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Über die Kultur in der Politik

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Von: Stephan Müller-Wendlandt

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Drei Kandidatinnen, ein Kandidat: Bei der Runde im Kino zu „Kultur, Klima, Bildung“ diskutierten Britta Hundesrügge (FDP), Martina Neubauer (Grüne), Michael Kießling (CSU) und Carmen Wegge (SPD, v.l.).
Drei Kandidatinnen, ein Kandidat: Bei der Runde im Kino zu „Kultur, Klima, Bildung“ diskutierten Britta Hundesrügge (FDP), Martina Neubauer (Grüne), Michael Kießling (CSU) und Carmen Wegge (SPD, v.l.). © Andrea Jaksch

Bei einer Gesprächsrunde im Rahmen des Fünf-Seen-Filmfestivals diskutierten die vier Bundestagskandidaten Britta Hundesrügge (FDP), Martina Neubauer (Grüne), Michael Kießling (CSU) und Carmen Wegge (SPD) über Kultur, Klima und Bildung.

Starnberg – Matthias Helwig ist nicht dafür bekannt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Das hat der Betreiber der „Breitwand“-Kinos in Starnberg, Gauting und Seefeld sowie Intendant des Fünf-Seen-Filmfestivals (FSFF) mehrfach bewiesen, wenn seine Zuschussanträge für die mittlerweile 15. Ausgabe des renommierten Events nicht nach seinem Sinn beschieden wurden.

Nach dem Lockdown für seine Kinos und das Festival hätte er erst recht poltern können, als er am Samstag vier Bewerberinnen und Bewerber für ein Direktmandat im künftigen Bundestag für eine Podiumsdiskussion zu Gast hatte. Statt den Holzhammer auszupacken, focht Helwig lieber mit dem eleganten Florett.

Um „Kultur, Klima, Bildung“ ging es bei der Diskussionsrunde, zu der der aktuelle Bundestagsabgeordnete Michael Kießling (CSU) und seine Herausforderinnen Martina Neubauer (Grüne), Carmen Wegge (SPD) sowie Britta Hundesrügge (FDP) auf dem Podium Platz genommen hatten. Ewa 60 Zuhörer verfolgten in dem nach Corona-Regeln fast voll besetztem Saal 1 die Debatte mit mehrfachem Applaus und wenigen Zwischenrufen.

Kultur

„Mein Metier ist die Kultur, Eures ist die Politik“, stieg Moderator und Gastgeber Matthias Helwig in die Diskussionsrunde ein. „An welcher Stelle und auf wie vielen Seiten steht die Kultur im Wahlprogramm?“, lautete seine provokante Frage. Damit brachte er den CSU-Kandidaten leicht ins Schleudern. „So etwa im Mittelfeld“, meinte Kießling. Jede Aussage des Wahlprogramms sei wichtig, die Reihenfolge sei kein Maßstab für die Wertigkeit. Kultur sei für das gesellschaftliche Leben unverzichtbar. „Deshalb müssen die Kulturschaffenden stärker von der Politik unterstützt werden.“ Sie seien in der Pandemie zu lange vernachlässigt und die kulturellen Institutionen zu spät wieder geöffnet worden, räumte Kießling ein. Er will sich für die Stärkung des kulturellen Lebens vor allem im ländlichen Raum einsetzen.

In die gleiche Kerbe schlug Martina Neubauer: „Kultur ist wichtig für das Zusammenleben, für Begegnungen und den Diskurs. Kultur ist ein Lebensmittel.“ Britta Hundesrügge bekräftigte diese Aussage: „Kultur ist ein Teil unserer Identität.“ Und Carmen Wegge sprach sich dafür aus, den Kulturrat zu stärken, um den Interessen der Kunstschaffenden mehr Gewicht zu verleihen.

