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Mit Eleganz und Schwung: „Goldmund-Quartett“ überzeugt in Polling

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Werke von Mozart und Brahms, aber auch Zeitgenössisches von Fazil Say spielte das „Goldmund-Quartett“ mit großer Souveränität in Polling. © Ruder

Mit dem „Goldmund-Quartett“ zum Programmfinale ist die Kammermusikreihe der Münchner Konzertdirektion „Hörtnagel“ in die Sommerpause gegangen. Es war deren zweiter Auftritt.

Polling – Bereits 2016 im Pollinger Bibliotheksaal bejubelt, eröffneten die sympathischen Künstler ihr Konzert mit Mozarts G-Dur-Quartett. Versetzt man sich kurz in dessen Entstehungszeit am Anfang von Mozarts Wiener Jahren hinein, erschließt sich sein Stellenwert vielleicht sogar noch klarer. Mozart verlässt gegen den Willen des Fürsten und gegen den des übermächtigen Vaters Salzburg, heiratet, komponiert als freischaffender Künstler solchermaßen kompromisslos, dass er Erstdrucke aus Italien retourniert bekommt mit dem Hinweis, es seien dort lauter Druckfehler zu finden. Irrtum, es handelte sich um Mozarts Originaltext.

Das „Goldmund-Quartett“ zeigt bereits zu Beginn, dass es an Eleganz und Kultiviertheit des Klangs zugelegt hat. Mit herrlichem Schwung und großer Zärtlichkeit wird musiziert. Transparent und leicht, ohne auch nur einen Millimeter ins Seichte abzugleiten, kostet man die Appoggiaturen Mozarts im Kopfsatz aus. Gestaltet wird aus einem Guss heraus, glänzend und goldfarben.

Die Musiker finden zu einem geistvollen, ganz homogenen Klangverständnis in diesem Werk. Wie ein schwebender Reigen, getragen von großer Behutsamkeit, fühlt sich das „Goldmund-Quartett“ ins Andante hinein. Der Hörer erlebt einen extrem geschmackvollen Mozart mit wunderbar virtuoser Spielfreude. Heißt es „Molto allegro“, taucht man einfach hinein ins Glücksgefühl.

In völligem Kontrast dazu steht das Streichquartett „Divorce“ des Pianisten, Komponisten und Aktivisten Fazil Say. „Jeder Komponist schreibt den Soundtrack für seinen persönlichen Film“, beschrieb Say in einem Interview seine Arbeit. In diesem „Scheidungs“-Quartett verarbeitet der in Ankara geborenen Endvierziger persönliche Erfahrungen zu einem packenden musikalischen Beziehungsdrama in drei Sätzen. Mit fast symphonischem Sound beginnend, dann sehr secco, perkussiv prallen die Wortfetzen aufeinander. Selbst die Viola muss noch einmal nachmaulen, kann am Ende des Kopfsatzes keine Ruhe geben. Es ist ein Tasten, Suchen und Gleiten, um im Andante doch den richtigen Umgangston zu finden. Vorsichtig streckt man sich die Hand zur Versöhnung entgegen, klebt aber doch an seiner Position. Says stark assoziative Bilder fesseln wie Filmmusik. In orientalischer Rhythmik zürnt das finale Presto. Der Mut zu Aggressivität und Hässlichkeit besitzt aber immer noch eine Portion Wohlklang. Am Ende strahlt ein vitaler, über 80-jähriger Zuschauer begeistert: „War das nicht unglaublich spannend?“. Großer Jubel für zeitgenössische Musik wie in diesem Fall ist nicht häufig in Polling zu hören.

Brahms’scher Maienduft durchweht den in Pastell leuchtenden Saal nach der Pause beim wogenden, oft beinahe tänzerisch wirkenden Brahms. Nicht düstere Melancholie, sondern satte Akkorde, helles Singen zeichnet das a-Moll-Quartett an diesem Abend aus. Das Spiel mit den Farben, das rasche Umschalten der Stimmungen gelingt intensiv und dicht, bleibt auf gleich hohem Niveau. Energisch und souverän fasst man den Schluss.

Radio-Übertragung

Ein Trost für alle, die diesen Abend verpasst haben: Der BR war zu Gast und hat mitgeschnitten. Am Samstag, 16. Juni, ab 15.05 Uhr ist das „Goldmund-Quartett“ also in „BR Klassik“ zu hören.

Von Dorothe Gschnaidner

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