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„Corona-Pleitewelle im Einzelhandel“ Brandbrief eines Einzelhändlers

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Manfred Herz — Einzelhändler und Immobilieninvestor im Landkreis Starnberg und München.
Manfred Herz — Einzelhändler und Immobilieninvestor im Landkreis Starnberg und München. © Immobilien Herz

„Die Beschlüsse zur erneuten Verlängerung des Lockdowns sind eine bedenkliche Resignation der Politik“, so Manfred Herz in seinem Brandbrief an Ministerpräsident Dr. Söder.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder,

große Teile unseres Einzelhandels stehen vor einer existenzbedrohenden Situation. Selbst Unternehmen, die vor Beginn der Pandemie solide und nachhaltig aufgestellt waren, geraten in der Zwischenzeit in Schieflage. Sollte es nicht bald zu einer grundlegenden Änderung der Schließungsanordnung von allen Einzelhändlern, außer Lebensmittel SB Märkten und Drogeriemärkten kommen, droht der Verlust an einer Kulturlandschaft aus Einzelhandel, Restaurants, Cafès etc. Mehrere hunderttausend Unternehmen und deren Millionen Mitarbeiter, die rein zufällig das falsche Segment im Einzelhandel bedienen (Mode, Schuhe, Baumärkte, Facheinzelhandel, etc.), dürfen auf unbestimmte Zeit ihren Beruf nicht mehr ausüben.

Kein verantwortungsvoller Unternehmer stellt infrage, dass überzeugende Hygienemaßnahmen nötig sind. Die Beschlüsse zur erneuten Verlängerung des Lockdowns sind eine bedenkliche Resignation der Politik. Als Krönung wurde nun zudem noch der monatelang angestrebte Inzidenzwert von 50, bei dem es endlich Lockerungen geben soll, auf 35 herabgesetzt. Damit hat die Politik ohne Rücksicht auf breite Berufsgruppen ein Versprechen gebrochen. Wann in Bayern ein Inzidenzwert von 35 erreicht wird, ist nebulös. Dies ist das Gegenteil einer echten Öffnungsstrategie und zeigt nicht die Spur von Verlässlichkeit.

Wirtschaft braucht Perspektiven und unser Land braucht den Mittelstand, um auch in Zukunft im Wohlstand zu leben. Nach einem Jahr Corona ist es Zeit, über das Leben mit der Pandemie zu sprechen und neue Lösungen zu erarbeiten, da wir vermutlich auf Dauer mit dem Virus leben müssen. Das Argument der Alternativlosigkeit zu den momentanen Maßnahmen ist ein Eingeständnis der Resignation unserer Politiker.

Ich als Unternehmer verstehe, dass man umsichtig sein muss, aber Sie können doch nicht Zehntausenden von Einzelhändlern, Gastwirten und anderen Selbständigen ihre Existenzgrundlage und Perspektive nehmen. Viele Mitbürger glauben, dass die Unternehmer alle Ausfälle ersetzt bekommen. Diese Behauptung trifft nicht zu. Im besten Fall wird ein Teil der festen Kosten ersetzt (Miete, Nebenkosten etc.), niemals jedoch der Gewinn des Unternehmens.

Politiker, Beamte und ein Großteil aller Arbeitnehmer erhalten unverändert ihr volles Gehalt. Aus dieser komfortablen Situation kann man die Verlängerung des Lockdowns entspannt diskutieren. Hunderttausende Mitarbeiter im Nonfood-Einzelhandel erhalten Kurzarbeitergeld. Dies entspricht jedoch nur 60 bzw. 67 Prozent ihres eigentlichen Nettogehaltes. Darüber hinaus werden die betroffenen Mitarbeiter monatelang zu einem deprimierenden und erniedrigenden Nichtstun verurteilt.

Natürlich sollen soziale Kontakte reduziert werden, aber das muss doch alles auf dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Gleichbehandlung geschehen. In meinen Heimwerkermärkten befinden sich üblicherweise zehn bis zwanzig Kunden gleichzeitig auf ca. 800 Quadratmetern Fläche. Das macht 40 bis 80 Quadratmeter pro Kunde.

Im Supermarkt nebenan reicht es aus, wenn ein Kunde zehn Quadratmeter zur Verfügung hat. 80 Kunden auf 800 Quadratmeter sind erlaubt. 10 – 20 Kunden auf 800 Quadratmeter sind verboten – wo bleibt da die Gleichbehandlung? Meine Heimwerkermärkte müssen schließen, im Gegensatz dazu darf der Drogeriemarkt im selben Einkaufszentrum, der nicht nur die Grundversorgung der Bevölkerung bedient, öffnen. Und dies, obwohl er im großen Stil die gleichen Sortimente wie viele Facheinzelhändler und meine Heimwerkermärkte führt (Spielwaren, Schreibwaren, Haushaltswaren, etc.). Die Drogeriemärkte dürfen sich über enorme Umsatz- und Gewinnzuwächse freuen, während bei tausenden Facheinzelhändlern und meinen Märkten der Umsatz auf null zurückgegangen ist.

Nun werden die Friseurläden aufgesperrt. Erfreulich. Aber warum erlauben Sie, dass jemand zwei Stunden lang mit engstem Körperkontakt eine Dauerwelle gelegt bekommt, während ein 5-Minuten-Besuch eines einzelnen Kunden in einem Blumenladen, Bücherladen etc. mit geöffneten Fenstern strengstens verboten ist?

Das ergibt doch keinen Sinn!

Für all das haben große Teile der Bevölkerung - und auch ich - kein Verständnis mehr. Erlauben Sie spätestens ab Mitte März der Gastronomie, kulturellen Einrichtungen und dem Einzelhandel mit bewährtem Hygienekonzept wieder zu öffnen!

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Söder, verhindern Sie eine dauerhafte Verödung der Innenstädte und eine beispiellose Pleitewelle in weiten Teilen unserer mittelständischen Wirtschaft.

Ihr Manfred Herz
Einzelhändler und Immobilieninvestor
im Landkreis Starnberg und München

Kontakt

Herz Immobilien Management GmbH
Starnberger Weg 62
82205 Gilching
E-Mail: sabine.holzner@herz-gruppe.de
Telefon: 08105–3708 23

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