Bildung

Am Thema Kultur blieb Helwig dran, als er wissen wollte, wo sie in der Bildungspolitik vorkomme. Kultur sei Teil der Lehrpläne in Schulen, antwortete Wegge, und sei damit Angelegenheit der Bundesländer. Die SPD setzte sich dafür ein, Bildung auf allen Ebenen kostenlos anzubieten, angefangen bei den Kindertagesstätten. Zudem fordere ihre Partei eine Garantie für alle jungen Leute, die einen Ausbildungsplatz in dem gewählten Beruf wünschen. Die Ausbildungsförderung Bafög gehöre reformiert, unabhängig von den Einkommensverhältnissen der Eltern.

Kießling sieht noch Nachholbedarf in den Lehrplänen beim Thema Kultur. Er befürwortet eine finanzielle Unterstützung des Bundes für die Länder. Kultur geht für Neubauer weiter als nur in der Schulbildung: „Das kann nicht nur für ein Lebensalter funktionieren.“ Die Inklusion zum Beispiel gehöre dazu, das heiße, Behinderten Chancengleichheit am Bildungssystem zu ermöglichen. Für sie ist die Ganztagsschule das Modell der Zukunft. Dafür erntete sie Kritik von Hundesrügge, die die Ganztagsschule als gescheitertes Modell bezeichnete. Vernünftiger sei es, ein mehrgliedriges Schulsystem zu individualisieren. Digitalisierung – bei der FDP ganz oben auf der Agenda – fördere im Schulunterricht die Kinder, selbst Kulturschaffende zu werden. Bis dahin waren die Podiumsteilnehmer weitgehend einer Meinung. Differenzen traten beim dritten Themenbereich auf.

Klima

Dafür hatte Helwig als Co-Moderator Alexander Eichberger eingeladen. Der Klimaschutz-Aktivist fühlte den Bundestagskandidaten auf den Zahn. Welche Sofortmaßnahmen haben die Parteien gegen den Klimawandel im Programm, wollte er wissen. Und erntete dabei von Martina Neubauer eine Steilvorlage, als sie forderte, die sogenannte 10-H-Regel für den Bau von Windkraftanlagen in Bayern zu kippen. Danach dürfen Windräder nur in mindestens zehnfachem Abstand ihrer eigenen Höhe zur nächsten Wohnbebauung errichtet werden. Windenergie ist für Eichberger die effektivste Technik zur Energiegewinnung, um dem Klimawandel Paroli zu bieten. Der Hinweis von Kießling, die Kommunen seien frei in der Entscheidung, von dieser Regelung abzuweichen, mündete in seiner Erkenntnis, die Umsetzung scheitere in der Regel am Widerstand der betroffenen Bevölkerung im Rahmen des Bauleitverfahrens. Neubauer gab die Lösung vor: „Wir müssen jetzt handeln, und nicht weiter über ‚ob’ und ‚wann’ diskutieren.“ Sie räumte aber auch ein, dass die Bürger mitgenommen werden müssen: „Vielleicht sind Genossenschaftsprojekte ein Vehikel, die Bürger für Windkraftanlagen zu gewinnen.“

Über mögliche Einschränkungen beim Verkehr zur Eindämmung von CO2-Belastungen (130-Tempolimit auf Autobahnen, Anreize für ÖPNV) endete die Diskussion in der Frage Eichbergers, wie die gesellschaftliche Akzeptanz für Klimaschutz-Maßnahmen zu erreichen sei. Die ultimative Antwort lieferte Martina Neubauer: „Es geht darum, jetzt zu handeln.“

Analog der bekannten TV-Diskussionsrunde „Hart aber fair“ stellte Helwig der Kandidatenrunde die Abschlussfrage mit der Bitte um prägnante Antwort: „Es gibt die Einstellung im Wählervolk, am 26. September gehe es um eine Egalwahl. Wo sehen Sie die Abgrenzung zu den anderen Parteien?“ Martina Neubauer: „Es ist eine Klima-Wahl.“ Michael Kießling: „Es geht um eine Richtungswahl.“ Britta Hundesrügge: „Wer sich für uns entscheidet, entscheidet sich für Liberalität.“ Carmen Wegge: „Wer gegen gesellschaftliche Verwerfungen ist, sollte SPD wählen.“

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