Klärwasser frei von Mikroplastik

Die Ammersee Wasser- und Abwasserbetriebe (AWA) haben die patentierte Reinigungsanlage für Mikroplastik und anhaftende Medikamentenreste von Dr. Sebastian Porkert und seinem Startup Ecofario zur Testphase für sich gewinnen können (wir berichteten).
Herrsching/Eching – Das Pilotprojekt wird in der Kläranlage in Eching durchgeführt, wo die AWA gemeinsam mit den Ammerseewerken Abwasser reinigt. Bis voraussichtlich Mitte Dezember entnimmt die mobile Pilotanlage auf dem Gelände des Kommunalunternehmens Abwasserproben.
Das Projekt mit dem 35-jährigen Doktoringenieur aus Breitbrunn hat AWA-Vorstand Maximilian Bleimaier initiiert – auf dem kurzen Dienstweg, denn er und Porkert sind beide in Buch aufgewachsen. „Ich habe auf Instagram verfolgt, wie sich die Erfindung von Sebastian entwickelt hat“, erzählt Bleimaier. Und irgendwann habe er den Erfinder kontaktiert und sinngemäß gesagt: „Wenn schon ein Testlauf, dann bitte in unserer Kläranlage.“
Seit ein paar Tagen steht die futuristisch anmutende Konstruktion in der Stegener Straße 99 in Eching. Mit einem Schlauch saugt die provisorische vierte Reinigungsstufe das gereinigte Abwasser von rund 90 000 Einwohnern aus einem runden Becken und pumpt es durch einen sogenannten Hydrozyklon. „Der Hydrozyklon ist ein Fliehkraftabscheider für Flüssiggemische, den ich aus der Papierindustrie kenne und der größere Partikel wie Glas oder Sand herausfiltert“, erklärt Porkert. Gemeinsam mit Stefan Tomme und zwei weiteren Mitarbeitern veränderte er die Technik soweit, dass auch Mikroteilchen erfasst werden können. Im Reinigungsprozess wird das Wasser spiralförmig durch das röhrenartige Bauteil geströmt, und die dabei entstehenden Fliehkräfte drängen die Plastikteilchen nach innen. Und zwar so oft, bis die Plastikteilchen und die daran haftenden Medikamentenreste zu mehr als 95 Prozent ausgesondert sind. Je nach Schmutzwassermenge reihen die Konstrukteure mehrere Hydrozyklone aneinander.
In Eching, wo das Abwasser aus dem Dreieck Schöffelding, Wielenbach und Wörthsee gereinigt wird, müssten etwa 65 Fliehkraftabscheider montiert werden, rechnet Porkert vor. Allerdings sei es unwahrscheinlich, dass Eching der erste Kunde wird, weil vornehmlich Privathaushalte und kaum Fabriken oder Chemieunternehmen und Krankenhäuser angeschlossen sind. „Wie viel Plastikpartikel tatsächlich im Abwasser sind, wissen wir noch nicht“, sagt Bleimaier. Die Menge kristallisiere sich im Testlauf sozusagen als Beiwerk heraus, ergänzt Tomme.
Die Testkosten trägt das Startup, so Porkert. Dabei fielen für das Material rund 160 000 Euro an. Rund 250 Kubikmeter Wasser werden derzeit täglich in die Pilotanlage und anschließend zurück in den Reinigungskreislauf gepumpt. Ein verschwindend geringer Anteil der insgesamt bis zu 10 000 Kubikmeter, die täglich durch die Kläranlage fließen. Läuft alles nach Plan, ist der Mikroplastikreiniger im Frühjahr 2021 verkaufsbereit.
Der Preis läge im unteren sechsstelligen Bereich, was gemäß Porkert für den Käufer „mit etwa sechs bis zehn Cent Reinigungskosten pro Kubikmeter“ zusätzlich ins Gewicht fallen würde. „Irgendwann wird die vierte Reinigungsstufe und somit die Mikroplastikreinigung für alle Kläranlagen Pflicht“, prognostiziert Porkert in Hinblick auf den European Green Deal der EU-Kommission, der unter anderem höhere Standards für Kläranlagen vorsieht.
„Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse“, sagen Bleimaier und Manfred Schmid, der Vorstand der Ammerseewerke. Und beide sind sich einig: „Wir sind stolz darauf, dass wir die Ersten sind, die die Anlage testen.“ Michèle Kirner