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Stadtrats-Radio in Penzberg: Der Teufel steckt im Detail

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Von: Wolfgang Schörner

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Der Sitzungssaal im Penzberger Rathaus, hier bei der konstituierenden Sitzung des Stadtrats 2014. © Wolfgang Schörner

Sollen die öffentlichen Debatten des Stadtrats in Penzberg künftig im Internet als Hör-Version übertragen werden? Grundsätzlich kann sich dies eine Mehrheit der Stadtratsmitglieder vorstellen. Der Teufel steckt jedoch im Detail.

Penzberg – Vor einem Jahr war die BfP-Fraktion im Penzberger Stadtrat mit einem Antrag gescheitert, Live-Bilder aus den öffentlichen Sitzungen zu senden. Mit einem neuen Anlauf könnte sie nun mehr Erfolg haben. Die Fraktion schlug vor, die öffentlichen Sitzungen zumindest als Hör-Version zu übertragen. Sie begründete ihren Antrag damit, dass es Anfragen von Bürgern nach einem Live-Stream gebe, die im Schichtbetrieb arbeiten oder privat eingebunden sind und nicht an den Sitzungen teilnehmen können. Ebenso verspricht sich die BfP davon, die Transparenz politischer Prozesse zu verbessern.

Rathaus-Geschäftsleiter Roman Reis erklärte dazu, dass dies machbar wäre, rechtliche Bedenken gebe es nicht. Die vorhandene Sprechanlage im Sitzungssaal würde ausreichen. Er schätzt, dass die Realisierung etwa 5000 bis 10 000 Euro kosten würde. Nicht abgeneigt war in der jüngsten Sitzung die Mehrheit im Stadtrat, auch wenn Zweifel bestanden, ob der Bedarf tatsächlich vorhanden ist. Aber es zeigte sich, dass der Teufel im Detail steckt.

Diskutiert wurde zum Beispiel die Frage, wie damit umgegangen wird, wenn ein Stadtratsmitglied seine Redebeiträge grundsätzlich nicht im Audio-Stream übertragen lassen will. Mikro einfach ausschalten? Das sei völlig kontraproduktiv, so Markus Kleinen (SPD). „Wir haben doch die Mikrofone, damit wir uns im Sitzungssaal besser verstehen.“ Seltsam stellte sich das auch Dr. Johannes Bauer (Grüne) vor. „Wenn sich einige ausklinken, wird es schwierig. Dann gibt es Sendepausen über fünf Minuten“, sagte er. „Wenn nicht alle bereit sind, macht das ein sehr schlechtes Bild.“ Er fragte auch, ob es nicht mehr Sinn machen würde, die Aufnahmen aufzunehmen und später Tagesordnungspunkt für Tagesordnungspunkt ins Internet zu stellen. Dann, so Bauer, könnten sich die Zuhörer den für sie interessanten Punkt über eine Hör-Datei gezielt anhören, und müssten sich beim Live-Stream „nicht alle einzelnen Punkte reinziehen“. Seine Fraktionskollegin Dr. Kerstin Engel rechnet immerhin damit, dass sich durch eine Übertragung die Rededisziplin erhöhen würde.

Ein anderes Problem: Stadtratsmitglieder können einem Live-Radio zwar zustimmen, zumal sie als Mandatsträger Personen des öffentlichen Interesses sind. „Doch was ist mit Rathaus-Mitarbeitern und externen Rednern?“, fragte Adrian Leinweber (SPD). Unterliegen sie nicht dem Datenschutz? Und was ist, wenn ein Redner auf ein Bild auf der großen Monitorwand deutet und sagt: „Sehen Sie hier rechts unten.“ Der reine Ohrenzeuge kann damit nichts anfangen. Leinweber: „Ich zweifle immer mehr an der Sinnhaftigkeit.“

Geschlossen gegen die Übertragung sprach sich die CSU-Fraktion aus. „Solange sich die Debattenkultur auf einem Niveau befindet, das niedriger als ein Bergwerksstollen ist, wird es von der CSU keine Zustimmung geben“, sagte Nick Lisson, selbst Radiomoderator. Er sorge sich, dass die Politikverdrossenheit noch größer werde. „Ich glaube eher, dass einige mit ihrer Selbstdarstellung mehr zutage treten wollen“, sagte Lisson. Dem BfP-Mitglied Wolfgang Sacher warf er im gleichen Atemzug vor, „der Intendant des Kasperltheaters“ zu sein. Was sich BfP-Stadtratsmitglied Rüdiger Kammel verbat

Am Ende stimmten außer der CSU alle Stadtratsmitglieder dafür, den Plan weiterzuverfolgen. Erst soll aber abgeklärt werden, wie es mit dem Datenschutz bei Mitarbeitern und Gäste-Rednern steht, ob ein Live-Stream oder eine Hör-Datei sinnvoller ist und ob alle Stadtratsmitglieder mitmachen würden. Dann soll noch mal über das Stadtrats-Radio geredet werden.

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