100 Minuten Seligkeit mit "The Notwist"

Murnau/Spatzenhausen - Die Luft war rein im „Sperrgebiet“ bei Spatzenhausen, als „The Notwist“ am Sonntagabend den 20. „Kulturknall“ zum Höhepunkt führten.
Die Frische, die kurz vor dem heiß ersehnten Auftritt der Weilheimer Ur-Band ein kurzer, aber heftiger Gewittersturm übers traumhafte Festivalgelände gefegt hatte, passte bestens zum bestechend klaren und zugleich hypnotisierenden Auftritt der immer noch wichtigsten Indie-Band Deutschlands vor wohl tausend Fans.
„Hands“ - ein neuer, doch in vertrauten Klanggefilden schwelgender Song - ließ das erste „Notwist“-Heimat-Gastspiel seit langem magisch beginnen; mit „Gone Gone Gone“ verflüchtigte sich rund 100 Minuten später in der dritten Zugabe alles wieder. Dazwischen: 100 Minuten Abtauchen in eine Sphäre jenseits von Zeit und Raum, 100 Minuten Seligkeit. Und hinterher waren sich nicht nur die vielen Weilheimer Fans und Weggefährten einig: Markus Acher, Micha Acher und Martin Gretschmann, der Kern der live zu sechst agierenden Band, haben nichts verlernt. Vielleicht musizierten sie sogar noch nie so klar, so gut wie heute.
Es war praktisch ein „Best of“, das „The Notwist“ an diesem Abend boten: Klassiker wie „Pilot“, „Neon Golden“ oder „Pick Up The Phone“, das allerschönste Telefonlied weltweit, das die Mobilfunkwerbung auch für viel Geld nicht bekommen hat. Dazwischen aus rockigeren Tagen „Puzzle“ und am Ende natürlich das sterbensschön ruhige „Consequence“... Und doch hat man all das noch nie so gehört wie an diesem Abend. Mal waren die Intros neu, mal wurde mit höchstem Technikeinsatz improvisiert (und Jazzstar Johannes Enders erschien für ein Saxophongewitter auf der Bühne), mal gingen Lieder ineinander über, dass es kein Ende, keinen Anfang gab. „The Notwist“ hatten dieses Konzert perfekt vorbereitet, sie haben es mit höchster Konzentration bestritten, und sie spielten mit viel Seele. Wenn Sänger Markus Acher am Ende leise dankte: „Das hat uns sehr viel Spaß gemacht“, dann war das für seine Verhältnisse geradezu ein Gefühlsausbruch.
Vollwertige Live-Mitglieder waren der fabelhafte Schlagzeuger Andi Haberl, Vibraphonist Karl Ivar Refseth und Max Ehwald (Gitarre/Keyboards). Sie sorgten für einen ungemein satten, runden Sound, der bei diesem „Kulturknall“ noch dazu perfekt abgemischt war. Purer Genuss für die Ohren.
Magnus Reitinger