„Was die Welt macht, gehört vor Gericht“

Der Kabarettist Christian Springer setzt sich ein, um soziale und politische Missstände anzuprangern. Peißenberger Mittelschüler unterstützen ihn dabei.
Peißenberg – Man weiß von Christian Springer, dass er kein oberflächlicher Kabarettist ist, sondern ein Satiriker, der gesellschafts- und sozialpolitische Missstände tiefgründig und schonungslos anprangert. Der 52-jährige Münchener, der im Fernsehen unter anderem in der BR-Kabarettsendung „Schlachthof“ zu sehen ist, offenbart bei seinen Auftritten Authentizität und Leidenschaft. Man spürt: Die Themen sind ihm ein Anliegen – nicht nur im medialen Rampenlicht, sondern zum Beispiel auch bei seinem Besuch in der Josef-Zerhoch-Mittelschule.
Eine Spende hatte ihn nach Peißenberg geführt. Im Rahmen des oberbayerischen Mittelschultags, der unter dem Motto „Respekt kennt keine kulturellen Unterschiede“ stand, organisierten die Lehrkräfte Marion Jung und Daniela Petrascu einen Sponsorenlauf. Die Resonanz von Schülern, privaten Geldgebern und des Elternbeirats war groß, 1400 Euro kamen zusammen. Der Betrag, das war schnell klar, sollte an den von Springer 2012 ins Leben gerufenen Verein „Orienthelfer“ gespendet werden. Die gemeinnützige Organisation leistet in den Krisengebieten des Nahen Ostens humanitäre Hilfe, unter anderem beteiligt man sich an der Finanzierung von Bildungsprojekten wie zum Beispiel Nachhilfeschulen, die syrische Flüchtlingskinder im Libanon auf das dortige Schulniveau heben sollen. „Mir imponiert sein Durchhaltevermögen und sein Anliegen, Kindern Perspektiven zu bieten“, lobt Verbindungslehrerin Gaby Zeitler Springer: „Meine Schüler waren von den Geschichten betroffen. Während sie selbst in der modernsten Schule Bayerns sitzen, humpeln manche syrische Flüchtlingskinder auf einem Bein zum Unterricht in provisorische Behausungen. Da knallen zwei Welten aufeinander.“
Springer nahm den Spendenscheck der Mittelschule mit großer Freude entgegen – weil der Obolus seiner Meinung nach ein Zeichen dafür ist, dass die syrischen Flüchtlinge trotz des nachlassenden Medieninteresses „von einigen eben noch nicht vergessen sind“. Wie bei seinen Bühnenauftritten fand Springer bei seinem Besuch in Peißenberg deutliche Worte: Es sei ein „Verbrechen“, dass über vier Millionen syrische Kinder ihr Zuhause verloren hätten und nur jedes dritte davon eine Schule besuchen könne: „Das Recht auf Bildung ist in internationalen Gesetzen klipp und klar festgelegt. Kein Erwachsener darf Kindern den Zugang zu Bildung verweigern. Was die Welt dort macht, gehört vor Gericht.“ Springer berichtete von seinen Besuchen im Libanon: „Dort müssten jetzt eigentlich 550 000 syrische Kinder eingeschult werden. Aber das funktioniert nicht, weil es schlicht und einfach nicht geht.“ Der Kabarettist war auch schon mit bayerischen Spitzenpolitikern wie CSU-Innenminister Joachim Herrmann auf Exkursionsreisen vor Ort: „Die sind dann sehr betroffen und aufmerksam“, erzählte Springer. Doch die Rhetorik der Politiker in der Heimat sei oft eine andere.
In der Peißenberger Zerhoch-Mittelschule beschäftigt man sich mit den Themen „Integration“, „Toleranz“ und „Respekt“ nicht nur an speziellen Aktionstagen. Schüler aus Flüchtlingsfamilien oder mit Migrationshintergrund werden zum Beispiel in speziellen Kursen oder Übergangsklassen gefördert. Aber die Mittel, die die Bayerische Staatsregierung den Schulen dafür zur Verfügung stellt, sind knapp: „Erst hat man eine große Klappe – und dann kommt nichts. Das weiß die Öffentlichkeit nur nicht“, kritisierte der scheidende Rektor Hans Socher die verantwortlichen Politiker.
Bernhard Jepsen