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Kleine Starnberger Feuerwehr löst sich auf: Droht das auch anderen?

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Auf dem Weg zum Einsatz: Die Starnberger Feuerwehr (im Bild 2016 beim Anrücken zu einem Brand an der Wittelsbacherstraße) hat Personalsorgen – die in einigen Ortswehren sind größer und vielfach so groß, dass sie tagsüber nur eingeschränkt ausrücken können.
Auf dem Weg zum Einsatz: Die Starnberger Feuerwehr (im Bild 2016 beim Anrücken zu einem Brand an der Wittelsbacherstraße) hat Personalsorgen – die in einigen Ortswehren sind größer und vielfach so groß, dass sie tagsüber nur eingeschränkt ausrücken können. © ike

Mit der Feuerwehr Hanfeld hat eine der sechs kleineren Feuerwehren im Stadtgebiet ihre Selbstauflösung beschlossen – das Personal reicht einfach nicht. Droht das auch anderen Wehren?

Starnberg – Die Selbstauflösung der Freiwilligen Feuerwehr Hanfeld Ende vorigen Jahres könnte nur der Anfang gewesen sein: Alle Ortswehren kämpfen mehr oder minder stark mit akuten Personalproblemen, und die Gründe sind überall gleich. Sicher scheint: Nicht alle Ortswehren werden auf Dauer als eigenständige Einheiten bestehen bleiben und wie die Hanfelder als Löschgruppe Teil einer anderen Wehr werden. Dabei geht es stets um die Einsatzkräfte, nicht um die Feuerwehrvereine, auch wenn beide eng zusammenhängen. Eine wichtige Rolle kommt dabei dem Feuerwehrbedarfsplan zu, der allerdings entgegen früherer Terminangaben noch immer nicht fertig ist.

Schon als die Aktiven in Hanfeld den Statuswechsel zur Löschgruppe beschlossen (der Verein besteht weiter), hatte Bürgermeister Patrick Janik angedeutet, dass das auch anderen Wehren bevorstehen könnte. Der Feuerwehrbedarfsplan, für den Gutachter Strukturen, Personal, Ausrüstung und Gefahrenpotenziale im Stadtgebiet untersucht hatten, wird dazu Aussagen treffen – welche, ist noch nicht bekannt. Der Plan, sagte Janik auf Anfrage, liege noch nicht in der Endfassung im Rathaus vor. Es habe unter anderen durch die Corona-Pandemie Verzögerungen gegeben; derzeit könne er keinen Termin nennen, wann das mehr als 100 Seiten starke Werk dem Stadtrat vorgelegt werden kann. Zuvor muss es noch der Kreisbrandinspektion zur Stellungnahme zugeschickt werden. Die Stadträte sollen den Planentwurf so früh wie möglich erhalten. Es könnte also schon in den kommenden Wochen sein. Von den Inhalten hängt das Schicksal einiger Wehren in den kommenden Jahren ab, der Bau von Gerätehäusern, aber auch der Beschaffungsbedarf für die Stadt – und er birgt deswegen Sprengstoff.

Einige Wehren im Stadtgebiet sind tagsüber nicht einsatzbereit

Einige Wehren im Stadtgebiet sind tagsüber nicht einsatzbereit im Sinne der Mindeststärke (eine Gruppe, neun Aktive; bei kleineren Fahrzeugen sechs). Nachts und am Wochenende ist die Lage vielfach besser. Der Grund liegt auf der Hand: Die wenigsten arbeiten auch in ihren Orten. Die Wehren verlieren Aktive, aber nicht, weil sie der Feuerwehr den Rücken kehren – vor allem junge Leute finden in den Orten keine bezahlbare Wohnung und ziehen weg. Für die örtliche Wehr sind sie damit verloren, für die des neuen Wohnorts in der Regel oft nicht. Als Faustregel gilt: Man braucht die dreifache Zahl der nötigen Einsatzkräfte, damit auch immer genug Leute zum Alarm kommen. Die Organisationshoheit für Feuerwehren liegt beim Kommandanten – er und die aktiven Einsatzkräfte müssen entscheiden, ob sie als Löschgruppe Teil einer benachbarten Wehr sein wollen. Wirklich freiwillig passiert das aber eher selten, meist ist es eine Notwendigkeit. Im Landkreis gibt es wenige Löschgruppen, in Aschering etwa oder Diemendorf.

