1. Startseite
  2. Lokales
  3. Starnberg
  4. Wörthsee

Leuchtturmprojekt auf der grünen Wiese

Erstellt:

Kommentare

null
Große Modellschau im Rathaus: Studenten der Uni München entwickelten Ideen für das genossenschaftliche Wohnprojekt am Teilsrain in Wörthsee. Professor Hermann Kaufmann (vorn, 3.v.l.) präsentierte die Modelle. Geknüpft hatte den Kontakt Ulrike Huch (hinten, Mitte). Die Arbeiten sind bis 22. Februar im Rathaus zu sehen. © Andrea Jaksch

Architekturstudenten der TU München haben für ein gemeinschaftliches Wohnprojekt in Wörthsee jede Menge Ideen entwickelt. Die Modelle sind im Rathaus in Steinebach zu sehen und wurden vorab im Sitzungssaal präsentiert.

Steinebach – Eine Wiese in der Gemeinde Wörthsee, 36 Architekturstudenten der TU München und der Auftrag, auf der Wiese etwa 60 Wohnungen zu realisieren: Was dabei rauskommt, können sich die Wörthseer von heute an im Rathaus in Steinebach anschauen. Am Dienstagabend präsentierten die Studenten im Sitzungssaal ihre Modelle, die sie zum Thema gemeinschaftlich Wohnen am Teilsrain entwickelt haben.

Gemeinderäte und Bürgermeisterin, Vertreter des Planungsverbands, der Wohngenossenschaft Wogeno und des Planungsbüros: Der Sitzungssaal war rappelvoll. Professor Hermann Kaufmann von der Architekturfakultät der TU München war mit einem Großteil der am Projekt beteiligten Studenten angereist. Modelle umgaben die Sitzreihen, an Stellwänden erklärten die Studenten Auftrag, Gedankengänge und Ergebnis. Ein Semester lang hatten sie sich unter Kaufmanns Anleitung eine Menge Gedanken gemacht, beteiligt waren zudem fünf wissenschaftliche Mitarbeiter.

Ziemlich viel Aufwand für ein Projekt so weit ab von der Großstadt. „Wir haben ihn auf einer Messe in München vor einem Jahr einfach gefragt, ob er Interesse hat“, erzählte Ulrike Huch, Gründungsmitglied des Vereins „Wohnen am Teilsrain“. Tatsächlich habe sich Kaufmann schon kurze Zeit später die Fläche angeschaut. „Ich war sofort angetan von der Aufgabenstellung“, sagte der 63-Jährige. Verdichtungsstrategien seien auch auf dem Land notwendig – „aber es gibt dafür noch nicht all zu viele Beispiele“.

Das gab es auf dem Land noch nicht 

Wie berichtet, wollen die Wogeno und der Verein Wohnen am Teilsrain ein genossenschaftliches Wohnmodell realisieren. Die Fläche dafür hat Landwirt Paul Grundler der Gemeinde in Erbbaupacht überlassen. Unter der Voraussetzung, dass dort genossenschaftliches Wohnen entsteht.

Es ist Neuland für alle, auch für die Wogeno. Tom Kremer, Mitglied der Wogeno-Geschäftsführung, sprach am Dienstagabend von einem Leuchtturmprojekt. „Weil es das bisher auf dem Land so nicht gibt.“ Die Frage sei, wie gemeinschaftliches Zusammenleben und nachhaltige Ortsentwicklung miteinander realisiert werden könnten, auch unter dem Stichwort „urbane Qualitäten im ländlichen Raum“.

Was den Studenten zu dieser Frage eingefallen war, imponierte den Zuhörern jedenfalls. Mehrere Mehrfamilienhäuser in Holzbauweise, mal statisch, mal locker angeordnet war im Großen allen gemein. Kleine Plätze, Orte der Begegnung und Atmosphäre zwischen den Baukörpern – Freiflächen spielen eine entscheidende Rolle. „Die Aufgabe war zu versuchen, einen neuen Weiler zu bauen, der das Thema Gemeinschaft in den Fokus stellt“, erläuterte Kaufmann. Alle Studenten schauten sich die Fläche vorher an. Und bissen sich an einigen Fragestellungen auch die Zähne aus. Erschließungsfragen und der Wunsch der Gemeinde, am Teilsrain einen Supermarkt einzuplanen, erwiesen sich als zu große Hürden. „Wir haben nicht alle Antworten gefunden und uns über einige Dinge hinweggesetzt“, gab Kaufmann zu. Das war nicht weiter schlimm, denn es ging ohnehin vor allem um erste Impulse und darum, überhaupt eine Vorstellung für das Grundstück am Ortsrand zu entwickeln.

