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Für 177-Millionen-Euro: So soll die Seeanbindung gelingen

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Von: Peter Schiebel

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Partner der Seeanbindung (v.l.): Starnbergs Stadtbaumeister Stephan Weinl, Bürgermeister Patrick Janik und die Bahn-Manager Christoph S. Herzog und Mareike Schoppe. Uns ist ein großer Wurf gelungen. Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik
Partner der Seeanbindung (v.l.): Starnbergs Stadtbaumeister Stephan Weinl, Bürgermeister Patrick Janik und die Bahn-Manager Christoph S. Herzog und Mareike Schoppe. Uns ist ein großer Wurf gelungen. Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik © Andrea Jaksch

Vertreter der Stadt Starnberg und der Deutschen Bahn AG haben am Freitag Eckpunkte ihrer kurz vor Weihnachten notariell beurkundeten Vereinbarung präsentiert.

Starnberg – Mehr als 35 Jahre nach dem Abschluss des ersten Vertrages zwischen der Stadt Starnberg und der Deutschen Bahn zeichnet sich eine Lösung des beklagenswerten Zustandes am Bahnhof See und des kompletten Bahnhofsumfeldes ab. „Uns ist ein großer Wurf gelungen“, sagte Bürgermeister Patrick Janik, als er am Freitagvormittag zusammen mit Stadtbaumeister Stephan Weinl und den Bahn-Managern Mareike Schoppe (DB Station und Service AG) und Christoph S. Herzog (DB Netz AG) die wesentlichen Inhalte der Vereinbarung vorstellte, auf die sich beide Seiten nach mehr als eineinhalb Jahren Verhandlungen geeinigt haben. Diese sind:

Stadt Starnberg hat die Zahlungspflicht übernommen

Eine erste Kostenschätzung für die Realisierung dieser Seeanbindung beläuft sich auf 177 Millionen Euro – inklusive Planung, Projektmanagement, Projektsteuerung und einer Preissteigerung von 3,75 Prozent jährlich bis ins Jahr 2030. „Die wollen bezahlt werden“, sagte Janik. Zuständig dafür ist laut der Vereinbarung die Stadt Starnberg, die die Zahlungspflicht übernommen hat. Im Wesentlichen geht der Bürgermeister von drei Säulen der Finanzierung aus: Durch den Erlös der frei werdenden Bahngrundstücke rechnet er mit rund 50 Millionen Euro. Dieses Geld könne komplett zur Finanzierung des Projekts verwendet werden, sagte Janik.

Die Vereinbarung zwischen Stadt und Bahn

Der Regionalzughalt wird vom Bahnhof See an den Bahnhof Nord verlegt. Dafür muss dort der Bahnsteig in Richtung Norden verlängert werden, da Regionalzüge und S-Bahnen unterschiedliche Einstiegshöhen haben.

Der Bahnhof See wird komplett neu gestaltet. Durch den Wegfall des Regionalzughalts und den Wegfall eines Wende- und Abstellgleises für die S-Bahn werden die bestehenden vier Gleise auf drei reduziert. Darüber hinaus sind anstelle der bisherigen zwei Innenbahnsteige zwei Außenbahnsteige vorgesehen.

Das Wendegleis, das für den Bahnbetrieb erforderlich ist, wird etwa einen Kilometer weiter südlich an der Gleistrasse Richtung Tutzing angelegt.

Rund um den Bahnhof See werden damit Flächen frei, die bislang noch für den Bahnbetrieb genutzt werden. Auf der Seeseite der Bahnlinie bietet sich dadurch die Möglichkeit, die Seepromenade zu erweitern. Rund um das historische Bahnhofsgebäude ist von einer „Stadtpromenade“ die Rede. Auf der Stadtseite, im Bereich Kaiser-Wilhelm-Straße/Ludwigstraße, können Gebäude für Wohnen und/oder Büros entstehen.

