Einsamer Streiter gegen Kippenflut

Wenn im Juli die Einwegkunststoffverbotsverordnung in Kraft tritt, soll dies auch für Zigarettenfilter gelten, findet Wolfgang Darchinger. Der Herrschinger Gemeinderat hat eine Petition angestoßen. Mit hehrem Ziel.
Herrsching – Billionen Zigarettenfilter landen schätzungsweise nur zu einem Drittel jährlich im Müll. Kiloweise lassen sie sich auch zwischen den Kieselsteinen und auf den Grünflächen am Ammerseeufer finden und immer dort, wo Raucher achtlos ihre Kippen fallen lassen – also, wo man auch hinsieht. Der Herrschinger Gemeinderat Wolfgang Darchinger (Grüne) ärgert sich jedes Mal darüber. „Überall liegen Zigarettenkippen – auf den Wegen, an den Haltestellen, an den Baustellen, im See.“ Sein Groll richte sich in erster Linie an die Industrie, sagte er am Montag in der Gemeinderatssitzung, als er eine Petition unter Applaus seiner Ratskollegen vorstellte.
Weil die Filter aus der Kunstfaser Celluloseacetat bestehen, sind sie nicht biologisch abbaubar, erklärte der Schreinermeister. Wenn sie in die Umwelt gelangen, tragen sie nicht nur zur Plastikverschmutzung bei, Nikotin und Schwermetalle gelangen auch in die Ökosysteme. Studien ergaben, dass ein einziger Zigarettenfilter in einem Liter Wasser die Hälfte der darin enthaltenen Fische tötet. Darchinger wäre schon froh, wenn die Filter aus Kunststoff verboten würden. Schließlich gebe es Alternativen, sagt er.
Als der Herrschinger sich im vergangenen Jahr zusammen mit seinem FDP-Ratskollegen Alexander Keim Müllsack und Zange schnappte, um den Dreck vom Boden zu klauben, den die vielen Freizeitsuchenden am Ammerseeufer zurückgelassen hatten, waren sie ihm wieder aufgefallen: die unzähligen unverrottbaren Zigarettenkippen. Ohne Kunststoff seien die Giftstoffe zwar noch immer vorhanden, aber die Situation mit dem Mikroplastik würde sich deutlich verbessern, heißt es in der Petition an das Umweltbundesministerium. „Die Industrie müsste nur wollen“, sagt Darchinger, der sich auch als Vater von zwei Kindern im Alter von 14 und zehn Jahren Sorgen macht. Einem einfachen Gemeinderat habe natürlich kein Unternehmen auf seine Schreiben geantwortet. So wurde die Idee geboren, mit Unterstützung von Keim eine Online-Petition zu starten.
„Ich bin nicht gegen Raucher“, betont Darchinger. Auch wenn er das achtlose Wegschnippen der Kippen nicht gutheißen will. Ihm genüge ein Umdenken der Industrie, „damit wäre schon viel gewonnen“. Zigarettenkippen seien Plastikmüll und gehörten deshalb in die neue Verordnung aufgenommen, fordert er. „Wir kennen Hersteller, die es geschafft haben, ein umweltfreundliches Produkt auf den Markt zu bringen“, sagt Darchinger. Mit einem Hinweis auf Verwendung von umweltfreundlichen Produktionsmitteln müsste die gesamte Industrie reagieren. Und das ist Darchingers hehres Ziel. Um Gehör zu finden, braucht der Herrschinger allerdings nicht weniger als 50 000 Unterschriften. In den sozialen Medien startete er bereits einen Aufruf – und nun auch im Gemeinderat: „Ich wollte nicht nichts machen.“
Unter openpetition.de kann sich jeder eintragen, der Darchingers Vorstoß „Wir fordern ein Verbot von Zigarettenfiltern aus Kunststoff“ unterstützen und unterzeichnen will.