- vonAndrea Gräpelschließen
Es ist der größte Entsorgungsfall, den der Landkreis bislang hatte. Mitten in Herrsching ist eine 3600 Quadratmeter große Fläche mit der giftigen Chlorverbindung PCB belastet. Die Sanierung kostet Millionen.
– Bis 1994 hatte die Süddeutsche Kondensatorenbau ihren Standort zwischen der Mühlfelder und der Dillizerstraße. 40 Jahre lang wurden dort Kondensatoren hergestellt, bis 1982 auch unter Einsatz von PCB, jener giftigen Verbindung, die beim Menschen Chlorakne und Haarausfall bis hin zu Schädigungen an der Leber und am Immunsystem auslösen kann. Sie wurde deswegen 1989 verboten.
Der komplette Boden des 3600 Quadratmeter großen Areals muss nun auf drei bis acht Metern Tiefe ausgetauscht werden. Ein Millionenprojekt, für den es keinen Schuldigen gibt. Die Gemeinde hat nun einen Investor an der Hand, der die Entsorgung übernehmen will. Abgegolten werden kann dies nur über späteres Baurecht.
Langer Weg mit aufwändigen Untersuchungen
Die Gemeinde hat erst seit April Kenntnis von dem Altlastenfall, das Landratsamt bereits seit 2012. Damals war ein Bauantrag eingereicht und der Boden auf Altlasten untersucht worden. Seitdem kämpft der Fachbereich Umweltschutz im Landratsamt um eine Lösung. Der lange Weg mit aufwändigen Untersuchungen, 60 Bohrungen zum Teil bis in 130 Meter Tiefe auf dem belasteten Grundstück und etwa 20 weiteren auf benachbarten Flächen beanspruchte viel Zeit. Am Mittwochabend stellten vier Vertreter vom Landratsamt, zwei vom Wasserwirtschaftsamt und ein unabhängiger Sachverständiger dem Gemeinderat den komplexen Sachverhalt vor.
Die Altlasten zu beseitigen kostet Millionen, die ein Entsorger investieren würde, wenn er am Ende auch einen Gewinn machen kann. Dies geht nur über die Bebauung. Die Gemeinde muss sich entscheiden, ob sie einen Bebauungsplan aufstellen will oder zulässt, dass die Umgebungsbebauung Maßgabe ist.
„Wenn man sich nur einmal um 360 Grad dreht, sieht man gegenüber ein viergeschossiges Gebäude. 50 Meter weiter das nächste und nochmal 40 Meter weiter wieder“, sagte Bürgermeister Christian Schiller. Der Bauwerber werde beantragen, was der Paragraf 34 (Umgebungsbebauung) hergibt, ist er sich sicher. In der zweistündigen vorberatenden und nichtöffentlichen Sitzung hatte er sich deshalb auch Gemeindeanwalt Dr. Max Reicherzer an die Seite geholt. Es geht um viel. Vor allem um viel Geld.
Vollsanierung soll schnellstmöglich erfolgen
Landkreis und Gemeinde ist in erster Linie daran gelegen, dass die betroffenen Nachbarn keine weiteren Nachteile haben und dass sich das PCB-Vorkommen nicht auf dem Verkehrswert ihrer Anwesen niederschlägt. Sie hatten in den vergangenen Jahren mit Einschränkungen leben müssen. So gab es Empfehlungen, das Brauchwasser im Brunnen nicht zum Trinken, Baden oder als Gießwasser zu nutzen. Auch Sandkästen nicht. Einem Nachbarn wurde angeraten, auf den Anbau von Obst und Gemüse besser zu verzichten. Vorsorglich wurden in drei Fällen auch Raumluftmessungen vorgenommen. Glücklicherweise lagen die Ergebnisse unterhalb der Nachweisgrenze. Insgesamt sind das Fabrikgrundstück und fünf weitere Grundstücke betroffen.
„Seit Ostern kennen wir das gesamte Schadensbild“, berichtete die zuständige Juristin im Landratsamt, Dr. Julia Andersen. Im Juli erfolge ein letzter Test. „Dann ist das Bild komplett.“ So schnell wie möglich soll eine Vollsanierung erfolgen. „Wir wollen an den ganzen Mist ran“, versprach der Sachverständige Andreas Ther.
Die Abbruchzeit des Gebäudes werde zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen, die Aushubzeit weitere vier bis sechs Monate. Es geht um rund 10 000 Kubikmeter Erdreich, zirka 400 Lkw-Ladungen. Der Abtransport soll über die Mühlfelder Straße erfolgen.