Rund 20 Millionen Euro will die Stadt selbst beisteuern. „Die Seeanbindung sollte es uns wert sein, dafür auch Tafelsilber zu verwenden“, betonte er. Das Geld könne durch Grundstücksverkäufe erlöst werden. Allerdings habe er sich darüber noch nicht mit dem Stadtrat abgestimmt. „Damit bleibt ein Finanzierungsbedarf von 80 bis 90 Millionen Euro.“ Diesen will Janik durch staatliche Fördermittel decken, vor allem seitens des Bundes. „Ich halte es für faktisch ausgeschlossen, dass Starnberg das alleine hinbekommt“, sagte er, zeigte sich aber dennoch zuversichtlich.

Der Bund wird ebenfalls gefordert sein

Zum einen könne sich der Bund aufgrund seiner grundgesetzlich festgelegten Zuständigkeit für die Eisenbahninfrastruktur „nicht ganz aus seiner Verantwortung stehlen“. Zum anderen würden alle Mitglieder des Stadtrats, deren Parteien im Bundestag vertreten sind, das Vorhaben unterstützen. Und außerdem sei das Projekt schon allein aufgrund des Namens Starnberg überregional bekannt. Allerdings gab Janik auch zu, dass es „eine politische Kärrner-Arbeit“ werde, die entsprechenden Stellen zu überzeugen.

Die Sicherstellung der Finanzierung hat für dieses Jahr oberste Priorität. Denn für ein Jahr, also bis Ende 2023/Anfang 2024, hat sich die Stadt ein Rücktrittsrecht gesichert. Wird dieses Sonderkündigungsrecht nicht gezogen, greift der ausgehandelte Vertrag in allen Punkten – gleichzeitig gelten die bis ins Jahr 1987 zurückreichenden Bestandsverträge als beendet und alle darin geschuldeten Leistungen als vertragsgemäß erbracht.

Die Schadensersatzklage ist vom Tisch

Zudem verzichtet die Bahn dann zugunsten der Stadt Starnberg auf die bisher geltenden Verpflichtungen zur Kostenübernahme für den Rückbau des Bahnhofs Mühltal, die finanzielle Beteiligung am Eisenbahnstellwerk München-Südwest und die Erstattung eines bisherigen oder zukünftigen Planungsgewinns an die Bahn.

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Darüber hinaus wird die Bahn ihre am 23. Dezember 2019 eingereichte Schadenersatzklage gegen die Stadt Starnberg vor dem Verwaltungsgericht München vollumfänglich zurücknehmen, wenn das Sonderkündigungsrecht abgelaufen ist. Diese Klage über rund 170 Millionen Euro bezeichnete Janik am Freitag als „existenzbedrohend“ für Starnberg, sagte allerdings auch: „Das ist ein relativ offenes Verfahren.“ Sowohl die Bahn als auch die Stadt hätten kein Interesse daran, diesen Prozess zu führen. „Zehn Jahre plus X für die ersten zwei Instanzen, und dann sind wir noch nicht in Karlsruhe“, sagte der Bürgermeister.

Die reine Bauzeit wird vier Jahre dauern

Wie lange eine Realisierung der Seeanbindung braucht, ließen am Freitag alle Seiten offen. „Für die reine Bauzeit rechnen wir mit vier Jahren“, sagte Janik. Allerdings seien davor eine konkrete Planung und ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. „Derzeit reden wir von einer vertieften Machbarkeitsstudie.“ Bis dahin seien aber temporäre Maßnahmen am Bahnhof See möglich, wozu auch ein Dach über den Bahnsteigen gehören könnte.

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Und was passiert, wenn die Finanzierung nicht klappt und Starnberg von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht? „Auch dann wollen beide Seiten nicht, dass es zu einem Prozess kommt“, sagte Janik. „Wenn dieser Vertrag scheitert, setzten wir uns wieder zusammen und suchen nach einem anderen Weg.“

Zufriedenheit über den gefundenen Kompromiss äußerten auch die Verantwortlichen der Bahn. „Wir sind froh über das gemeinsam erzielte Ergebnis für eine zukunftsfähige Bahninfrastruktur einerseits und gute Perspektiven für die städtebauliche Entwicklung in Starnberg andererseits“, wird der Konzernbevollmächtigte für Bayern, Klaus-Dieter Josel, in einer Pressemitteilung zitiert.

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