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Viel Unsicherheit beim Datenschutz

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Von: Christoph Peters, Stephanie Uehlein

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Sie beschäftigt den Handwerksbetrieb genauso wie den Sportverein: die neue, EU-weit gültige Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Noch gibt es viel Unsicherheit.

Landkreis – Welch großen Aufklärungsbedarf die neue Verordnung auslöste, erfuhr die Geschäftsstelle Weilheim der Industrie- und Handelskammer (IHK), als sie zu ihrer ersten DSGVO-Schulung einlud: Nach einem halben Tag war die dreistündige Veranstaltung, die für 75 Besucher gedacht war, ausgebucht, wie Geschäftsstellenleiter Jens Wucherpfennig berichtet. Selbst als die IHK für denselben Tag noch ein weiteres Seminar ansetzte, reichten die Plätze nicht. Am Ende schulten zwei Datenschutzbeauftragte in drei Seminaren am 24. April rund 220 Menschen aus verschiedenen Branchen. Weitere Schulungen der IHK Weilheim zur DSGVO folgten und sind auch noch geplant.

Die Buchhaltung in Betrieben wird durch die Verordnung genauso gefordert wie die Kundenbetreuung und die Verantwortlichen für den Internetauftritt. Wucherpfennig gewann bei den Seminaren den Eindruck, dass ein Teil der Teilnehmer schon gut auf die Neuerungen vorbereitet war. Andere dagegen hätten mit Entsetzen darauf reagiert, was auf sie zukommt. Der Geschäftsstellenleiter sieht einen riesigen, durch die DSGVO verursachten bürokratischen Aufwand, der für die Betriebe „fast nicht mehr zu händeln“ sei.

Große Unsicherheit bei Betrieben

Ein „enormes Anrufaufkommen“ in Sachen „DSGVO“ verzeichnete Roland Streim von der Kreishandwerkerschaft Oberland, der rund 700 Betriebe angehören. „Die Unsicherheit ist groß.“ „Einen Vorteil kann ich da nicht erkennen“, sagt Streim über die DSGVO. „Mir tut es wahnsinnig leid für die Betriebe draußen.“ Diese hätten ohnehin – von der Arbeitssicherheit bis zu vollen Auftragsbüchern – viele Herausforderungen. Auch die Kreishandwerkerschaft will Schulungen zur neuen Verordnung anbieten. Bis es so weit ist, erhalten Mitgliedsbetriebe bereits telefonisch und per E-Mail Informationen, oder sie werden an Ansprechpartner wie Juristen von Fachverbänden weitervermittelt. „Jeder Betrieb tickt anders“, so Streim, zum Beispiel müsse der eine aufgrund der Neuregelungen einen Internetbeauftragten benennen, der andere aber nicht.

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Roland Streim, Geschäftsführer der Kreishandwerkschaft Oberland. © Ruder

Dass viele noch gar nicht mitbekommen haben, was sie beim Umgang mit Daten künftig alles berücksichtigen müssen, vermutet Norbert Kunz, Inhaber der Kletterhalle in Weilheim. Die neue Verordnung sei „eine Masse an Text in Amtsdeutsch“. „In den letzten drei Wochen war ich unternehmerisch fast nicht mehr aktiv“, sagt Kunz – es sei vor allem darum gegangen, die DSGVO einzuhalten. Er habe den Internetauftritt genauso überprüft wie datenschutzrechtliche Verträge mit Mitarbeitern abgeschlossen. Kunz ist sich ziemlich sicher, dass viele kleine und mittelständische Betriebe gar nicht in der Lage sind, bei der DSGVO durchzublicken. Nicht jeder könne sich Profis als Berater leisten, so der Geschäftsmann, der sich viel Wissen über die EU-Verordnung selbst angeeignet hat, sich aber für die Internetseite der Kletterhalle auch Unterstützung durch ein Softwarehaus holte.

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Norbert Kunz sieht die DSGVO als Textmasse in Amtsdeutsch. © Gronau

Auch Vereine müssen sich mit den neuen Regeln beschäftigen

Mit den neuen Datenschutz-Regeln müssen sich auch Vereine auseinandersetzen. Dieter Hammerla vom etwa 1450 Mitglieder starken TSV Penzberg hat sich deshalb bereits weitergebildet. „Es ist sehr erheblich, welche Daten erhoben werden“, sagt der zweite TSV-Vorsitzende. „Minimaldaten“ über ein Mitglied stünden einem Verein zu, um den Mitgliedsbeitrag einzuziehen. Fotos, die veröffentlicht werden, seien dagegen ein „sehr heikles Thema“. Auf die Nachricht, dass die Homepage des TSV aktuell fast fotolos ist, reagierte Hammerla überrascht. Er habe im Vereinsausschuss die Klage- und Abmahnwelle angesprochen, das habe offenbar zur Löschung von Aufnahmen geführt – es müsse aber nicht bei der kargen Bebilderung bleiben. Auch um den Umgang mit Fotos ging es bei einem Vereinsforum, das die Koordinierungsstelle „Bürgerengagement“ (KOBE) am Landratsamt zur DSGVO ausrichtete. Auch dieser Termin fand regen Anklang: Über 60 Ehrenamtliche aus dem Landkreis waren dabei.

Dieter Hammerla vom TSV Penzberg findet, dass vieles rund um die DSGVO noch nicht 100-prozentig klar ist. Mit der neuen Verordnung habe man Große im Internet wie „Google“ und „Facebook“ in die Schranken weisen wollen – „aber man trifft die Allerkleinsten, die ohnehin schon vorsichtig waren“.

Dokumentationsaufwand ist groß

Auch Kommunen sind von den neuen Regelungen betroffen. Besonders der Dokumentationsaufwand, der für den Umgang mit den sensiblen persönlichen Daten der Bürger geleistet werden muss, ist groß und sorgt in den Verwaltungen seit Monaten für viel Arbeit. Peitings Bürgermeister Michael Asam beklagte deshalb jüngst öffentlich im Bauausschuss die „überzogene Bürokratie“.

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