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Erster Auftritt der Philharmonie Starnberger See: Nur die Zugabe hat gefehlt

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Mehr als 340 Besucher im Saal, rund 60 Musiker auf der Bühne und Anton Bernhard als Dirigent: Die Philharmonie Starnberger See gab am Samstagabend im Beccult in Pöcking ihr allererstes Konzert überhaupt.
Mehr als 340 Besucher im Saal, rund 60 Musiker auf der Bühne und Anton Bernhard als Dirigent: Die Philharmonie Starnberger See gab am Samstagabend im Beccult in Pöcking ihr allererstes Konzert überhaupt. © andrea Jaksch

Die Philharmonie Starnberger See feiert Premiere im voll besetzten Beccult in Pöcking. Der erste Auftritt des Ensembles macht Lust auf mehr.

Starnberg/Pöcking – Nach langen Jahren des Abstandhaltens gab es am Samstagabend ungewohnt volle Reihen im Beccult in Pöcking. Tatsächlich hatten die 340 Plätze noch nicht einmal ganz ausgereicht, um alle Klassik-Fans aufzunehmen. Den Ansturm verursachte das Feuertaufen-Konzert der neu gegründeten Philharmonie Starnberger See, die sich als nahezu professionelles Projektorchester versteht – diesmal ergänzt um einen Meistergeiger als Solist und einige weitere Gastmusiker.

Die knapp 60 Musiker, für die eigens ein drei Meter breiter Bühnenstreifen hinzu gebaut worden war, gingen sofort in medias res. Kalendarisch passend war der Auftakt mit der „Frühlingssinfonie“ von Robert Schumann. Im ersten Satz zeigte sich gleich die beeindruckende Agilität des Klangkörpers im Dynamikspektrum: Die wie im Aprilwetter changierenden Themen Schumanns packten die Musiker mit Zack im Ausdruckswechsel.

Die Besetzung umfasst Instrumentalisten aller Generationen, die noch nicht oder nicht mehr in einem Profiklangkörper spielen oder dies aus Zeitgründen nicht tun – schließlich hat die Philharmonie Starnberger See keinen Tourneeplan in Sicht und probt lokal, nämlich im Gymnasium in Starnberg. Auch der Gründer und Leiter stammt von dort: der engagiert dirigierende Anton Bernhard.

Freilich gab es zwei Stellen bei Schumann, wo es doch klanglich leise Untiefen gab – eine wellende Figur in den Celli geriet etwas flau und ein Flirren der Geigen minimal unsauber. Allerdings waren dies zwei Minuten aus 90, was die grandiose Leistung des Projektorchesters eher unterstreicht als schmälert. Denn der spielerische Fluss saß hervorragend, und die Bläser streuten mal, von der Flöte angefangen, herrlich luftige Anfänge von Tänzchen ein, bis dramatische Forti sich wieder Raum schufen wie ein Frühlingsgewitter. Mit einer kichernden Flötenstimme und mehreren Schein-Finali kam auch der Spaß in der Komposition nicht zu kurz. Bereits hier etablierte sich der XXL-Beifall, der dem Orchester gewiss war.

Junger Geigenmeister sorgt für Höhepunkt

Als Scharnier des Abends gab es „Zigeunerweisen“ von Pablo Sarasate, zunächst deren zwei. Begleitet vom sensibel mitgehenden Orchester sorgte der Jung-Geiger Marius Drobisz für Staunen und Bewunderung: Ob synchrones Bogen- und Pizzicati-Spiel, ob glasklare trillernde Motive aus einem Pianissimo heraus, ob dramatischer Anstrich auf zwei Saiten – alles gelang auf den Punkt, und die wilde Rodeo-Anmutung der zweiten „Weise“ war grandios. Der Pöckinger – Jahrgang 2002 und bereits stellvertretender Konzertmeister im Jugendorchester „Attacca“ – begeisterte ungezügelt bis hin zu Jubelpfiffen im Beifall und ließ sich eine dritte Weise als Zugabe entlocken.

Belauscht von zahlreichen Ehrengästen, darunter Landrat Stefan Frey, Starnbergs Dritte Bürgermeisterin Christiane Falk und Pöckings Bürgermeister Rainer Schnitzler sowie altem und neuem Leiter des Gymnasiums, Josef Parsch und Thomas Volz, ging es mit dem „Bacchanal“ (Trinkgelage) von Saint-Saëns in die Schlussgerade. Begeisternd waren die Anklänge an den Orient, die mit Holzperkussion einer Karawane, Oboen-Beschwörung einer tanzenden Schlange und flirrender Hitze im hohen Blech zum Greifen nah herausgespielt wurden.

Dann brachten die absichtsvollen Taktwackler der Bläser scheinbar den Raum zum Schwanken, und ein Fortissimo im Finale ließ mit Generalpauke und wahrlich explodierenden Streichern den Boden des Beccult nun auch in Realität erzittern. Jetzt hätte es tatsächlich großen Appetit der Hörer nach einer Zugabe gegeben, aber umso mehr brachte das Ende den Hunger nach einem Folgekonzert.

Andreas Bretting

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