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Nazi-Märsche werden von der Wiesn verbannt - Weilheimer Stadtkapelle sieht es kritisch

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Nachdem ein Nazi-Marsch auf der Wiesn 2017 für Aufsehen sorgte, sollen diese nun durch eine Liste verbannt werden. Die Kapellen sehen das kritisch.

München/Weilheim - Nachdem drei Mitglieder des Stadtrats der Fraktion Die Grünen/Rosa Liste am 9. Oktober 2017 einen Antrag stellten, Nazi-Märsche von der Wiesn zu verbannen, beantwortete der Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) nun diese Forderung. 

Anlass für den Antrag war, dass die Zillertaler-Blaskapelle im vergangenen Jahr mit dem „Standschützenmarsch“ ein umstrittenes Lied aus der Nazi-Zeit gespielt hatte. Der Komponist des Liedes, Sepp Tanzer, dirigierte am Brenner einst sogar vor den Diktatoren Hitler und Mussolini.

Grüne wollen Nazi-Musik verbannen 

In einem Brief reagierte Schmid nun auf den Antrag der Grünen-Fraktionsmitglieder, die im vergangenen Jahr gefordert hatten, dass die Stadtverwaltung sicher stelle, dass weder in Festzelten noch beim Trachten- und Schützenumzug Musik gespielt wird, die zur Verherrlichung nationalsozialistischer Ideologie komponiert wurde. Um dies zu gewährleisten soll das Kulturreferat beauftragt werden, eine Liste einschlägiger Stücke, deren Abspielen verboten ist, zu erstellen. Diese „rote Liste“ soll dann im Vorfeld den teilnehmenden Kapellen übermittelt werden.

„Eine Empfehlung ist kein Verbot“

Für Stadtratsmitglied Dominik Krause war klar, dass es eine strengere Verordnung hinsichtlich solcher Lieder geben müsse. Denn: „Der Vertreter des Zillertaler Blasmusikverbands hat sich damals schon so ein bisschen herausgeredet“, so Krause. Franz Hauser als Obmann des Zillertaler Blasmusikverbandes entgegnete auf Rückfrage der SZ damals, dass es ein schöner Marsch sei und es habe zwar eine Empfehlung gegeben, dieses Lied nicht zu spielen, aber „eine Empfehlung ist schließlich kein Verbot “. Man spiele das Lied nicht weil der Komponist eine Nazi-Vergangenheit habe, so der Obmann damals.

Weilheimer Kapelle steht der Liste kritisch gegenüber

Rainer Heinl, der Vorstand der Stadtkapelle Weilheim, die ebenfalls auf der Wiesn spielt, äußerte sich gegenüber unserer Redaktion recht kritisch zum Antrag der Grünen. Er pflichtet der Meinung von Franz Hauser bei: „Letztlich kann der Marsch ja nichts dafür, dass der Komponist ein Idiot war“. Weiter halte er den Antrag für überzogen.

Ob auch die Stadtkapelle Weilheim solche umstrittenen Lieder in ihrem Repertoire hat, könne er nicht mit absoluter Sicherheit beantworten, da der Verein seit 1912 bestehe und sie insgesamt über 1000 Lieder in ihrem Fundus haben. Doch es wird deutlich, dass Herrn Heinl nicht ganz klar ist, was denn jetzt genau in die verschmähte Kategorie einzuordnen ist - und damit ist er kein Einzelfall.

Für Aufsehen sorgte auch ein umstrittenes Lied in Nürnberg, berichtet Merkur.de.

Grünen fordern Liste mit Tabu-Liedern

Für die Grünen war der Vorfall vom letzten Oktoberfest - entgegen der Meinung der Vereine - aber Anlass genug, um eine konkrete Liste mit verbotenen Liedern zu fordern. Insbesondere weil die Kapellen sich im letzten Jahr ziemlich einfach aus der Affäre ziehen konnten, bestand laut Dominik Kraus also die Notwendigkeit die Tabus in diesem Jahr - und wegweisend für die kommenden Oktoberfeste - eindeutig festzumachen.

Auf dieser dürfte dann auch bald der berüchtigte „Standschützenmarsch“ wiederzufinden sein. Eine Strophe aus dem Marsch lautet: "Hellau, jetzt soll's zum Kampfe gehn, mir Buam fürchten's nit.“

Oktoberfest-Verordnung dient als Vorlage

In seinem Brief wies Schmid darauf hin, dass das geforderte Verbot bereits durch die Oktoberfest-Verordnung formal ausgesprochen ist. Diese besagt unter anderem, dass es den „Beschickern und Beschickerinnen der Festwiese“ - darunter auch den Vereinen und Kapellen - nicht erlaubt ist, rechtsextremistische Parolen zu äußern und zu verbreiten. Damit wird auch das Spielen von Musik, die zur Verbreitung der Nazi-Ideologie komponiert wurde, verboten. 

Festwirte wurden erneut angeschrieben

Zur besseren Einhaltung der Regelungen veranlasst das Referat für Arbeit und Wirtschaft nun weitere Maßnahmen. Primär werden alle zum Oktoberfest zugelassenen Festwirte erneut angeschrieben und zum Befolgen der Regelung aufgefordert. Des Weiteren werden die Festwirte gebeten, die Musikkapellen vertraglich zur Einhaltung zu verpflichten.

Auch im Zuschussvertrag für den Festring München e.V. wird die obige Klausel aufgenommen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass sowohl der „Einzug der Wiesnwirte“ als auch der „Oktoberfest Trachten- und Schützenzug“ reibungslos abläuft. Zu diesem Zwecke werden die Musikkapellen der beiden Festumzüge vertraglich dazu verpflichtet keine Musik, die zu Propaganda-Zwecken komponiert wurde oder rechtsextremistische Inhalte aufweist, zu spielen.

Lesen Sie jetzt auch: „Weil sich die Stadt offenbar verkalkuliert hat, könnte Wiesn-Bier richtig teuer werden“

ang 

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