Sieben Geheimnisse des Fischerei-Instituts

Eine halbe Million Fische, 32 Teiche mit Regenbogenforellen, Bachforellen und Bachsaiblinge und noch viel mehr verbergen sich auf dem Areal des Instituts für Fischerei in Starnberg. Am Sonntag öffnete es seine Türen – und verriet gleich mehrere Geheimnisse.
Starnberg – Tausende Besucher strömten am Sonntag bei einem Tag der offenen Tür durch die Anlagen des Instituts für Fischerei an der Weilheimer Straße in Starnberg. Es setzt sich aus fünf Bereichen zusammen. Der erste Bereich besteht aus der Flussfischerei, Seenfischerei und Fischökologie und kümmert sich um Fischbestände der bayerischen Gewässer. „Hier wird zu Fangzeiten- und -methoden geforscht. Die natürlichen Gewässer hegt und pflegt man“, erklärte Dr. Helmut Wedekind, Leiter des Instituts. Zweiter Bereich im Institut ist die Karpfenteichwirtschaft der Außenstelle in Höchstadt. Die Karpfen werden naturnah in jahrhundertealten Teichen gehalten. Dritter Bereich ist die Forellenteichwirtschaft, sie befindet sich auf der Anlage in Starnberg. Dort wird zur Zucht und Produktion guter Fischqualität geforscht. Fütterungsversuche, Untersuchungen zur Emissionsminimierung, Umweltforschung, Prozessoptimierung und Solaraufzuchten sind nur einige der Forschungsgebiete. Vierter Bereich ist die Intensive Aquakultur. Mit Warmwasser-Kreislaufanlagen können auch wärmeliebende Fische, wie Aale, Zander und Garnelen, gezüchtet werden. Fünfter Bereich ist die Aus- und Fortbildung.
Die Anlage des Instituts nennt sich „Zu den sieben Quellen“. Eigentlich ist es nur eine Quelle, die aus mehreren zusammengesetzt wurde und die Anlage mit Wasser versorgt. Den Namen erhielt die Anlage im Mittelalter, erklärte Institutsleiter Wedekind, „da wurden wohl sieben Quellen gezählt“. Wedekind ist seit 18 Jahren Leiter des Instituts und betont, dass das Institut in Starnberg deutschlandweite Relevanz hat. Das Institut sei ein Unikat, „die Alten haben die Anlage nicht ohne Grund hierhergesetzt“. Sieben Geheimnisse um das Gelände in Starnberg, das viele Einheimische nur vom Namen her kennen:
- Älter als offiziell bekannt: Die Anlage gibt es bereits länger, als seit dem offiziellen Gründungsjahr 1910. König Ludwig II. überließ schon 1881 dem Bayerischen Fischerei-Verein das Siebenquellen-Anwesen zum Zwecke der künstlichen Fischzüchtung. 1910 wurde die erste Fischereischule eingeweiht. 1951 übernahm der Staat die Einrichtung und machte sie zum Lehr- und Veranstaltungsort für Fischerei. 1967 wurde die Anlage dann in „Bayerische Landesanstalt für Fischerei“ umbenannt.
- Das Institut und das Internat: Als einer von drei Standorten in Deutschland bietet das Institut überbetriebliche Lehrgänge im Rahmen der Ausbildung zum Fischwirt an. „Wir arbeiten eng mit der Berufsschule zusammen“, erklärte Daniela Harrer, Leiterin der Aus- und Fortbildung. Nach zwei Jahren Betriebserfahrung können die Absolventen sich dann zum Fischwirtschaftsmeister fortbilden lassen. Da die Schüler aus der Schweiz, Österreich und verschiedenen Teilen Süddeutschlands kommen, beinhaltet das Institut ein Internat mit 40 Plätzen zur Übernachtung während der Schulblöcke. Bis zu 35 Auszubildende machen jedes Jahr ihren Abschluss am Institut, 20 den Meister. In der Forellenteichanlage gibt es drei Ausbildungsstellen. Auch die Fischerprüfung, gemein der Anglerschein, kann in dem Institut gemacht werden. So schult das Institut jährlich Tausende im Umgang mit Gewässern, Netzarbeiten und Fischen. In der Kantine des Internats werden die gezüchteten Fische verspeist.
- Fische sind die besten Futterverwerter: Fischfutter ist mit der größte Forschungspunkt des Instituts. „Fische sind die besten Futterverwerter und damit sehr ökologisch“, erklärte Wedekind. Da Fische wechselwarm sind, verbrauchen sie keine Energie, um ihre Körpertemperatur zu halten. Die Fische werden mit pelletiertem Futtermittel ernährt. Ein Fisch benötigt circa ein Kilo Futter, um ein Kilo Zuwachs zu erzeugen. In den Aquakulturen wird den Fischen künstliche Nahrung gefüttert, anders als im natürlichen Raum. Weil das Wasser der Landkreis-Seen so sauber ist, bildet sich dort weniger Plankton. Das bedeutet für die Fische weniger Nahrung, und für den Menschen weniger Fische. Aus diesem Grund seien Aquakulturen stark im Aufwind, sagte Wedekind.
- Fische und die Taucherkrankheit: Das Institut arbeitet mit Quellwasser. Da das Wasser tief aus der Erde kommt, enthält es wenig Sauerstoff, dafür aber viel Kohlenstoffdioxid und Stickstoff. Damit die Fische mit genügend Sauerstoff versorgt werden, muss dem Wasser mit einem Schaufelradbelüfter Sauerstoff hinzugefügt werden. Wenn das Wasser mit Stickstoff übersättigt ist, bekommen die Fische die sogenannte Gasblasenkrankheit, ähnlich wie die Taucherkrankheit bei Menschen.
- Fische und der Sonnenbrand: Über jedem Teich ist eine Folie gespannt, die zur Beschattung dient. Da die Teiche bei Weitem nicht so tief sind wie die natürliche Seeheimat der Fische, besteht das Risiko, dass durch die obere Wasserschicht UV-Strahlen durchkommen und die Fische „eine Art Sonnenbrand bekommen“, erklärte Wedekind.
- Das Problem des Fischraubs: Alle Teiche sind mit Netzen überdeckt – und das hat einen guten Grund. Nicht etwa, weil die Fische raushüpfen, sondern weil Tiere aus der Umgebung die Fische fressen. Abends beobachtet Wedekind, wie 20 Graureiher pünktlich nach Dienstschluss zur Anlage fliegen. Sie krallen sich an den Netzen fest, bilden Löcher und lassen sich durch die Löcher fallen. Komisch fanden die Mitarbeiter auch Verletzungen mit zwei Wunden an den Fischen. „Wir konnten das gar nicht glauben“, sagte Wedekind, aber Schuld daran seien die Fangzähne zweier Fuchsfamilien, die in der Nähe ihr Zuhause haben. Sie lauern den Fischen am Beckenrand auf. Vor dem Otter müsse man sich besonders in Acht nehmen, denn er sei der Tod der Naturteiche, so Wedekind.
- Wie alt werden Fische? Fische können bis zu 25 Jahre alt werden. Die Fische am Institut werden aber maximal acht Jahre alt. Mit zwei Jahren haben die Fische das Speisegewicht von 350 Gramm erreicht und können verspeist werden. Ab vier Jahren werden manche Fische als Laichfische zur Zucht eingesetzt. Nach acht Jahren „haben sie ihren Dienst getan“, erklärte Gregor Schmidt von der Forellenteichwirtschaft. Wenn die Qualität noch stimmt, werden sie zu Lachsforellen verarbeitet.