Der Plan hinter all den Plänen
Die Gemeinde Tutzing und ihre Bauwerber – das ist eine ganz spezielle Verbindung, die bei allen Beteiligten reichlich Nerven kostet. Bürgermeister Rudolf Krug will das Gemeindegebiet deswegen möglichst flächendeckend mit Bebauungsplänen überziehen.
Tutzing – Eine Zahl zum Einstieg: Die Stadt Weilheim, gut 22 000 Einwohner, Mittelzentrum und Sitz des Landratsamtes, hat nach Angaben des Tutzinger Bürgermeisters Rudolf Krug derzeit etwas mehr als 20 laufende Bebauungsplanverfahren.
Und Tutzing – knapp 10 000 Einwohner, weder Kreisstadt noch Sitz des Landratsamtes? 65. Warum sind das so viele? „Die hohe Zahl an Bebauungsplänen ist unsere Chance, die Ortsentwicklung in den Griff zu bekommen“, meint Krug.
Er attestiert seinem Bauamt „den fünffachen Aufwand, den vergleichbare Ämter andernorts haben“. Es gebe „unzählige Bauanträge von Leuten, die sich hier in Tutzing verwirklichen wollen“, schimpft der Bürgermeister. Da sitze der Mitarbeiter der Bauverwaltung schon einmal mutterseelenallein dem Bauwerber, dessen Anwalt und zwei Architekten gegenüber. Doch längst nicht alle Ideen und Wünsche des Einzelnen seien auch gut für die Gemeinschaft. „Der Charakter unseres Ortsbildes ist unser wertvollstes Gut“, sagt Krug. Die Grundstückspreise in Tutzing sind hoch. „Und das vor allem deswegen, weil es hier schön ist“, so Krug. Dürfe jeder bauen, wie er will, würde sich Tutzing schnell in eine dieser austauschbaren Satellitensiedlungen im Münchner Speckgürtel verwandeln. „In Tutzing wollen wir statt dessen unsere Landschaft am See und unsere Villen schützen“, meinte er. Dazu kommt: Was man dem einen gewährt, wollen bald alle Nachbarn haben, wenn sie sich auf Paragraf 34 des Baugesetzbuches berufen.
Doch natürlich geht es Krug und seiner Verwaltung nicht nur darum, allzu kreative Bauherren in Zaum zu halten. Generell sei die außergewöhnlich hohe Zahl an Bebauungsplanverfahren eine Investition in die Zukunft, so Krug im Gespräch mit dem Starnberger Merkur.
„Die Gemeinde hat kaum noch eigene Grundstücke, da diese in den vergangenen Legislaturperioden immer wieder dazu verwendet wurden, um Einnahmen für den Haushalt zu erzielen“, berichtete der Bürgermeister von Tutzing. Je genauer die Ortsentwicklung durch Bebauungspläne bestimmt sei, desto klarer werde auch, wann die Gemeinde wo ein Grundstück erwerben sollte, das sie dringend braucht.
Nicht nur Tutzing selbst, sondern auch die Ortsteile sollen so nach und nach überplant werden. „Damit wird natürlich auch die Ortsentwicklung für die nächsten 20 Jahre festgelegt“, so Krug. Dadurch könne der Gemeinderat mit Blick auf die langfristige Entwicklung der Orte entscheiden.