Viele fühlen sich längst als „Rochianer“ - „Oberland Werkstätten“ feiern in Penzberg Geburtstag

Seit zehn Jahren haben die „Oberland Werkstätten“ eine Außenstelle im Penzberger Biotechnologie-Werk von Roche Diagnostics. 36 Frauen und Männer mit geistigen, körperlichen oder seelischen Behinderungen arbeiten dort. Sie reparieren Fahrräder, etikettieren und verpacken Teströhrchen oder scannen Laborjournale. Viele von ihnen fühlen sich längst als „Rochianer“.
Penzberg – Stefan Leiß ist ein Mann der ersten Stunde. Der 46-Jährige arbeitet seit dem Jahr 2009 im Roche-Werk, genauer in der dortigen Außenstelle der „Oberland Werkstätten“. Bei Roche sei es toll, sagt er, er habe schon viele Roche-Mitarbeiter kennengelernt. Leiß ist der Fahrrad-Experte in der Außenstelle. Dazu muss man wissen, dass Roche einen eigenen Fahrrad-Fuhrpark mit rund 1000 Rädern hat – und die müssen gewartet werden. In der Fahrrad-Werkstatt reparieren vier Mitarbeiter der „Oberland Werkstätten“ jede Woche etwa 30 Fahrräder. Wie viele es in den zehn Jahren waren? „Das sind schon einige“, antwortet Leiß lächelnd.
Bei Roche: Mit Fahrrad-Werkstatt und Verpackung begann es
Mit der Fahrrad-Werkstatt und der benachbarten Verpackung – beide befinden sich im selben Gebäude auf dem Werkgelände – hat vor zehn Jahren alles begonnen. Zwar hatte Roche schon seit 1999 Aufträge an die „Oberland Werkstätten“ vergeben. Seit 2009 geschehen die Arbeiten jedoch in einer eigenen Außenstelle auf dem Werkgelände. Gefeiert wurde der runde Geburtstag am Donnerstag mit einem Festakt. Die Zusammenarbeit sei „ein Paradebeispiel gelungener Inklusion“, sagte Werkleiter Ulrich Opitz am Nachmittag. Die Frauen und Männer der „Oberland Werkstätten“ gehörten „fest zum Bild unseres Werkes“. Sie würden die Roche-Mitarbeiter „auf hervorragende Art und Weise unterstützen“.
Mit 19 Mitarbeitern aus Polling, Geretsried und Gaißach ging es am 8. Juni 2009 los. Heute hat die Außenstelle bei Roche, die der Betriebsstelle in Geretsried zugeordnet ist, 36 Mitarbeiter mit Behinderungen. Ihren Lohn erhalten sie von den „Oberland Werkstätten“. Begleitet werden sie von vier Fachkräften.
„Oberland Werkstätten“ bei Roche: Eine Erfolgsgeschichte
Es sei eine Erfolgsgeschichte, sagt die Geretsrieder Betriebsleiterin Dietlinde Schoch. Ziel sei es, dass die Menschen nahe am Arbeitsmarkt arbeiten, mit einem größtmöglichen Maß an Normalität. Anfangs habe es natürlich auf beiden Seiten Bedenken gegeben, erzählt sie. Ob es gelingt, Menschen aus einem geschützten Bereich auf dem Gelände eines Großkonzerns mit Tausenden von Mitarbeitern – aktuell sind es über 6000 – arbeiten zu lassen. Ob die behinderten Menschen akzeptiert werden und ob sie die Qualitätsanforderungen schaffen. „Aber wir waren optimistisch“, so Schoch. Und es hat sich ausgezahlt: Die Mitarbeiter gelten als hoch motiviert und sie liefern Qualität. Frage man sie, für wen sie arbeiten, antworten sie „Roche“ und nicht „Oberland Werkstätten“, erzählt Schoch. „Sie erleben sich als Teil von Roche.“
„Oberland Werkstätten“: Immer mehr Aufträge bei Roche
In den vergangenen zehn Jahren kamen immer mehr Aufträge hinzu. Mittlerweile werden auch Laborjournale und Pläne gescannt, Paletten sortiert, Zeitschriften laminiert und Teströhrchen etikettiert. Mitarbeiter der „Oberland Werkstätten“ montieren Schlauchsets, helfen in der Kantine und in Cafeterias auf dem Gelände, leeren Mülleimer, reinigen Parkhäuser und Teeküchen und übernehmen Botendienste. Einer der Mitarbeiter ist Rasso Wilkomm, ein promovierter Biochemiker, der schon früher mal bei Boehringer arbeitete. Seit 2017 ist er für die „Oberland Werkstätten“ wieder hier: Erst arbeitete der 48-Jährige in der Verpackung, jetzt bearbeitet er Excel-Dokumente und recherchiert in wissenschaftlicher Literatur. Es sei „sehr anspruchsvoll, sehr interessant“, sagt er. Und: „Es ist sehr schön, bei Roche zu arbeiten.“
„Letztlich entscheiden immer die Mitarbeiter, welche Arbeiten angenommen werden“, erzählt Betreuerin Simone Fuchs. Und das sind mittlerweile sehr viele Aufträge. Was ihre Kollegin Amelie Fischer mit Blick auf das Werkgelände bestätigt: „Inzwischen sind wir überall.“
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