Bürgermeisterin Christel Muggenthal war begeistert. „Wir haben uns Ideen erhofft. Die haben wir bekommen und noch viel mehr.“ Manches habe sie erst jetzt verstanden, sagte Muggenthal mit Blick auf die Raumgestaltung zwischen den Gebäuden. „Respekt, da haben Sie uns die Augen geöffnet“, sagte Vizebürgermeister Konrad Gritschneder an die Studenten gewandt.

Bagger können schon 2020 rollen

Die strahlten um die Wette. „Das Bewegendste ist, dass alle das wollen“, sagte Melanie Schlanser, die selbst in einem Dorf in Baden-Württemberg groß geworden ist. „Ich bin gespannt, was in fünf Jahren ist“, fragte sich Vanessa Rief. Viele der Studenten befinden sich schon im Master-Studiengang. „Es ist natürlich besonders schön für sie, dass sie ihre Arbeit hier öffentlich präsentieren können“, sagte der Architekt und wissenschaftliche Mitarbeiter Hubert Anneser. Die Studenten, unter ihnen auch eine chinesische und eine spanische Arbeitsgruppe, seien mit großem Einsatz dabei gewesen.

„Ich bin beseelt“, sagte Uli Huch später beim Empfang, zu dem Verein und Gemeinde im Anschluss an die Präsentation geladen hatten. 69 Mitglieder zählt der Verein Wohnen am Teilsrain. Er wird von den Vorsitzenden Thomas Rößler, Huch und Schatzmeister Ulrich Ofer engagiert geführt. Bei der Nachbarschaftshilfe, ganz in der Nähe des Grundstücks am Teilsrain, dürfen sie einen Raum nutzen – das ist schon eine wichtige Verbindung zum Ort. „Vieles hat sich jetzt gefügt“, freute sich Huch. Und war stolz darauf, dass sich die Wogeno auf das Abenteuer Wörthsee eingelassen hat. Tatsächlich war die Existenz des Vereins ausschlaggebend: „Ohne ihn hätten wir das hier nicht gemacht“, sagte Kremer. Auch Paul Grundler gefällt die Entwicklung auf dem Grundstück: „Das sieht alles sehr gut aus.“ Dabei schaut sogar schon die hohe Politik neugierig auf die kleine Kommune, wie Kremer weiß. „Dass ein Landwirt seine Fläche für genossenschaftlichen Wohnbau verpachtet und der Gemeinde freie Hand lässt – das ist schon besonders.“

Die Wogeno entwickelt nun den Bebauungsplan, bis Mitte des Jahres soll ein Objektplaner gefunden sein. Läuft alles nach Plan, könnten im Herbst 2020 die Bagger rollen. Der Verein Wohnen am Teilsrain veranstaltet am Dienstag, 26. März, einen Infoabend zum Thema, Beginn ist um 19.30 Uhr in der Nachbarschaftshilfe (Am Teilsrain 10).

Die Ausstellung und der Professor

Die Modelle, die von den Architekturstudenten unter Leitung von Professor Hermann Kaufmann entwickelt wurden, sind ab heute bis einschließlich Freitag, 22. Februar, im Obergeschoss des Foyers im Rathaus in Steinebach zu sehen. Die Entwürfe erarbeiteten die Studenten im Wintersemester 2018/19. Sie sollen Impulse für die Gestaltung des Quartiers liefern. Aus insgesamt 19 Projektgruppen wurden die besten ausgewählt. Kaufmann leitet das Fachgebiet Holzbau am Institut für Bautechnik und Entwerfen an der Architekturfakultät der TU München. Kaufmann wurde in Reuthe als Sohn eines Zimmerers geboren. Dies erklärt auch seine große Affinität zum Baustoff Holz. Er wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Deutschen Architekturpreis (2017), dem Deutschen Holzbaupreis (2017) und dem Werkbund-Label (2018).

Auch interessant

Kommentare