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Straffällig gewordene Jugendliche helfen bei Waldumbau

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Von: Bernhard Jepsen

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Sebastian Gut und sein Kollege Sebastian Allgeyer (Sozialpädagoge) packten im Rechtlerwald mit an. Ebenfalls auf dem Bild: Sonja Scheurer und Franz Gerold.
Waldpflege und pädagogische Maßnahme in einem: (v. li.) Sebastian Gut und sein Kollege Sebastian Allgeyer (Sozialpädagoge) packten im Rechtlerwald mit an. Ebenfalls auf dem Bild: Sonja Scheurer und Franz Gerold (Vertreter der Wald-Rechtler). © Jepsen

Weilheim/Polling – „Mit Hand, Kopf und Herz für den Waldumbau“: Unter diesem Motto läuft eine Kooperation zwischen dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) sowie dem Gmünder Hof in Weilheim. Wie bei einem Pressetermin zu erfahren war, geht es bei der Partnerschaft um „Jugendpflege im doppeldeutigen Sinn“. 

Im Zuge des Klimawandels müssen die heimischen Wälder umgebaut werden. Das erfordert nicht nur die Pflanzung von klimastabilen Baumarten, sondern auch deren Pflege. Beides fällt in den Zuständigkeitsbereich des AELF. Doch was hat das mit dem von der Brücke Oberland betriebenen Gmünder Hof zu tun, der sich unter dem Label „soziale Landwirtschaft“ der ambulanten Kinder-, Jugend- und Familienhilfe verschrieben hat?

Der Gmünder Hof betreut unter anderem Jugendliche mit Benachteiligungen oder mit Auffälligkeiten im strafrechtlichen Bereich. Zwei aus der zuletzt genannten Kategorie halfen nun im Pollinger Rechtlerwald am Butterberg bei der Waldarbeit. Unter fachmännischer Leitung der beiden Förster Sonja Scheurer und Marco Walbrecker schnitten die Jugendlichen gemeinsam mit ihren sozialpädagogischen Betreuern junge Laubbäume von umliegenden Fichten frei. Ein Projekt, das nicht nur praktischen Nutzen haben sollte.

Scheurer sprach beim Pressetermin im Rechtlerwald von einer „Win-win-Situation“ und eben von „Jugendpflege im doppeldeutigen Sinn“. Denn, wie Kollege Marco Walbrecker erläuterte, „muss auch beim Wald in die Erziehung der jungen Bäume eingegriffen werden“. Der Klimawandel zwingt die Forstämter dazu, den Waldbestand neu auszurichten. Die Fichte als Hauptbaumart in der Region kommt angesichts der zunehmend höheren Temperaturen und Trockenperioden an ihre ökologischen Grenzen. Deshalb sollen die Monokulturen peu à peu durch resiliente Baumarten durchmischt werden. Die Nachpflanzungen müssen aber gehegt und gepflegt werden. „Es gibt viel zu tun“, konstatierte Scheurer: „Wir wollen einen vielfältigen Wald.“ Der Fokus liegt dabei auf Laubhölzer. Doch bis die jungen Bäume groß werden, dauert es. Die Kronen müssen immer wieder vom umliegenden Fichtenbewuchs freigeschnitten werden – und da kommen die Jugendlichen vom Gmünder Hof ins Spiel.

Das Jugendstrafrecht ist so konzipiert, dass nicht nur Bestrafungen ausspricht, sondern auch pädagogische Begleitung anbietet. Genau dieses Ziel verfolgt der Gmünder Hof bei der Beteiligung an der Waldpflegeaktion. „Die jahrelange Erfahrung hat gezeigt, dass Arbeit ein gutes Medium ist, um ins Gespräch zu kommen“, betonte Sebastian Gut, der Leiter des Gmünder Hofs, beim Pressetermin. Bei der Waldpflege gehe es unter anderem um die Fragen, welche Baumarten zukunftsfähig sind und wie intensiv der Eingriff in weniger resiliente Stämme sein muss. Das wiederum seien Parallelen und Metaphern für die eigene Lebensplanung. „Die Jugendlichen sollen sich fragen, wo geht mein Leben hin, wo will ich investieren und wo geht vielleicht auch etwas verloren“, so Gut.

Bei den beiden Jugendstraftätern, die beim Pressetermin anonym bleiben wollten, fand die Pädagogik Anklang. „Recht gut“ gefalle ihm die Arbeit in der freien Natur, erklärte einer der Jugendlichen auf Nachfrage. Die Waldpflege sei trotz der körperlichen Belastung mit Pausen gut zu schaffen. Im Zuge des Arbeitseinsatzes würde er die Zusammenhänge im Wald und die Einflüsse des Klimawandels nun wesentlich besser verstehen. „Es hat mir auf jeden Fall etwas gebracht“, bestätigte der Jugendliche.

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