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Zivilisationsreste und „Magie des Materials“

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Farbenfrohe Kunst hängt an den Wänden im neuen „Atelier du lac“ von Danielle Vochims in Tutzing. Dort verwandelt sie Abfall in Kunst, und sie lässt sich dabei über die Schulter schauen.
Farbenfrohe Kunst hängt an den Wänden im neuen „Atelier du lac“ von Danielle Vochims in Tutzing. Dort verwandelt sie Abfall in Kunst, und sie lässt sich dabei über die Schulter schauen. © Dagmar Rutt

Danielle Vochims und ihr „Atelier du lac“ in Tutzing.

Tutzing – Joghurtdeckel, Kaffeekapseln, altes Glas, leere Kugelschreiberminen: Andere würden sagen, das ist Müll. Für Danielle Vochims ist das alles wertvoll. In ihrem neuen „Atelier du lac“ in Tutzing kann man sich davon überzeugen: Die Künstlerin holt die „Magie des Materials“ hervor und gestaltet damit Bilder. Lebendig leuchtende Flächen, schimmernde Reliefs, farbige Glaswerke. Sie wirken in dem alten Gemäuer, ehemals Stall und Maurertreff der historischen Baufirma Knittl, gerade durch diesen Gegensatz besonders reizvoll. Vochims freut sich jeden Tag, dass sie dort so gut untergekommen ist – und heißt nach Anmeldung auch Gäste willkommen.

Das neue Atelier ist quasi das Gegenteil ihrer bisherigen Räume: 2021 hat die Französin mit deutscher Mutter, die zwischen München und Paris pendelt, ihr erstes Künstlerdomizil in der Tutzinger Kustermannvilla bezogen. Sie wusste, dass das nur ein Interimsquartier sein wird. Sie wollte den Platz am See mit möglichst vielen teilen, veranstalte Events und Präsentationen: „Wenn Sie Kunst nicht mögen, dann genießen Sie wenigstens den Blick“, lautete ihre Devise. Zuletzt sorgten die Pop-Up-Ausstellungen für viel Zulauf. Noch ist nicht klar, was die Gemeinde auf Dauer dort plant – zunächst werden Co-Working-Plätze angeboten.

Nun ist Vochims wieder in ganz besonderen Räumen gelandet. Sie gehörten zum Firmengelände der berühmten Baumeisterfamilie Knittl, die seinerzeit das Geschäft expandierte und 1905 Lagerhallen und Pferdeställe errichtete. Aus dem Stall wurde später das Arbeiterhaus und der angrenzende Maurertreff, der bald als Kneipe „Schwarze Gans“ unter den Handwerkern beliebt war. Die gemütliche Atmosphäre des Areals wirkt bis heute nach. Genau das schätzt Vochims.

Die ausgebildete Grundschullehrerin und künstlerische Quereinsteigerin hatte in den ersten Jahren nach ihren Kursen in Irsee, Salzburg und Bad Reichenhall nur ihre Wohnung zum Werkeln. Seit ihren Erfahrungen in Tutzing weiß sie: Ohne Atelier geht es nicht mehr. Nur dort können die Arbeiten in Resonanz zueinander treten, nur so kann sie Neues entwickeln. An den Wänden hängen frühe Werke in Spachteltechnik, teils auf Glas. Vielleicht kommt die Hinwendung zu besonderen Materialien durch den russischen Großvater und den Bezug zu Ikonen und Kirchenfenstern. Dazu passt auch das Faible für Metall. Gefaltet, übermalt, collagiert erzeugen die Verpackungsreste ein edles Funkeln und tolle Lichtbrechungen. Inzwischen sammeln viele Bekannte die vermeintlichen Abfälle, damit sie zu gold- und silberschimmernden Edelstücken werden. „Jedes Bild hat eine eigene Geschichte“, so Vochims. „Es ist immer eine Mischung aus Planung und Improvisation. Die Ideen machen sich dann selbstständig.“ Ob in Malerei, Tapisserien oder Materialbildern.

Dass mittlerweile Fachleute für Recycling und Umweltanliegen auf diese superaktuellen und zeitgeistigen Arbeiten aufmerksam geworden sind, ist die logische Konsequenz. Gerade arbeitet Vochims wieder auf eine Messe für Umwelttechnik hin: Dort sollen ihre Werke als „Hingucker“ präsentiert werden. Angesichts der immer noch immensen Menge an Verpackungsmüll werden Vochims die Ressourcen für ihr Upcycling der künstlerischen Art nicht so schnell ausgehen.

FREIA OLIV

Atelier du lac

Von-Kühlmann-Straße 5, Tutzing, Internet: www.daniellevochims.com. Besuche nach Terminabsprache unter Tel. 0170/6 20 64 47.

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