Thomas Lang, bis vor wenigen Tagen Kommandant der Feuerwehr Percha, kennt die Probleme nur zu gut. Seine Wehr habe nicht stabil ausreichend Personal, auch nachts und am Wochenende nicht. Deswegen ist eine reduzierte Besatzung für Einsätze am Ort bei der Leitstelle gemeldet, was bedeutet, dass bei einem Alarm immer auch andere Wehren alarmiert werden – Starnberg in der Regel oder auch Berg. Lang zählt auf: In den vergangenen etwa drei Jahren hat er mindestens vier Aktive wegen Umzugs verloren, nach Pöcking, Unterbrunn oder weiter weg. „In Percha ist eben nichts zu finden“, attestiert er. Je kleiner ein Ort, desto weniger sei eine passende und bezahlbare Wohnung verfügbar. Bei den Arbeitsstätten sieht es ähnlich aus: Von den Aktiven der Perchaer Wehr arbeiteten ziemlich genau zwei auch in Percha – einer davon ist Lang selbst. Zwei seien zuletzt im Homeoffice gewesen, was die Lage etwas verbessert habe. Lang persönlich rechnet damit, dass sich sein Nachfolger, der noch nicht feststeht, mit der Frage „Löschgruppe oder nicht“ befassen wird müssen.

Homeoffice verbessert die Situation, ist aber keine Dauerlösung

Homeoffice, findet auch Wangens Kommandant Florian Feuerlein, hat die Situation etwas besser gemacht, ist aber keine Dauerlösung und schon gar nicht berechenbar. Dass ein Kamerad zu Hause arbeitet, heiße nicht, dass er jederzeit abkömmlich sei. Feuerlein sieht seine Wehr „relativ gut aufgestellt“, gut 20 Aktive kämen regelmäßig. Die Sollstärke hat aber auch Wangen nicht, das schaffe fast keine Wehr im Landkreis mehr. Auch Wangen verliert durch Wegzug Mitglieder, „das ist bei allen gleich“. Feuerlein geht nicht davon aus, dass Wangen zur Löschgruppe wird, plädiert aber nachdrücklich für neue Modelle: „Wir brauchen andere Einsatzkonzepte“, sagt er, auch über Gemeinde- oder Landkreisgrenzen hinweg. Er kann sich auch Ausrückegemeinschaften mehrerer Wehren vorstellen.

„Recht stabil“ sei das Personal in Leutstetten, berichtet Kommandant Michael Rattelmüller. „Momentan stehen wir brauchbar dar. Das kann sich aber auch schnell ändern“, sagt er, wenn etwa mehrere Mitglieder in kurzer Zeit wegziehen. Vorhersagbar sei das nicht, aber auch bei der Feuerwehr Leutstetten schwindet die Personaldecke: In einigen Jahren erreichen einige Aktive die Altersgrenze. Zwar kämen immer wieder neue Aktive dazu, aber „wir könnten mehr sein“. Die Löschgruppen-Frage stellt sich dort derzeit nicht.

Problem: Feuerwehrler finden schwer Wohnungen

Zu den kleineren Wehren gehört auch Perchting, und auch dort verzeichnet Kommandant Sven Vermehren Abgänge wegen Umzugs – einer war es 2021. „Gott sei Dank sind bei uns Frauen dazugekommen“, sagt er, die sich ausbilden lassen. Tagsüber ist die Personaldecke dünn (die Wehr ist abgemeldet, wird nur bei Einsätzen im Ort mit anderen Wehren alarmiert), nachts und am Wochenende nicht. Die Arbeitsstellen seien schon immer ein Problem gewesen, die Jungen arbeiteten auswärts, und ältere Kameraden am Ort hätten die Altersgrenze erreicht. Wohnraum? „Du bekommst hier nichts Bezahlbares.“ Vermehren sieht die Perchtinger Wehr nicht auf dem Weg zur Löschgruppe, man erfülle die Vorgaben, und der Bedarf an Ausbildung (auch neuer Aktiver) nehme zu.

Die Feuerwehr Hadorf macht sich keine Sorgen, wie Kommandant Florian Kraus sagt. Mit zwei Dutzend Aktiven habe man ausreichend Personal für das eigene Fahrzeug, auch, weil es in Hadorf noch Landwirtefamilien gibt. Zuletzt ist die Wehr sogar gewachsen, auch, weil es in Hadorf im Dorf gewissermaßen zum guten Ton gehört, in der Feuerwehr zu sein. „Wir haben momentan überhaupt keine Angst, Löschgruppe zu werden“, sagt Kraus.

Die Stadtwehr hat, wie deren Kommandant Markus Grasl seit Amtsantritt immer wieder betont, eine deutliche Unterdeckung beim Personal. In der Regel ergeben seine Berechnungen einen Mehrbedarf von mehr als 60 Aktiven, um die Anforderungen – auch hinsichtlich des B 2-Tunnels und anderer Vorhaben – abdecken zu können. Auch Starnberg hat wegen der Personalengpässe Fahrzeuge zeitweise abgemeldet.

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