Bernried will „Zwergerl“ am See bleiben

Ob das betreute Wohnheim, die allgemeine bauliche Entwicklung, die mögliche Integration in den „MVV“-Tarifverbund oder die Kurbeitragseinahmen und deren Verwendung. Es war eine breite Themenpalette, die bei der Bürgerversammlung in Bernried zur Sprache kam. Wie gewohnt verlief die Info-Veranstaltung im entspannten Rahmen ab.
Bernried – Am Donnerstagabend hieß es für die rund 100 Besucher auch, ein wenig Abschied nehmen – und zwar vom Veranstaltungsort. Das „Generali“-Schulungszentrum schließt bekanntlich Ende des Jahres seine Tore. Eine Bürgerversammlung wird dort nicht mehr stattfinden. Was aus dem mächtigen Gebäudekomplex in Zukunft wird, ist noch unklar. Hinter den Kulissen wird fleißig verhandelt.
Der Versicherungskonzern möchte die Immobilie verkaufen. Schon seit längerem im Gespräch ist die Einrichtung eines gesundheitspräventiven Angebots, doch Konkretes gibt es dazu noch nicht. Auch Investoren für Eigentumswohnungen klopfen immer wieder an – nicht gerade zur Freude der Gemeinde: „Darauf haben wir immer schon gewartet“, erklärte Steigenberger mit ironischem Unterton. Doch ohne Zustimmung der Gemeinde geht für die Investoren nichts. Im Bebauungsplan ist das Gelände als Schulungszentrum mit Übernachtungsbetrieb deklariert.
Geklärt ist hingegen die Zukunft des gegenüber dem „Generali“-Schulungszentrum gelegenen Grundstücks. Dort wird für rund 8,2 Millionen Euro ein betreutes Wohnheim samt Tagespflege und Einrichtungen für das „Soziale Netz Bernried“ entstehen. Laut Steigenberger könnte für das Gemeinschaftsprojekt mit der „Ambulanten Krankenpflege Tutzing“ bereits im Herbst 2019 Baubeginn sein. „Ich kann es nicht garantieren. Aber das ist unser Ziel“, so der Rathauschef. Nach einer zweijährigen Bauphase würden dann 25 Wohneinheiten und bis zu 18 Plätze in der Tagespflege zur Verfügung stehen. Die Gemeinde hat sich das Belegungsrecht für zwölf Wohnungen einräumen lassen.
Bei den benachbarten „LVA-Häusern“ bestimmt man indes über alle 24 Wohnungen – ohne mit Verwaltungsaufgaben betraut zu sein. Der neue Eigentümer, die kommunal und vom Landkreis getragene „Wohnbau GmbH Weilheim“, plant laut Steigenberger eine Aufstockung der vier Häuser. Auch soll eventuell die bestehende Garagenzeile in ein Wohn- und Geschäftshaus umfunktioniert werden.
Steigenberger spannte in der Versammlung thematisch einen weiten Bogen – von der Betreuung der Asylbewerber („Es wird viel über Integration gesprochen, bei uns funktioniert sie“) über die Sanierung des Sommerkellers („Das wird eine Wahnsinns-Event-Location“) und die polizeiliche Präsenz („Ein Streifenwagen in der Nacht für die ganze Inspektion Penzberg ist zu wenig“) bis hin zum Breitbandausbau („Zugegeben, 50 Mbit werden nicht immer erreicht“) und die dörfliche Bevölkerungsentwicklung: „Rund um den See sind wir die Zwergerl. Wir wollen nicht das schnelle Wachstum“, so Steigenberger. Doch auch Bernried spürt den Siedlungsdruck der „Metropolregion München“. Das wiederum, so Steigenberger, wirke sich auf die Immobilien- und Mietpreise im Dorf aus. Der Bodenrichtwert werde nächstes Jahr über 700 Euro liegen.
In der Fragerunde wurde unter anderem das Thema „MVV“ angesprochen. Bernried ist die einzige Gemeinde am Starnberger See, die nicht in das Bahn- und Bustarifsystem eingebunden ist. „Es gibt Bemühungen, das zu ändern“, erklärte Steigenberger. Es sei schlichtweg „nicht tragbar“, dass ein Einzelbahnticket von Bernried nach Tutzing 3,50 Euro koste. Die Verhandlungen mit dem MVV würden sich jedoch schwierig gestalten: „Die Stadt München hat ein gewaltiges Mitspracherecht. Und die spreizt sich noch.“
Bald kostenloses „Gästeticket“
Keine Probleme gibt es hingegen mit dem RVO. Wie Steigenberger ankündigte, wird es wohl bald ein kostenloses „Gästeticket“ für Touristen und Ausflügler geben – finanziert aus den Kurbeiträgen (über 50 000 Euro pro Jahr). Auf Nachfrage stellte Steigenberger klar, dass die Kurtaxe nur zweckgebunden, also für die touristische Infrastruktur, verwendet werden dürfe. Bezüglich der Busticket-Einführung gebe es aber einen Nebeneffekt, der auch den Bernriedern zugutekäme: „Die Taktfrequenz der Busse wird sich erhöhen.“
Bei den Ehrungen verdienter Menschen kam diesmal der Nachwuchs zum Zug: Die Geschwister Paula, Vincent und Vitus Philipp wurden für ihr Engagement im Bereich „Naturschutz“ mit Urkunde und Kino-Gutschein ausgezeichnet. Gemeinsam mit ihrer Tante, der Gemeinderätin Christine Philipp, kümmern sie sich schon seit ein paar Jahren um die Pflege der „Afra-Wies“ im Süden von Bernried.
Bernhard Jepsen