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Gedenken für Jürgen Bergbauer: Ein schwarzer Tag für Gauting jährt sich

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Von: Volker Ufertinger

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Gedenkveranstaltung für Jürgen Bergbauer
Vereint im Gedenken: Unmittelbar am Tatort erinnerten Redner an die dramatischen Tage im März 1983. © Dagmar Rutt

Vor 40 Jahren hat ein Polizist am Jugendzentrum Jürgen Bergbauer (14) erschossen. Daran erinnerte eine Gedenkveranstaltung am Montag. 150 Besucher kamen.

Gauting – Jürgen Bergbauer war ein Lausbub, dem man irgendwie nicht böse sein konnte. Einer, der lieber bei den Großen mitlief. Das Küken der Riesenclique, die Anfang der 1980er Jahre im Jugendzentrum ein- und ausging. So beschreiben ihn seine Freunde, und das sieht man auch auf dem Foto, das jetzt am Eingang zum Jugendzentrum hängt. „Jürgen Bergbauer in liebevoller Erinnerung“ steht darauf. Dazu die Lebensdaten: 2.7.1968 bis 20.3.1983.

Dieser 20. März 1983 ist ein schwarzer Tag in der Geschichte von Gauting. In den frühen Morgenstunden erschoss der Polizist Friedrich K. den jungen Mann, als er ins Jugendzentrum einstieg, um dort zu übernachten. Wahrscheinlich hielt Friedrich K. ihn für genau den Einbrecher, wegen dem eine Sondereinheit schon seit ein paar Tagen im Rathaus gegenüber auf der Lauer lag – in den Wochen zuvor hatten sich die Einbrüche an der Bahnhofstraße gehäuft. Wahrscheinlich erschrak der Todesschütze, weil er im Dunkeln etwas blitzen sah, so hat er es jedenfalls vor Gericht gesagt. Ob das alles so stimmt – darüber gibt es nach wie vor keine Gewissheit.

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Klar ist nur eins: Nach diesem 20. März 1983 war nichts mehr wie vorher. Die Jugendlichen wussten nicht, wohin mit ihrer Wut und Trauer. Aus dem JUZ hing zeitweise ein Banner mit der Aufschrift „Die Polizei, Dein Freund und Mörder“, im „Beißzangerl“, einer Schülerzeitschrift, stand der Satz: „Ich fürchte mich, Du deutscher Polizist, nichts im Hirn, alles im Revolver.“ Die Zeichen standen auf Revolte, die Republik schaute nach Gauting.

Am Montag, dem 40. Todestag von Jürgen Bergbauer, versammelten sich vor dem JUZ all jene, die diese dramatischen Tage miterlebten. Erik Berthold, der vier Jahre ältere Freund von Jürgen Bergbauer, sagte vor etwa 150 Besuchern in seiner Ansprache stellvertretend für die Clique von früher: „Wir wollen Versöhnung.“

Die Stimmung war extrem explosiv

Altbürgermeister Ekkehard Knobloch machte deutlich, wie unglücklich sich die Umstände damals verkettet hatten. Eigentlich sollte bei Vorfällen am JUZ der Jugendbeauftragte der Gautinger Polizei hinzugezogen werden, um einen Alleingang wie den von Friedrich K. zu verhindern. „Danach saßen wir auf einem Pulverfass, die Stimmung war extrem explosiv.“ Um seinen Teil zur Versöhnung beizutragen, hat Knobloch der Mutter von Jürgen Bergbauer – die krankheitsbedingt der Gedenkfeier fernblieb – jedes Jahr mit einem Blumenstrauß zum Geburtstag gratuliert.

Ausstellung im JUZ zum 40. Todestag von Jürgen Bergbauer.
Schlagzeilen von einst: Eine Ausstellung zeigte Zeitungsausschnitte von 1983. © Dagmar Rutt

Ex-Polizeichef Wolfgang Tischer stellte ebenfalls die Mutter des Opfers in den Mittelpunkt. „Sie hat alle zur Mäßigung gemahnt, das war eine ungeheure Leistung.“ Seine Aufgabe habe auch darin bestanden, viele Bürger zu beruhigen, die wenig Verständnis für die Vorgänge um das JUZ herum hatten, mit Mahnwachen und Kerzen, die teilweise auf der Straße standen und den Verkehr behinderten. „Ich musste immer wieder klar machen, dass das trauernde Jugendliche sind und keine Revoluzzer, die Rabatz machen wollen.“

Zum Ausklang spielte Franz Schachtner auf der Trompete das Stück, das er einst auf der Beerdigung von Jürgen Bergbauer gespielt hatte. „Il Silenzio“ von Nini Rosso. Da wurde es still in Gauting. Totenstill.

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