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Wie ein schwer verletzter Rotmilan in Peißenberg gerettet wurde

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Anna-Maria Beyer (links mit Tochter Luisa) entdeckte den verletzten Rotmilan in ihrem Garten. Bei der Freilassung des Tiers durch Werner Schubert (r.) waren auch Beyers Ehemann Michael und Schwester Johanna Engel gespannt, ob der Greifvogel sich erholt hat. Krähen stürzen sich auf Rotmilan
Anna-Maria Beyer (links mit Tochter Luisa) entdeckte den verletzten Rotmilan in ihrem Garten. Bei der Freilassung des Tiers durch Werner Schubert (r.) waren auch Beyers Ehemann Michael und Schwester Johanna Engel gespannt, ob der Greifvogel sich erholt hat. Krähen stürzen sich auf Rotmilan © gallmetzer

Dramatische Szenen mit einer brutalen Verfolgungsjagd spielten sich vor sechs Wochen mitten über Peißenberg ab. Das Opfer: ein Rotmilanweibchen. Schwer verletzt wurde ihm geholfen, sodass vor kurzem die Freilassung anstand.

Peißenberg – Anna-Maria Beyer saß gerade mit einer Freundin auf der Terrasse und trank Kaffee, als ihr Gespräch plötzlich durch einen „riesen Schepperer“ unterbrochen wurde. „Erst haben wir gar nicht reagiert“, erinnert sich die Peißenbergerin an den 6. April. Doch schnell bemerkte sie, dass ein Lebewesen in ihrem Garten gelandet war. „Unter der Bank lag ein riesiger Vogel“, beschreibt Beyer die vorgefundene Situation. Erst habe sie gedacht, es sei ein Adler. Doch bald war klar: Ein Rotmilan, nach dem Adler der zweitgrößte heimische Greifvogel, der eine Spannweite von bis zu 165 Zentimetern haben kann, ist abgestürzt.

Ein riesen Schepperer

„Wir hatten schon ganz schön Respekt“, gesteht die junge Mutter. Der Rotmilan, so berichtet sie, sei wohl nach einem Kampf mit Krähen, den sie beobachtet hatte, an die Hauswand geknallt. Er habe geblutet und sich erbrochen, wie an einem Häufchen Würmern zu sehen war, habe aber trotzdem versucht, wieder zu starten. „Er ist zwar losgeflattert, aber ist dann gegen die Garagenmauer geknallt“, erzählt Beyer von den dramatischen Ereignissen in ihrem Garten. In einer Ecke sei er dann liegen geblieben und habe sich kaum noch bewegt. Nun begannen die beiden Freundinnen zu überlegen, was sie tun können. Die erste Idee: ein Anruf bei einem befreundeten Jäger. Dieser verwies umgehend an Naturschutzwächter Werner Schubert aus Böbing. „Wir haben ihn angerufen und er ist sofort gekommen“, sagt Beyer noch immer froh über diese Hilfe.

Schubert nahm sich des Vogels an. Das etwa vier bis fünf Jahre alte Weibchen hatte ein Schleudertrauma und eine Verletzung am Flügel. Die verarztete der Jagdpächter in seiner Waldhütte, in der er auch ein Gehege für derartige Fälle hat. Denn der Rotmilan ist nicht sein erster wilder Patient. Ob Waldkauz, Steinadler oder Falke: „Eigentlich habe ich jedes Jahr einen verletzten Gast“, so der Vogelexperte, der lange für das Umweltministerium und den Landesbund für Vogel- und Naturschutz Vögel beobachtete und erfasste, wie zum Beispiel bei einer Kartierung des Uhus in der Schnalz.

Anfangs war der Greifvogel extrem scheu

Anfangs sei der Greifvogel extrem scheu gewesen. „Er hat sich tot gestellt, sogar die Augen zugemacht, sobald ich reinkam“, amüsiert sich Schubert. Doch nach und nach fasste das Tier Vertrauen in seinen Retter. Der hielt immer wieder Fleisch an einem Stäbchen vor den Schnabel, irgendwann hat Lore – so taufte der 80-Jährige seinen Pflegling – gefressen.

Rehfleisch oder Hühnerküken kredenzte Schubert Lore einmal täglich. „Ich habe aber auch ganz artgerecht Mäuse mit der Falle gefangen“, sagt er und lacht. Denn das enthaltene Gewölle sei wichtig für die Gesundheit eines Rotmilans. Sechs Wochen lang wurde Lore umsorgt – bis sie wieder fit war.

Jetzt war dann der große Tag. Im gut verschnürten Karton ging es zurück nach Peißenberg und dann der alles entscheidende Moment: Auf Schuberts Hand mit dem dicken Handschuh breitet das Tier die Flügel aus und hebt ab. Doch dann der Schock: Zwei Krähen stürzen sich sofort auf Lore, die versucht auszuweichen, fliegt davon und bald ist nur noch eine ferne Silhouette zu erkennen. Sorgenvolle Blicke von Familie Beyer in den Himmel und auch Schubert wirkt ein wenig nervös, doch er ist zuversichtlich: „Sie ist stark. Die kommt schon durch.“

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