Mit einer „Fahrt im Nebel und einer Sicht bis zum nächsten Straßenpfosten bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h“ verglich Merk die Lage. Um das Reiseziel zu erreichen, müsse die Reisegeschwindigkeit nun gedrosselt werden.
Ein großes Problem: Viele der derzeit laufenden Kredite waren drei Jahre tilgungsfrei und müssen nun bedient werden. Daher sei absehbar, dass der Landkreis 2024 Schulden machen muss, um seine Schulden abzahlen zu können. Hinzu kommen kostspielige Investitionen, die den Landkreis erwarten, wie die neue Turnhalle in Weilheim, die Sanierung der Realschulen Peißenberg und Penzberg und der Weilheimer FOS/BOS sowie die Bereitstellung und Instandhaltung der Asylbewerberunterkünfte.
„Bisher haben wir von hoher Liquidität profitiert, nun müssen wir aus der Liquidität Schulden machen“, bedauerte Merk. Das wichtigste im 229,697 Millionen Euro umfassenden Gesamthaushalt, dessen Schuldenstand am Ende des Jahres voraussichtlich 80 Millionen Euro beinhaltet, sei daher die Priorisierung.
Dem stimmte auch Michael Marksteiner (Freie Wähler) zu: „Die fetten Jahre sind vorbei. Wir müssen höllisch aufpassen, dass die Weichen, die wir jetzt stellen, uns in Zukunft nicht überlasten.“ Hierfür sprach sich auch Rüdiger Imgart (AfD) aus: „Alle Ausgaben müssen auf den Prüfstand. Wir müssen Geld einsparen.“ Vizelandrat Wolfgang Taffertshofer (BfL) war sich ebenfalls sicher. „Wir müssen den maximal ausgestatteten Wunschzettel auf das Notwendigste reduzieren und auf das Machbare beschränken“. Dazu brauche man „Mut, auch mal kleinere Schritte zu gehen.“
Doch welche Schritte das nun tatsächlich sind, darüber waren sich die Rät*innen nicht einig. Denn vor allem, dass der Klimaschutz in den Hintergrund treten soll, gefiel einigen nicht. „Die Umstellung der Energieversorgung hat ein ähnliches Gewicht wie die IT“, fand Stefan Emeis (Grüne). Er plädierte dafür, das Geld effektiv einzusetzen, um den CO2-Ausstoß zu senken und nicht nur für symbolischen Klimaschutz, der nichts nutze. Parteikollegin Brigitte Gronau pflichtete bei: „Wir brauchen mehr Geld, aber wir brauchen auch einen ganz starken Willen.“ Markus Kunzendorf (ÖDP) war gleicher Meinung: „Das Erreichen des Klimaziels hat oberste Priorität.“ Weiter kritisierte er Entscheidungen, die zu massivem Flächenfraß führen.
Jochner-Weiß versuchte die Gemüter hinsichtlich dieses Themas zu beruhigen: „Wir tun, was wir können“, verwies sie auf die Wichtigkeit der energetischen Sanierung von Schulen und anderen Gebäuden, für die das Landratsamt zuständig ist.
Susann Enders (Freie Wähler) schätzte die Lage in Sachen Klimaschutz völlig anders als viele ihrer Kolleg*innen ein: „Krisen gehen vor Klimaschutz. Bitte kommt in der finanziellen Realität an.“ In diese Realität wünschte sich auch Friedrich Zeller (SPD) zurück: „Ich bin kein Contra-Typ“, leitete er seinen Redebeitrag ein. Jedoch sei er seit Jahren gegen die derzeitige Form der Haushaltswirtschaft des Landkreises und würde daher gegen den Haushalt 2022 stimmen. „Es ist ein Offenbarungseid“, befürchtete er ein „Stocken und Tarocken in den nächsten Jahren.“ Der ehemalige Landrat sah nur einen Ausweg: „Wir brauchen eine grundlegende Haushaltskonsolidierung, um handlungsfähig zu bleiben.“ Den Vorwürfen Zellers widersprach Kämmerer Merk mit Blick auf die vielen Projekte, die in den letzten Jahren realisiert worden seien: „Es ist eine angemessene Verschuldung für diese Aufgaben.“ Gegen die Aussagen ihres Vorgängers schoss auch die Landrätin: „Der Investitionsstau ist eine Katastrophe“, sagte sie später in Richtung Zeller. „Es war eine Meisterleistung, was wir in den letzten Jahren geschafft haben.“ Schließlich wurde der Haushalt gegen elf Stimmen genehmigt.
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