Krankenhäuser als Millionengrab: „Wir sind schon insolvent“

In der Debatte über den möglichen Bau eines neuen Zentralkrankenhauses geriet das Millionendefizit der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH fast ein wenig in Vergessenheit. Jetzt ist das Thema wieder da und wird erbitterter denn je diskutiert.
Landkreis – Zahlen lügen nicht. Und die Zahlen der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH sehen miserabel aus. 2021 hatte der Landkreis in seinem Haushalt vorsorglich 8,5 Millionen Euro eingeplant, um das Minus der Krankenhaus GmbH auszugleichen. Dazu kamen noch einmal fünf Millionen Euro für den Unterhalt der Gebäude und Investitionen.
Da 2021 aufgrund der Corona-Situation die Bundesregierung großzügige Zuschüsse an die Krankenhäuser zahlte, fiel das Defizit um rund eine Million Euro geringer aus als geplant. Heuer allerdings schreibt die Krankenhaus GmbH erneut tiefrote Zahlen. Internen Prognosen zufolge geht man beim Landkreis von rund zwölf Millionen Euro aus. Addiert man dazu noch die Investitionspauschale, kosten die Krankenhäuser in Weilheim und Schongau den Landkreis also 2022 rund 17 Millionen Euro.
Minus machen fast alle, aber Weilheim und Schongau besonders viel
Kein Wunder, dass Kreisrat Karl-Heinz Grehl (Grüne/Weilheim) der Krankenhaus GmbH attestierte: „Wir sind schon insolvent.“ Seine Fraktionskollegin Kerstin Engel (Penzberg) legte nach. 2021 sei ein schwieriges Jahr für alle Krankenhäuser gewesen, sagte sie. Selbst Kliniken wie Starnberg, die seit 2004 kostendeckend gearbeitet hätten, schrieben Verluste. Allerdings fielen diese deutlich geringer aus als bei der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH.
Landrätin Andrea Jochner-Weiß reagierte im Kreistag extrem dünnhäutig auf diese Bemerkungen. Sie lasse nicht zu, dass man den Mitarbeitern der Krankenhaus GmbH oder dem Aufsichtsrat schlechte Arbeit unterstelle, schimpfte sie. Aber das hatte niemand getan. Es wurde lediglich auf die Zahlen verwiesen. Und die sehen auch bei näherer Betrachtung nicht gut aus.
Aufs Bett gerechnet fast zehnmal mehr Verluste als Landsberg oder Wolfratshausen
Die Krankenhäuser im Umland, die sich in kommunaler Trägerschaft befinden, sind unterschiedlich groß. Deswegen sagen die blanken Verlust-Zahlen wenig aus. Anders gestaltet sich die Lage, wenn man die Verluste pro Jahr mal auf das Bett herunterrechnet. In Landsberg am Lech machte man 2021 pro Bett 2977 Euro Verlust. In Wolfratshausen 3255 Euro, im Ostallgäu mit Buchloe, Füssen und Kaufbeuren lag das Minus bei 6393,44 Euro pro Bett. Schaut man nun auf die Krankenhaus GmbH, stehen da für 2021 genau 25 000 Euro Verlust pro Bett. Nur in Agatharied im Landkreis Miesbach sah die Lage noch schlimmer aus: Hier lag das Defizit pro Bett bei 35 714,29 Euro.
Ein Wert, den die Krankenhaus GmbH heuer auch nahezu erreichen wird. Legt man die prognostizierten zwölf Millionen Euro, die die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH heuer voraussichtlich an Verlusten machen wird, auf die 340 Betten in den beiden Häusern um, dann kommt man auf sage und schreibe 35 294,12 Euro pro Bett – etwa das Zehnfache der Verluste von Landsberg oder Wolfratshausen.
Im nächsten Jahr droht ein Rekord-Defizit durch Inflation und Energiekrise
Dazu kommt der Umstand, dass die Krankenhaus GmbH seit 2008 kontinuierlich Miese macht. Und dass bereits heute abzusehen ist, dass sich dieser Trend nicht umkehren wird, wenn man, wie es das aktuelle Bürgerbegehren des Aktionsbündnisses „Pro Krankenhaus Schongau“ fordert, die Krankenhauslandschaft im Landkreis einfach unverändert lässt.
Ganz im Gegenteil: Inflation und Energiekrise machen um die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH auch 2023 keinen Bogen. Rund 70 Prozent der Gesamtkosten, die so ein Krankenhaus verursacht, sind Personalkosten. Plant man nun realistisch mit einer inflationsbedingten Lohnsteigerung von sechs bis sieben Prozent für die Mitarbeiter des Krankenhauses im kommenden Jahr, dann macht das allein ein zusätzliches Minus von rund drei bis vier Millionen Euro aus. Ganz zu schweigen von den Energiekosten. Beide Häuser seien „Energieschleudern“, hatte Geschäftsführer Thomas Lippmann vor einigen Wochen gesagt. Einsparpotenziale gebe es kaum.
Umsteuern wird durch Bürgerentscheid gefährdet
Es ist also durchaus wahrscheinlich, dass der Landkreis inklusive der Investitionspauschale im kommenden Jahr über 20 Millionen Euro zuschießen muss, um seine Krankenhaus GmbH vor der Pleite zu bewahren. Das liegt natürlich vor allem an der Politik auf Bundes- und Landesebene, die kleine Häuser wie die in Weilheim und Schongau finanziell strukturell benachteiligt.
Dessen ungeachtet sollen sich Krankenhäuser über die Fallpauschalen finanzieren, die Investitionen eigentlich vom Land übernommen werden. Eine dritte Säule in der Finanzierung – die durch den Landkreis – ist eigentlich nicht vorgesehen, obgleich sie in der Realität schon seit Jahren üblich ist.
Auch deswegen hat sich der Kreistag im vergangenen Jahr auf den Weg begeben, um zu untersuchen, wie man die Krankenversorgung im Landkreis dauerhaft auf eine stabile Grundlage stellen kann. Ein Prozess, der nun zu scheitern droht, wenn das Bürgerbegehren am 4. Dezember Erfolg haben sollte.