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Corona im Landkreis: Klinikalltag im Isolationsbereich

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Von: Andreas Baar

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Im Weilheimer Krankenhaus wurde eine Isolationsstation eingerichtet. © Emanuel Gronau

Das Krankenhaus Weilheim ist im Corona-Modus. Ein Isolationsbereich ist eingerichtet, das Personal trägt Mundschutz. Aber: Noch einen Intensivfall kann die Klinik nicht mehr versorgen.

Weilheim – Im Weilheimer Krankenhaus am Dienstagmittag. Ärzte eilen durch die Gänge, Schwestern schieben Patienten in Betten zum Fahrstuhl. Alle tragen Mundschutz. Normaler Klinikbetrieb in Zeiten von Corona. Seit 5. März, als das Virus offiziell im Landkreis aufschlug, hat sich in der Einrichtung alles verändert – medizinisch und logistisch.

Leise öffnet sich die automatische Tür zur Intensivstation. Gleich rechts ein Zimmer. Die Scheiben sind abgeklebt. An der Tür hängt ein Schild. „Isolation“ steht darauf. Dazu ein gemaltes Herz. Das Zwei-Bett-Zimmer wurde zum Hochsicherheitsbereich umfunktioniert. Hier liegt der erste Corona-Patient im Landkreis in der „Box“. Die Luft wird gefiltert. Fast durchgehend ist eine Pflegekraft bei dem 80-Jährigen im Raum, sie ist nur für den Patienten zuständig. Der personelle Aufwand „ist extrem aufwendig“, erklärt Ärztlicher Direktor Prof. Andreas Knez. Der Patient kann von Angehörigen besucht werden. Allerdings in kompletter Schutzausrüstung.

„Normalzustand“ auf der Intensivstation

Es herrscht gelassene Professionalität. „Für uns ist das ein Normalzustand“, sagt Igor Petrovic, stellvertretender Leiter der Intensivstation. Immer wieder hat man infektiöse Patienten. Aber dieser Fall ist anders. Vorteil derzeit: Der eigene Krankenstand sei sehr niedrig, die personellen Kapazitäten deshalb vorhanden. Überhaupt, so Petrovic: „Wir waren gut vorbereitet.“ Chefarzt Knez hebt die Teamarbeit hervor. Es gebe keinen Arzt, Schwester und Pfleger, „der nicht in die Box reingeht“.

Schleuse in der Notaufnahme

Generell hat die Krankenhaus GmbH die Infrastruktur in der Klinik in Erwartung weiterer Corona-Fälle kräftig umgerüstet. Ist ein Patient angekündigt, steht das „Behandlungszimmer 7“ samt Schleuse in der Notaufnahme bereit. Ärzte und Pflegepersonal gehen mit Schutz – Mundschutz mit Brille, Kittel und Handschuhe – hinein.

Isolationsstation ist eingerichtet

Verlegt wird der Patient in den eigens geschaffenen Isolationsbereich. Eigentlich die Aufnahmestation 4, jetzt aber Sicherheitszone. Die Abteilung wurde bewusst gewählt, „weil man sie vom restlichen Krankenhaus gut abschotten kann“, sagt Pflegedirektorin Anne Ertel. „Stop. Isolation“, steht auf dem DIN A4-Ausdruck an der Tür. Bis zu 18 Patienten können versorgt werden. Gestern war sie leer, am Sonntag lagen zwei Patienten dort – die Corona-negativ waren, wie Chefarzt Knez sagt. Im Isolationsbereich arbeiten zwei Ärzte und neun Schwestern, ist von Reinhold Lang, Chefarzt Allgemein- und Viszeralchirurgie, zu erfahren. Im Krankenhaus wurde die Urlaubssperre der ersten Tage aufgehoben, leitende Oberärzte sind ausgenommen. Der zunächst verhängte OP-Aufnahmestopp wurde gelockert. Dennoch spürt das Krankenhaus die Corona-Angst in der Bevölkerung: 20 Prozent der Operationstermine wurden laut Chefarzt Lang abgesagt.

Klinik ist an Grenzen gekommen

Eines machen die Klinikvertreter trotz aller Vorbereitung aber klar: Das Krankenhaus Weilheim ist an seine Grenzen gekommen. Einen weiteren Intensivfall in diesem Zustand wie der 80-Jährige „können wir keinen mehr aufnehmen“, warnt Knez. Dafür sei der Aufwand an Pflege und Personal in der „Box“ zu hoch. Immerhin steht ein Zimmer als Reserve zur Verfügung. Zur Not, sagt Pflegedirektorin Ertel, könne man ähnliche Isolationsbereiche im Schongauer Krankenhaus einrichten. Auch die Idee, Kliniken in der Umgebung zu nutzen, gibt es bereits.

Über 100 Personen in häuslicher Quarantäne

Dass es mehr Fälle werden, darüber machen sich die Beteiligten keine Illusionen. „Die Situation ist sehr dynamisch“, sagt Gesundheitsamtsleiter Dr. Stefan Günther. Die drei Fälle im Landkreis „bringen uns an unsere Grenzen“, warnt er. Das Amt ist mit der Kontrolle der Kontaktpersonen ausgelastet. Knapp über 100 Menschen befinden sich bereits in häuslicher Quarantäne. Kontrollbesuche gibt es noch nicht, das Gesundheitsamt überwacht die Einhaltung per Telefon und hat Merkblätter verteilt. Es wird nicht das Ende der Fahnenstange sein, lautet die düstere Prognose: „Wir gehen davon aus, dass sich Viruskranke in Deutschland etablieren werden.“ Das Problem: Die Krankheit werde übertragen, bevor Symptome auftreten. Günther rechnet deshalb mit „flächendeckend schweren Verläufen“ – auch im Landkreis. Die Labore kommen mit den Tests schon jetzt nicht hinterher. Sollten die Zahlen ansteigen, wird Günther zufolge bereits daran gedacht, „mehrere Teststationen über den Landkreis hinweg aufzustellen.“

Hotline ist überlastet

Die Hotline des Gesundheitsamts ist überlastet. Corona-Verdachtsfälle verweist das Landratsamt an die ambulante Versorgung. Hausärzte sollen Tests selbst machen oder über die Kassenärztliche Vereinigung (Tel. 116 117) organisieren.

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