Traumschule mit Albtraum-Kosten

Gegen drei Stimmen von Bürgermeistern hat der Kreistag gestern den neuen Kostenrahmen für das geplante Gymnasium Herrsching gebilligt – 87,04 Millionen Euro. Einige Kreisräte gehen eher von 100 Millionen aus. Manch anderes klappt hingegen nicht so, wie Gymnasiumsbefürworter es gerne hätten.
Herrsching/Starnberg – „Eine traumhafte Schule zu albtraumhaften Kosten.“ Dieser Satz von Kreisrat Albert Luppart (Freie Wähler) beschreibt das Gymnasium Herrsching durchaus treffend, nachdem die Kosten auf inzwischen 87,04 Millionen Euro gestiegen sind – und möglicherweise bis zur Eröffnung noch etwas steigen werden. Der Kreistag jedoch steht zu früheren Entscheidungen und seinem Wort, er billigte gestern gegen die Stimmen der Bürgermeister Dr. Brigitte Kössinger (Gauting, CSU), Bernhard Sontheim (Feldafing, Freie Wähler) und Rainer Schnitzler (Pöcking, Freie Wähler) sowohl die aktuelle Kostenberechnung als auch die nächsten Schritte. Diese Hürde hat die Schule also genommen, andere noch nicht.
Die aktualisierten Pläne (wir berichteten) waren im Kreistag unumstritten, der weitere Fortgang ebenso wenig. So soll nun noch konkreter geplant werden, damit im zweiten Halbjahr 2021 die Baugenehmigung möglich ist und eine Eröffnung im Herbst 2023. Vor allem wegen des Biotops waren die Gebäude leicht verschoben, Zufahrten geändert und Pausenbereiche verlagert worden. Details, am Grundprinzip des Lernhauses änderte sich nicht.
Die Kosten hingegen liegen vielen Kreisräten sichtlich schwer auf dem Gemüt. Harald Schwab (CSU) beantragte für das „Herzensprojekt“ seiner Partei, dass zehn Prozent eingespart werden sollen. Die CSU stehe aber hinter dem Schlüsselprojekt, „wir können nicht mehr zurück“, sagte er. Dass die Schule teuer werde, sei jedem bewusst gewesen. Ähnliche die Beurteilung der SPD: Die Schule habe ein „zukunftsweisendes pädagogisches Konzept“, warb Tim Weidner für das Gymnasium – und derzeit gebe es Kredite fast zum Nulltarif. Zudem sei der Landkreis immer noch schuldenfrei. Den letztlich sehr knapp angenommenen CSU-Antrag lehnte Martina Neubauer (Grüne) als „absurd“ ab, weil er andeute, es sei nicht ordentlich geplant worden. Das Gymnasium sei eines der wichtigsten Bildungsprojekte im Kreis neben Fachoberschule und Gymnasium Tutzing, nicht das wichtigste, wie es Schwab einstuft. Anne Franke (Grüne) forderte, auf den Ausbau der Bahnunterführung in Königswiesen zu verzichten, um Geld fürs Gymnasium zu haben. Darauf ging aber niemand ein. Die Kosten seien zwar „suboptimal“, sagte FDP-Fraktionschef Willi Boneberger, aber eine zehnprozentige Einsparung dürfe nicht zu Lasten der Qualität gehen. Die FDP war schon immer für die Schule am „exklusiven Standort“.
Die Gegner, die drei Bürgermeister und eventuell einige Kreisräte, die aber nicht gegen die Vorlage stimmten oder nicht da waren, lehnen das Projekt wegen der Kosten ab, die die Gemeinden über die Kreisumlage zu zahlen haben. Es geht wegen der vergleichsweise geringen Förderung, weil der Landkreis moderner baut als der Freistaat für nötig erachtet, laut Kämmerer Stefan Pilgram um bis zu 70 Millionen Euro, die der Kreis aufbringen muss. Machbar sei das, fand Landrat Stefan Frey, man habe das natürlich durchgerechnet. Ein Votum für das Projekt sei „eine mutige Entscheidung, die wir finanziell verkraften“. Bildungsprojekte dürfe man nicht auf halber Strecke einkassieren, betonte er – und will auch bei FOS und Gymnasium Tutzing (beides Projekte mit Kosten von deutlich über 20 Millionen Euro) nicht nachlassen.
Der Kreistag bevollmächtigte Frey, alle nötigen Verträge für die nächsten Schritte zu schließen. Details des Baus wird der Bauausschuss des Kreistages behandeln, und da kommt noch einiges. In einem halben Jahr vermutlich die Frage, ob man das Gymnasium nicht sofort vierzügig baut (vier Klassen je Jahrgangsstufe). Dann liegt die neue Schulbedarfsplanung vor, von der erwartet wird, dass erneut mit steigenden Schülerzahlen zu rechnen ist.
Der Wunsch des Landkreises, möglichst bald einen Schulleiter zu bestimmen, der an Planung und Bau mitwirkt, hat das Kultusministerium abgelehnt. Ein Jahr vor Inbetriebnahme soll der Direktor bestimmt werden, berichtete Pilgram aus einem Gespräch vor wenigen Tagen. Ob, wann und wo es sogenannte Übergangsklassen an anderen Schulen geben soll, die 2023 (oder später) nach Herrsching umziehen, soll im November unter Schulleitern besprochen werden.