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Ein Tränen-Leckerli zum Abschied

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Von: Andrea Gräpel

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Überraschung am letzten Öffnungstag (v.l.): Fromuth Heene, Gabriele Bauer, Wolfgang Bäder, Dr. Jutta Meininger, Barbara Bäder, Sabine Kreppel mit Lucy, Dr. Stephanie Lishek, Claudia Trautmann mit Aiko und Gundi Römer, die zum Abschied eine Tränchentorte mitgebracht hat.
Überraschung am letzten Öffnungstag (v.l.): Fromuth Heene, Gabriele Bauer, Wolfgang Bäder, Dr. Jutta Meininger, Barbara Bäder, Sabine Kreppel mit Lucy, Dr. Stephanie Lishek, Claudia Trautmann mit Aiko und Gundi Römer, die zum Abschied eine Tränchentorte mitgebracht hat. © Andrea Jaksch

Der Name Dr. Jutta Meininger war eine Institution in Herrsching – als Tierärztin und fürs Ehrenamt. Nach 37 Jahren verlässt sie nun den Ammersee. Gestern besuchte sie ein letztes Mal ihre Patienten und wurde in der Praxis von zahlreichen Herrchen und Frauchen zum Abschied überrascht.

Herrsching – „Die ganze Zeit war die Freude so groß. Das sind meine ersten Tränen“, sagt Dr. Jutta Meiniger beim Überraschungsbesuch zahlreicher Frauchen und Herrchen, die es sich am Dienstag nicht nehmen ließen, ihre Tierärztin des Vertrauens zu verabschieden. „Ich bin mehr die im Hintergrund“, sagt die 64-Jährige fast entschuldigend. Darum wollte sie um ihre Person nicht viel Aufhebens machen, wenn sie Herrsching nun gemeinsam mit ihrem Mann Stephan Tellesz Richtung Rheinland-Pfalz verlässt. „Da komme ich her“, sagt sie. Ihre Tochter und die Enkelkinder leben dort, ebenso ihre Mutter. Jutta Meininger gesteht, dass es irgendwie auch ein großes Abenteuer sei, neu anzufangen, aber sie freue sich riesig. „Ich gehe ja nicht in die Fremde.“

Vor 45 Jahren war Jutta Meininger zum Studieren nach Bayern gekommen. 37 Jahre lang konnten sich Kleintierhalter in Herrsching darauf verlassen, dass sie im Köpkeweg 16 Hilfe bekommen, wenn mit ihren Tieren etwas nicht in Ordnung war. Denn in dem Reihenhaus war nicht nur die Tierarztpraxis untergebracht, dort hat Jutta Meininger auch gewohnt. „Sie wussten, ich bin zu Hause“, sagt sie, „der ganze Tag war auf die Praxis ausgerichtet.“

Tausende Kleintiere haben in dieser Zeit auf ihrem Untersuchungstisch gelegen, gesessen und gestanden. „Ich hatte so befürchtet, dass am letzten Tag noch irgendwas passiert. Mir ist noch kein Tier auf dem Tisch gestorben“, sagt sie stolz und räumt sogleich eine Ausnahme ein – ein Meerschweinchen, aber das sei auch schon sehr alt gewesen. „Da war nichts mehr zu machen.“ Bei dieser einen Ausnahme in ihrer Tierarztkarriere sollte es auch am letzten Tag gestern bleiben.

Viele schöne Erinnerungen bleiben in Herrsching aus diesem Alltag zurück. Wie diese, als sie einmal zum Segelclub gerufen wurde. Fünf junge Männer trauten sich nicht an einen Schwan heran, der sich scheinbar hoffnungslos in einer Angelschnur verheddert hatte und drohte, sich zu strangulieren. Jutta Meininger stülpte dem Tier ein Säckchen über den Kopf, sodass es nicht mehr zuschnappen konnte. „Und mit vereinten Kräften haben wir die Schnur entfernt. Wie befreit ist der Schwan dann übers Wasser und hat mit den Flügeln geschlagen. Ein schöner Moment.“ Und nebenbei konnte sie auch die jungen Männer von der Angst vor Schwänen befreien. „Die beißen nicht, sondern schnappen nur.“

Eine Lücke wird Jutta Meininger auch in der Herrschinger Insel hinterlassen. Sie war Mitbegründerin des ersten Repair-Cafés im Landkreis, hatte als Mutter von zwei Kindern sämtliche Eltern-Gremien von der Krabbelgruppe bis zur Schule durchlaufen. Auch im Inselmarkt packte sie immer mit an. Nun stapeln sich bei ihr im Flur die Kartons, die noch gepackt werden müssen. Das Reihenhaus ist bereits verkauft, Ende Februar kommt der Umzugswagen.

Als Gundi Römer, die mit ihren Tieren seit 25 Jahren zu Jutta Meininger kam, gestern zum Abschied eine Tränchentorte brachte, liefen auch der sonst so gefassten Tierärztin ein paar Tränen über die Wange. Ganz allein bleiben Frauchen und Herrchen von Meiningers „Patienten“ aber auch künftig nicht. Dr. Stephanie Lishek fing als Praktikantin während ihrer Studienzeit bei ihr an und hat sie seit mittlerweile 27 Jahren vertreten und unterstützt. Nun übernimmt die 50-Jährige die Behandlung anstelle Meiningers – allerdings als mobile Kleintierarztpraxis. Die bekannte Notfall-Rufnummer bleibt dieselbe: 01 72/ 833 19 58.

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