die Rückverfolgbarkeit ins Leben gerufen. Mit der Eingabe des Mindeshaltbarkeitsdatum ist im Internet nachvollziehbar, wo die Milch herkommt. Die Nähe zwischen Verbrauchern und Erzeugern wird zudem über Kuh-Patenschaften oder ganz neu über die Kuh-Challenge ermöglicht.
Perspektive
Die Aussichten für die Molkerei und ihre Partner sind gut. Der Bio-Sektor boomt. Selbst Billig-Discounter lassen ihre Bio-Marken in Erling herstellen und abfüllen. „Nach eigenem Rezept, versteht sich. Und mit mehr Zucker“, betont die Molkereichefin, für die die Herstellung ihrer vielfach ausgezeichneten Andechser Markenprodukte natürlich an erster Stelle steht. Dieser Anteil liegt immer noch bei 70 Prozent – allen voran Kefir, Naturjogurt und Fruchtjogurt.
Vorbild
Der Betrieb an der Biomilchstraße in Erling soll Vorbild sein für Kunden und Bauern – nicht nur mit dem begrünten Dach, auf dem Bienen zurzeit paradiesische Zeiten erleben. Seit zwei Jahren gibt es zwei eigene Bienenstöcke. „Allerdings gibt’s den Honig nur für Mitarbeiter“, so Barbara Scheitz. Die
bara Scheitz alle glücklich. „Der Hang ist schon begrünt.“Die nächste bauliche Entwicklung erfolge erst 2018: Um die technischen Abläufe zu erleichtern, wird die Milchannahme eingehaust. „Mit Lärm hat das nichts mehr zu tun. Da beschwert sich niemand mehr.“