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Bootsgutachter und Psychologe in einem: Gregor Franke hat sein Hobby zum Beruf gemacht

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Von: Laura Forster

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Gregor Franke ist beruflich in ganz Europa unterwegs.
Gregor Franke ist beruflich in ganz Europa unterwegs. © privat

Gregor Franke ist mit großer Wahrscheinlichkeit der einzige Landkreisbürger mit 59 000 Fotos von kaputten Booten auf seinem Handy. Der Inninger ist jedoch nicht besessen von Schiffswracks, als Bootsgutachter gehört die Dokumentation von Schadenfällen zu seinem Beruf.

Inning – Der Diplom-Ingenieur Gregor Franke hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Mehrmals pro Woche ist er am oder auf dem Wasser und begutachtet Boote. Diesen Monat war er bereits in Lanzarote, Neapel, Danzig, Griechenland und Österreich. „Ich liebe meinen Job, es macht einfach unglaublich viel Spaß“, sagt Franke, der mit rund acht Jahren mit dem Segeln im Bayerischen Yachtclub in Starnberg begonnen hat.

„Am Anfang fand ich es gar nicht toll. Es war einfach schrecklich im Opti.“ Mit der Zeit fand Franke jedoch immer mehr Gefallen am Segelsport und nahm während seiner Jugend an mehreren Wettkämpfen teil. Zum Schiffbaustudium zog es den gebürtigen Starnberger an die Ostseeküste nach Kiel. „Die Stadt kannte ich schon von der Kieler Woche.“ Dort begann Franke auch, mit großen Booten zu segeln. Er nahm an Regatten auf der ganzen Welt teil, von Australien und Neuseeland über Dubai bis Spanien.

Inninger Gregor Franke machte sich mit Mitte 20 selbstständig

Mit Mitte 20 machte sich der heute 38-Jährige als Bootsgutachter selbstständig, einige Jahre später zog es ihn zurück in seine Heimat in den Landkreis Starnberg. „Am Anfang war es nicht immer einfach“, erinnert sich Franke. „Als ich mit 24 Jahren als Gutachter begonnen habe, haben mich die Leute oft blöd angeschaut und mir den Job nicht zugetraut.“ Als Bootsgutachter wird Franke bei einem Schadenfall nach Stürmen, Unfällen oder Bränden von einer Versicherung beauftragt, sich ein Schiff genauer anzuschauen. Der Inninger ist aber auch als Kaufberater und Wertgutachter für Privatpersonen tätig. „Es gibt nur sehr wenige Bootsgutachter in ganz Deutschland.“ Franke schätzt 50 bis 100, mehr nicht. „Die Wenigsten machen das jedoch hauptberuflich.“ Dementsprechend groß ist die Nachfrage bei dem 38-Jährigen.

Ein Trümmerfeld: Nach einem Sturm am Attersee hatte Gregor Franke nicht nur ein Schiff zu bergen, sondern gleich ein ganzes Dutzend.
Ein Trümmerfeld: Nach einem Sturm am Attersee hatte Gregor Franke nicht nur ein Schiff zu bergen, sondern gleich ein ganzes Dutzend. © privat

Rund 1000 Aufträge hat er in den vergangenen 13 Jahren ausgeführt, darunter war auch die Sir Shackleton, ein mindestens 70 Jahre alter Zweimaster aus Holz, der am 16. August 2020 vor St. Alban am Ammersee sank (wir berichteten). „Ich saß gerade in Inning an meinem Schreibtisch, als ich einen Anruf bekam.“ Innerhalb kürzester Zeit war Franke damals vor Ort.

Zu seinen Aufgaben zählt nicht nur, die Ursache für den Schaden zu finden, sondern auch die Bergung zu organisieren. „Das musste damals wegen der möglichen Umweltschäden sehr schnell gehen.“ Zuerst wurde eine Ölsperre um das elf Meter lange Boot errichtet. „Ich habe dann erfahrene Taucher aus Nußdorf am Attersee um Hilfe gebeten, die zusammen mit der Wasserwacht Dießen gearbeitet haben.“ Nach der Bergung kam das Schiff in eine Werft in Utting am Westufer. Schon bevor das Boot aus dem Wasser gezogen wurde, konnte Franke die Schadensursache feststellen: ein technischer Defekt am Seeventil.

Mehr als nur ein Bootsbegutachter: Franke muss auch oft als Psychologe herhalten

Zu Frankes Arbeit gehört auch die psychologische Betreuung der Kunden. „Für die meisten ist so ein Boot ein Hobby, ein Spielzeug. Sie investieren viel Zeit und Geld.“ Dass die Eigner nervlich am Ende und hilflos sind, wenn sie ihr Schiff kaputt oder halb im Wasser verschwunden sehen, sei nicht ungewöhnlich. „Ich versuche dann, die nötige Ruhe und Klarheit reinzubringen“, sagt Franke. „Wichtig ist nur, dass es den Menschen gut geht und keine Dummheiten begangen werden. Es kommt schon mal vor, dass jemand versucht, das Boot noch zu retten. Das kann sehr gefährlich werden.“

Obwohl Franke seit mehreren Jahren täglich mit Schiffen, ob nun Segel- oder Motorboote, zu tun und sein Hobby zum Beruf gemacht hat, bleibt ihm privat dafür fast keine Zeit. „Ich hatte im vergangenen Jahr einen Segeltag mit meinem Vater auf dem Starnberger See.“ Sein Traum ist es, irgendwann die Plastikjolle, die er vor ein paar Jahren gekauft hat, selbst herzurichten. Derzeit steht das kleine Boot jedoch in einer Halle, denn die meiste freie Zeit verbringt Franke aktuell mit seiner kleinen Tochter und seiner Frau. lf

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