So wenige Unfälle wie in der Pandemie

Trotz sich abschwächender Pandemie hat es im Jahr 2022 auf den Straßen am Starnberger See nicht mehr Unfälle gegeben als in den beiden Corona-Jahren davor. Das freut die Polizei, auch wenn deren Fachleute keine Erklärung dafür haben.
Starnberg – Oliver Jauch, Sachbearbeiter Verkehr bei der Polizeiinspektion Starnberg, suchte erst gar nicht nach Gründen: „Dass wir im Jahr 2022 bei den Unfallzahlen das gleiche Niveau wie in den beiden Vorjahren hatten, überrascht mich, und ich habe auch keine Erklärung dafür“, sagte er, als er diese Woche die Verkehrsstatistik für den Inspektionsbereich vorlegte.
Demnach haben sich im vergangenen Jahr auf den Straßen in Starnberg, Berg, Feldafing, Pöcking und Tutzing 1572 Verkehrsunfälle ereignet – gerade mal einer sowie vier mehr als in den beiden Corona-Jahren zuvor mit Lockdowns, Schulschließungen und weiteren Einschränkungen. Das Niveau lag damit weiterhin etwa ein Viertel unter den Vor-Corona-Jahren. Die Entwicklung des Jahres 2022 in Zusammenhang mit Homeoffice oder Energiekrise zu sehen, sei „reine Spekulation“, sagte Jauch.
Auch die Zahl der verletzten Personen bewege sich mit 242 „fast auf Zehn-Jahres-Tief“, die Zahl von 40 Schwerverletzten bedeutete sogar den niedrigsten Wert der zurückliegenden Dekade. Besonders gefährdet sind nach wie vor Radfahrer, aus deren Gruppe fast jeder zweite Verletzte kam (114 insgesamt). Allerdings gehört zur Wahrheit auch, dass 60 Radfahrer allein beteiligt zu Sturz kamen und sich dabei Verletzungen zuzogen. Insgesamt galten sie bei 91 Unfällen als Verursacher.
Mehr Radfahrunfälle hat es nur im Lockdown-Jahr 2020 gegeben. Das seinerzeit geänderte Freizeitverhalten merke man nach wie vor, sagte Jauch. „Ich glaube auch, dass das so bleibt.“ Pedelecs waren bei jedem vierten Radfahrunfall beteiligt (31 insgesamt) – der jüngste verletzte Pedelec-Fahrer war 13, der älteste 80 Jahre alt. Einen Unfallschwerpunkt habe es zwischen Wangen und Buchhof gegeben, eine Kante beim Übergang von Straße zu Radweg. Diese Stelle sei mittlerweile entschärft, erklärte der Hauptkommissar.
Häufigste Unfallursache insgesamt blieben der ungenügende Sicherheitsabstand (588 Fälle), wozu aber auch Parkrempler gehören. Häufigste Ursache bei Unfällen mit Schwerverletzten waren das Befahren der Gegenfahrbahn und zu hohe Geschwindigkeit (je neun Fälle). Überhaupt blieb zu hohes Tempo ein Problem. Zwar wurde der Rekord an Raserunfällen aus dem Vorjahr heuer nicht erreicht (64 zu 73 Fälle), dennoch ist der Wert für die Polizei zu hoch. „Wir müssen darauf schauen, Geschwindigkeitsunfälle zu reduzieren“, sagte Jauch. „Dann ist auch die Chance recht groß, die Zahl der Verletzten zu minimieren.“
Unrühmliche Rekordhalter bei Messungen mit der Laserpistole waren ein Autofahrer, der mit 134 km/h bei Percha von der Autobahn auf die B 2 bretterte, und zwei andere Fahrer, die mit 97 km/h über die Staatsstraße am Paradies bei Possenhofen rasten. An beiden Stellen gilt Tempo 60.
Deutlich angestiegen – auf niedrigem Niveau – sind die Schulwegunfälle. Fünf Unfälle mit sechs verletzten Schülern registrierte die Polizei, in den Vorjahren waren es jeweils zwei gewesen. Zwei Unfälle seien selbst verschuldet gewesen, sagte Jauch, schilderte aber auch einen „dreisten Fall“. Ein Pkw-Fahrer „im Seniorenalter“ hatte auf dem Zebrastreifen an der Einmündung Leutstettener Straße/Riedener Weg in Starnberg zwei Mädchen angefahren, woraufhin diese stürzten. Dennoch fuhr der Mann davon, konnte aufgrund von Zeugenaussagen jedoch ermittelt werden. Jauch nahm den Unfall zum Anlass, um die kritische Haltung der Polizei zu Zebrastreifen zu unterstreichen. „Sie sind rein zur Schulwegsicherheit nicht geeignet“, betonte er.
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Zahl der Unfälle, an denen Senioren beteiligt waren, mit 210 auf das Niveau des Jahres 2019 gestiegen ist. In 155 Fällen, darunter viele Kleinunfälle, waren Senioren auch die Verursacher. Im Vergleich dazu waren junge Erwachsene zwischen 18 und 24 Jahren an 112 Unfällen beteiligt und in 59 davon auch die Verursacher. Bei 17 Unfällen standen die Verursacher unter Alkoholeinfluss.