Bräutigam soll Gast bei Hochzeitsfeier brutal niedergetreten haben

Die Vorwürfe gegen den Bräutigam sind schwer. Auf einer Hochzeitsfeier soll der Frischvermählte einen Gast brutal getreten haben. Wie konnte das überhaupt passieren?
Bernried – Für die einen war der 14. Juni 2017 der schönste Tag ihres Lebens, für Sönke L. war es einer seiner schlimmsten. Der Ingenieur aus Esslingen (Baden-Württemberg) feierte als Gast auf einer Hochzeit im edlen Schloss Höhenried am Starnberger See. Doch die Stimmung war schon kurz nach dem Eröffnungstanz des Brautpaares vergiftet. Sönke L. geriet zuerst mit dem ehemaligen Lebensgefährten seiner Freundin aneinander und wurde dann – so behauptete er gestern vor dem Landgericht München II – von hinten brutal niedergetreten. Die schlimme Verletzung: achtfacher offener Bruch des rechten Unterschenkels. Der angebliche Täter ist ausgerechnet der Bräutigam Andreas B.
Der Tutzinger soll die beiden Streithähne voneinander getrennt, dabei Sönke L. nach hinten weggezogen und dem 38-Jährigen das Bein durchgetreten haben. Zum Disput zwischen den beiden Männern sei es gekommen, weil der Ex-Freund von Sönke L.s Freundin bereits den gesamten Abend über provoziert haben soll. Sönke L. sagte im Gespräch mit unserer Zeitung: „Er zeigte mir den Stinkefinger, auf der Toilette schlug er mir plötzlich den Ellenbogen gegen die Brust und schüttete mir ein Glas Wein ins Gesicht.“ Da platzte Sönke L. offenbar der Kragen. Er habe seinem Gegenüber, wie er sagt, zwei oder drei Ohrfeigen verpasst – damit endlich Ruhe sei. Dann soll es kurz nach Mitternacht zu der verhängnisvollen Situation gekommen sein.
Bräutigam Andreas B. soll den Kampf von der Tanzfläche aus beobachtet haben. Laut eines Zeugen, dem Arzt Dr. Florian B., habe er Sönke L. nach hinten gezogen. Plötzlich sei der am Boden gelegen, mit einer stark blutenden Wunde am Unterschenkel. Sönke L. sagt: „Ich spürte einen Tritt. Wie soll es denn sonst zu der Verletzung gekommen sein?“ Auch für seinen Anwalt Norman Synek ist die Sache klar: „Von einem Sturz kommt so etwas nicht. Das kann jeder ärztliche Gutachter bestätigen.“
Sönke L. fordert 20.000 Euro Schmerzensgeld
Während parallel gegen Andreas B. strafrechtlich wegen Körperverletzung ermittelt wird, kam es jetzt vor dem Zivilgericht zum Schmerzensgeldprozess. Sönke L., der auch über ein halbes Jahr später unter akuten Schmerzen leidet und seinen Beruf in gewohnter Form nicht mehr ausüben kann, fordert 20.000 Euro. Laut Anwalt Norman Synek solle das Gericht zudem prüfen, ob B. obendrein Schadensersatz zahlen müsse.
Der Prozess wird sich voraussichtlich über mehrere Verhandlungstage ziehen. Für den Vorfall auf der Hochzeitsfeier gab es mehrere Augenzeugen. Doch bislang will niemand gesehen haben, dass Andreas B. zugetreten habe. Auch er selbst weist jede Schuld von sich. Die Verhandlung wird am 17. April fortgesetzt.
Johannes Heininger