Wenn der Bach zum reißendem Strom wird

Herrsching - Benjamin Neudert vom gleichnamigen Herrschinger Ingenieurbüro soll ein Entwässerungskonzept für den Fendlbach erstellen, das auch das neue Herrschinger Baugebiet Lochschwab Nord-Ost vor Hochwasser schützt.
Da hat sich Benjamin Neudert vom gleichnamigen Herrschinger Ingenieurbüro keine leichte Aufgabe vorgenommen. Nach dem großen Niederschlagsereignis im Juli 2016 wurde er mit einem Entwässerungskonzept für den Fendlbach beauftragt, das auch das neue Baugebiet Lochschwab Nord-Ost berücksichtigt. Demnach wird der Abfluss nach einer Bebauung um rund das Doppelte anwachsen. Der Auslass der Ableitung in den Ammersee lässt diese Menge nicht zu. Bei einem Hochwasserereignis wie im Juli vergangenen Jahres sind vollgelaufene Keller und eine unter Wasser stehende Hechendorfer Straße programmiert. Noch bevor mit der Bebauung in Lochschwab begonnen wird, ist deshalb eine Lösung gesucht. Möglichst noch für dieses Jahr.
Bauamtsleiter Guido Finster drückte am Montag im Bauausschuss aufs Gaspedal: „Wir brauchen möglichst schnell Detailplanungen.“ Ingenieur Neudert leuchtete das ein, als er dem Bauausschuss am Montag vier Möglichkeiten anbot. „Es ist eine gewisse schwierige Sache“, sagte er, „die Situation kann als kritisch bezeichnet werden.“ Neudert hat das gesamte Einzugsgebiet des Fendlbachs dafür unter die Lupe genommen. Die Abflussmenge, die aus einem 100-jährigen Regenereignis resultiert beträgt zurzeit noch 2170 Liter pro Sekunde. Schon heute ist der Ablauf in den Ammersee nur für 1260 Liter ausgelegt. Neudert wunderte sich deshalb nicht, dass die Hechendorfer Straße unter Wasser stand. Sobald das Neubaugebiet bebaut wird, erhöht sich die Menge. Da der Bebauungsplan bereits vor einigen Wochen verabschiedet wurde, ist Finsters Eile insofern nachvollziehbar.
Neudert hält zwei seiner vier Varianten für umsetzbar. Beide hängen von Eigentumsverhältnissen ab. Eine direkte Einleitung unter der Rieder und Gachenaustraße hindurch in den Ammersee sei wahrscheinlich deshalb schwierig, auch hinsichtlich einer Genehmigung, da es schon den Ablauf beim Akademischen Seglerverein gebe. Neuderts Vorzugsvariante ist eine indirekte Ableitung in den bestehenden Kanal, der natürlich ausgebaut werden müsste. Das Regenwasser der Verkehrsflächen im neuen Baugebiet rät er, über einen extra Regenwasserkanal abzuleiten.
In seinem Vortrag erinnerte Neudert auch an die Wiesen, die nach dem Fendlbach benannt sind. Sie liegen südlich der Hechendorfer Straße und dienten vor der Bebauung dort offensichtlich als Retentionsfläche. Erst danach habe die aktuelle Leitung im rechten Winkel in den See geführt. „Und rechte Winkel“, so Neudert, „sind immer problematisch.“ Eine zusätzliche Ableitung der bestehenden Leitung über zwei oder drei Grundstücke könnte eine Lösung sein. Aber Bürgermeister Christian Schiller wusste schon gestern auf Nachfrage, dass wenigstens eine Anliegerin, obwohl im Juli vom Hochwasser selbst betroffen, kein Interesse habe. „Dabei würden wir alle Kosten tragen“, bedauert er. Wie hoch diese und ein Ausbau des Kanals grundsätzlich werden, ist noch nicht bekannt. Im laufenden Haushalt war die Maßnahme nicht vorgesehen, muss aber heuer umgesetzt werden, um dem Vorankommen des Neubaugebietes nicht im Wege zu stehen. Er rechnet mit einer sechsstelligen Summe, an der sich der Bauträger übrigens beteiligt.
Andrea Gräpel