Hunderte Wohnungen fehlen im Landkreis Starnberg - aber es gibt zumindest eine Hoffnung

Im Landkreis wurden und werden zu wenige Wohnungen gebaut, um den Zuzug auszugleichen – von einem steigenden Angebot und sinkenden Mieten oder einem dem Bedarf angepassten Wohnungsmarkt ganz zu schweigen. Es fehlen hunderte Wohnungen.
Landkreis – Erst vor wenigen Wochen hat das Institut der deutschen Wirtschaft festgestellt, dass in Deutschland mehr gebaut werden muss. In einer bundesweiten Studie wurde der Wohnungsbau 2016 bis 2018 mit dem Bedarf 2016 bis 2020 verglichen. Ergebnis für den Landkreis Starnberg: Es wurden und werden nur 72 Prozent der erforderlichen Wohnungen errichtet. Betrachtet man die Zeit seit 2011, sieht es für den Landkreis insgesamt nicht ganz so düster aus. Für einige Gemeinden schon.
Das Landesamt für Statistik veröffentlich regelmäßig Zahlen zum Wohnungsbestand, zu den Baufertigstellungen und den Einwohnerzahlen. Seit Kurzem liegen Daten für das ganze Jahr 2018 vor, aus denen sich errechnen lässt, wie viele Wohnungen im Landkreis Starnberg und seinen Gemeinden im Verhältnis zum Bevölkerungswachstum nötig waren. Basis unserer Berechnung ist dabei die durchschnittliche Haushaltsgröße von etwa 2,1 Personen je Haushalt. Wegen des Durchschnittswertes sind die Angaben immer nur Näherungswerte, keine exakte Datenbasis. Zudem bleiben wegen der Daten Aspekte wie Wohnungsgröße und Bedarf an großen oder kleinen Wohnungen unberücksichtigt. Solche Daten sind zeitnah auch kaum zu bekommen. Konkrete Zahlen zum tatsächlichen Wohnungsleerstand in dieser Zeit liegen ebenfalls nicht vor. Nach älteren Zahlen waren es etwa 3,1 Prozent. Das Ergebnis ist auch so eindeutig.
Seit 2011 wurden 615 weniger gebaut als erforderlich
Seit 2011 wurden im Landkreis etwa 615 Wohnungen weniger gebaut als erforderlich, um die Neubürger unterzubringen. Der Landkreis wuchs in dieser Zeit von 128 111 auf 136 092 Einwohner. Das sind 7981 Einwohner mehr oder 6,23 Prozent. Oder: einmal die Gemeinde Krailling. Daraus ergibt sich ein Wohnungsbedarf auf Landkreis-Ebene von rund 3800 Wohnungen. Gebaut wurden nur 3185, also rechnerisch 615 zu wenig – das entspricht dem Wohnungsbau eines Jahres. Zwar steigt die Zahl der Neubauten seitdem jährlich an. Um das Jahr 2010 aber wurden im Kreis so wenige Wohnungen gebaut wie in den vier Jahrzehnten davor nicht.
Auf die Gemeinden bezogen, ergibt es sich ein sehr unterschiedliches Bild. Nur in Berg, Feldafing, Herrsching und Wörthsee wurden mehr Wohnungen gebaut, als Neubürger benötigten. Bei den Größen der Kommunen reicht aber schon ein großes Projekt, um die Zahlen ins Lot zu bringen. In Inning, Andechs und Gilching wurde nach den Zahlen nur etwas mehr als die Hälfte des rechnerischen Bedarfs errichtet. Dort sind jedoch Wohnungsbauprojekte in teils erheblichem Maße in Planung, etwa die so genannte Glatze in Gilching. Zudem ist Andechs die am stärksten wachsende Gemeinde im Zeitraum 2011 bis 2018 gewesen (+ 13,74 Prozent), Inning wuchs um 11,16 und Gilching um 10,13 Prozent. Die Folge: Fehlen Wohnungen, steigen die Preise. In Gilching beispielsweise lassen Mietpreisangaben für Wohnungen eine Steigerung zwischen 2011 und 2018 um etwa 30 Prozent vermuten.
Die Hoffnung: Der Zuzug verlangsamt sich
Es gibt jedoch einen Hoffnungsschimmer. Nach den Bevölkerungsvorausberechnungen bis zum Jahr 2037 wird sich der Zuzug verlangsamen. In den nächsten 18 Jahren soll der Landkreis um weitere 7500 Einwohner wachsen auf dann 143 600 – also deutlich weniger stark als zwischen 2010 und 2018. Bleibt der Wohnungsbau auf dem aktuellen Niveau, könnte der Kreis aufholen.
Ein Grundproblem beim bisherigen Wohnungsbau im Landkreis ist, was gebaut wird. Nach einer Studie im Auftrag der Wirtschaftsfördergesellschaft gwt entfielen in den Jahren 2005 bis 2014 rund 80 Prozent der Neubauten auf Ein- und Zweifamillienhäuser sowie Eigentumswohnungen. Nur jede fünfte neue Wohnung war eine Mietwohnung. Jeder zweite Landkreisbürger wohnt in den eigenen vier Wänden. Für Wirtschaftsförderer Christoph Winkelkötter muss sich der Bautrend ändern.
Man benötige bezahlbare Mietwohnungen mittlerer Größe (zwei bis drei Zimmer), beispielsweise für junge Paare. Tendenziell werden zumeist Einfamilienhausgebiete ausgewiesen, man benötige aber mehr Geschosswohnungsbau. Eine Urbanisierung des Fünfseenland bedeute das nicht: Hochhäuser mit acht Stockwerken brauche es nicht, aber vier können es für Winkelkötter schon sein. Ein Musterbeispiel dafür sei das frühere Haus Oberland in Stockdorf. Firmeninhaber Tobias Schmid hat dort für Mitarbeiter die passenden Wohnungen selbst gebaut.
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