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Cannabis-Legalisierung spaltet Landkreis Starnberg: Debatte über Vor- und Nachteile

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Von: Laura Forster

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Jede Lieferung von medizinischem Cannabis kontrollieren die Mitarbeiterinnen der See-Apotheke Dorothea Hanel (l.) und Lea Baschab.
Jede Lieferung von medizinischem Cannabis kontrollieren die Mitarbeiterinnen der See-Apotheke Dorothea Hanel (l.) und Lea Baschab. © Dagmar Rutt

Die Ampel-Parteien wollen den Verkauf von Cannabis an Erwachsene unter gewissen Voraussetzungen legalisieren. Was sind die Vor- und Nachteile einer Entkriminalisierung? Der Landkreis sieht einer Legalisierung der Droge gespalten entgegen.

Landkreis – Seit rund eineinhalb Jahren darf das Herrschinger Unternehmen „Bavaria Weed“ als einziges in Bayern medizinisches Cannabis in großen Mengen importieren und verarbeiten. Die Nachfrage ist groß, seit Ärzte das Rauschmittel an schwerkranke Patienten verschreiben können. Dass Gründer Stefan Langer der Legalisierung der Droge positiv gegenübersteht, überrascht deshalb nicht. „Eine kontrollierte Abgabe befürworten wir – aus bestimmten Gründen.“

Vor allem der Schwarzmarkt ist Langer ein Dorn im Auge. „Dort wird Cannabis, das mit künstlichen Cannabinoiden besprüht wurde, angeboten. Diese chemischen Zusammensetzungen können Psychosen auslösen.“ Bei einer kontrollierten Abgabe müsste das Cannabis vorher geprüft werden, damit klargestellt ist, dass keine anderen Substanzen untergemischt wurden. „Wichtig ist außerdem, dass es eine Alters- und Mengenbeschränkung gibt“, sagt Langer. Laut dem „Bavarian Weed“-Gründer sollten Interessierte ab 18 Jahren die Droge kaufen können. „Sonst müsste man beim Tabak und Alkohol nachjustieren.“ Als Abgabestelle sieht er die Apotheken für am besten geeignet. „Dort wird auch das medizinische Cannabis verkauft, es gibt schon eine Infrastruktur und die Mitarbeiter führen regelmäßige Kontrollen durch.“

Apothekensprecherin: Bitte kein weiterer „Schnellschuss“

Helen Brugger, Kreissprecherin des Bayerischen Apothekerverbands, sieht sich für die mögliche neue Aufgabe gewappnet. Seit Jahren bietet die Inhaberin der St.-Nikolaus-Apotheke und der See-Apotheke in Herrsching medizinisches Cannabis an. „Einigen Kunden geht es seitdem auch deutlich besser.“ Bevor sie das Rauschgift jedoch rezeptlos in ihren Filialen verkauft – sobald es möglich ist –, müsste die Politik noch einige Fragen klären. Woher kommt das Cannabis? Wie wird es kontrolliert? Soll es ein Aufklärungsgespräch geben? Muss jede Apotheke mitmachen? „Es soll keinen Schnellschuss geben, wie bei der Test- und Impfsache“, sagt Brugger. „Man braucht genügend Planungszeit.“

Andreas Ruch, Leiter der Polizeiinspektion Gauting, hat die Befürchtung, dass sich vor zertifizierten Verkaufsstellen Treffpunkte für Drogenabhängige und Drogendealer bilden könnten. „Das wirkt sich nicht sonderlich schön auf das Ortsbild aus“, sagt er. Er und seine Kollegen lehnen die Legalisierung grundsätzlich ab. Das Rauschgift sei nicht nur gesundheitsschädlich, Ruch befürchtet auch eine Zunahme der Verkehrsunfälle. „Die Drogenunfälle in Bayern sind in den letzten zehn Jahren um 70 Prozent gestiegen. Cannabis hat einfach eine enthemmende Wirkung.“ Auch die Rauschgiftdelikte in der Gemeinde Gauting haben sich im Jahr 2020 mehr als verdoppelt.

Verein Brücke Starnberg: Legalisierung bringt Probleme und Gefahren

„In den Niederlanden sieht man, dass eine Legalisierung negative Auswirkungen hat und zum Beispiel der Schwarzmarkt, wie viele hoffen, nicht verschwindet.“ Auch Gerd Weger, erster Vorsitzender des Vereins Brücke Starnberg, befürchtet, dass Cannabis auch nach der Legalisierung noch illegal zu kaufen sein wird. „Das Angebot in den Apotheken soll rein sein, geprüft und versteuert werden. Das wird bestimmt nicht ganz günstig“, sagt Weger. „Auf dem Schwarzmarkt wird die Droge sicher zu einem anderen Preis zu bekommen sein.“ Die Mitglieder sind sich einig: Eine Legalisierung würde zu viele Probleme und Gefahren mit sich bringen.

Auch das Amtsgericht Starnberg befasst sich regelmäßig mit Straftaten in Bezug auf Cannabis. „Meistens stehen Jugendliche und junge Erwachsene vor Gericht“, sagt Richter und Pressesprecher Franz von Hunoltstein. Ob eine Legalisierung das Gericht entlasten würde, kann er noch nicht sagen. Dafür ist noch zu wenig bekannt. Bis eine Legalisierung kommt, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit noch einige Zeit dauern. In Deutschland dauert es im Schnitt etwa 175 Tage, bis ein Gesetzgebungsprozess durchlaufen ist.

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