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„Ferienausschuss“ macht Kreispolitik

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Von: Andreas Baar

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Norbert Merk ist Kreiskämmerer. © Emanuel Gronau

Der Landkreis geht einen neuen Weg: Ein kleiner „Ferienausschuss“ übernimmt in der Corona-Krise statt dem 60-köpfigen Kreistag das politische Tagesgeschäft. Auf der Tagesordnung steht der Kreishaushalt.

Landkreis – Am Montag, 6. April, beginnt um 13.45 Uhr in der Weilheimer Stadthalle ein neues Kapitel in der Kreispolitik. Die zwölf Mitglieder des Kreisausschusses kommen mit Landrätin Andrea Jochner-Weiß (CSU) trotz Corona-Beschränkungen als „Ferienausschuss“ zusammen, um wichtige Beschlüsse zu fassen. Diese gelten ohne Votum des Kreistags (siehe Kasten). Zentraler Punkt auf der Tagesordnung: der Haushalt 2020. Diesen hätte am 24. April der Kreistag beschließen sollen.

Haushalt wird vorgelegt

Kreiskämmerer Norbert Merk legt am Montag einen Haushalt mit einem Gesamtvolumen von 228 Millionen Euro vor. Das ist mehr als der 226-Millionen-Euro-Ansatz im vergangenen Jahr. Das Finanzpaket ist – angesichts der Corona-Belastungen der öffentlichen Hand und den Auswirkungen auf die Wirtschaft – allerdings unter Vorbehalt geschnürt. Auch für Merk ist es eine ungewohnte Situation. Ein Beschluss im „Ferienausschuss“: „Das hat es noch gegeben“, sagt der Kämmerer über seine acht Jahre Amtszeit. „Ich gehe davon aus, dass es eine Ausnahme bleibt.“

Zahlen „vor Corona“

Genauso ungewöhnlich ist seine Kalkulation für dieses Jahr. Der Ansatz beruht auf einer Situation und Zahlen „vor Corona“, macht der Kämmerer deutlich. Trotzdem: „Der Haushalt ist nicht Makulatur“, betont Merk. „Viele Dinge müssen weitergehen.“ Zum Beispiel die Personalplanung oder die Jugend- und Sozialhilfen. Doch Merk räumt ein, dass das Paket nicht von langer Dauer sein wird: „Es wird viele Veränderungen geben.“ Nicht nur bei den Ausgaben für die Krankenhaus GmbH („Es wird Mehrbedarf geben“), deren zwei Kliniken im Corona-Kampf stehen, ebenso bei den Sozialleistungen, die wegen der Einkommensverluste ansteigen werden. Auch auf der Einnahmenseite des Kreises rechnet der Kämmerer mit Einschnitten. Die Kommunen „werden einen drastischen Rückgang bei den Steuervorauszahlungen haben“.

Nachtragshaushalte erwartet

Eigentlich sieht der Finanzplan heuer eine Zuführung von immerhin 16 Millionen Euro vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt vor – Geld, das für Investitionen genutzt werden kann. Doch ob es dabei bleibt, vermag der Kämmerer derzeit überhaupt nicht zu sagen. „Das ist die wichtige Stellschraube, um die es gehen wird.“ Merk erwartet deshalb, dass Nachtragshaushalte nötig sind. Er rechnet damit, dass mit den 34 Städten, Märkten und Gemeinden Gespräche über eine „neue Austarierung“ im Haushalt gesprochen werden muss. Man werde in der zweiten Jahreshälfte mit Gremien und Gemeinden „reden müssen“.

Kreisumlage ist ein Thema

Auch über die Kreisumlage, derzeit müssen die Kommunen 54 Prozent ihrer Steuereinnahmen an den Landkreis abführen. Die ungeliebte Abgabe ist am Montag bereits Thema. Es geht um die „Leistungsfähigkeit des Landkreises und der Landkreisgemeinde“, im nichtöffentlichen Teil wird die Finanzlage der Beteiligten abgewogen. Merk mag sich nicht aus dem Fenster lehnen. Eine Senkung oder Erhöhung „ist beides schwierig“, sagt er. Die Zeit drängt: Der Gesetzgeber hat laut Kämmerer den 30. Juni als Stichtag benannt, ab dem die Umlage für das Haushaltsjahr nicht erhöht werden darf.

Höhere Neuverschuldung möglich

Unterm Strich steht wegen der Corona-Kosten eine höhere Neuverschuldung des Landkreises als geplant im Raum. Merk: „Das ist nicht auszuschließen.“ Sein Ansatz sieht netto 8,6 Millionen Euro vor. Zum Vergleich: 2019 waren 8,1 Millionen Euro netto geplant, allerdings steht noch das Jahresergebnis aus. Deshalb ist unklar, ob Weilheim-Schongau den von Merk angepeilten Schuldenstand von knapp über 45 Millionen Euro eingehalten hat.

Kurzfristig eingesetzt

Der „Ferienaussschuss“ kommt auf Anregung des bayerischen Innenministeriums. Es schickte bereits am 19. März ein Schreiben an die Verwaltungen. Die Staatsregierung betonte darin, „dass gerade in dieser Ausnahmesituation eine leistungs- und arbeitsfähige Verwaltung ein hochnotwendiges Signal der Stabilität ist“, teilt Landratsamtssprecher Hans Rehbehn mit. Allerdings sollten Sitzungen von Gemeinderäten, Kreistagen, Bezirkstagen und ihrer Ausschüsse „auf das unbedingt notwendige Mindestmaß beschränkt werden“, hieß es einen Tag später. Gleichzeitig wurde empfohlen, bis zum Ende der Wahlperiode am 30. April „kurzfristig einen Ferienausschuss“ einzusetzen, so Rehbehn – dieser könne Aufgaben erledigen, für die sonst der Gemeinderat oder ein beschließender Ausschuss zuständig ist. Das gelte insbesondere für Haushaltsbeschlüsse. Geregelt wird dies in Artikel 32 der Bayerischen Gemeindeordnung. 

Per „Umlaufbeschluss“ eingeführt

Für Weilheim-Schongau gab es jedoch ein Problem: Die Landkreisordnung enthielt keine Regelungen zu „Ferienausschüssen“ – der Gesetzgeber war der Annahme, „dass Kreistage seltener tagen als Stadt- und Gemeinderäte und in den Ferienzeiten regelmäßig bereits kein Anlass für kurzfristige Entscheidungen besteht“, so Rehbehn. Aus diesem Grund wurde die Geschäftsordnung per „Umlaufbeschluss“ geändert. Bis 28. März, 12 Uhr, hatten sich die Kreistagsmitglieder zu dem Vorhaben äußern sollen. 

Nicht alle Kreisräte dafür

48 der 60 Mitglieder gaben per Fax oder Mail ihr Votum ab – 41 stimmten zu und sieben Kreisräte waren dagegen. Dem Vernehmen nach gab es unter anderem in der SPD-Fraktion eine Ablehnung. Mit „Nein“ hat SPD-Kreisrat Friedrich Zeller (SPD) gestimmt, wie der Schongauer auf Nachfrage bestätigt. Das schriftliche Umlaufverfahren „ist nicht demokratisch“, sagt er – weil die Einrichtung eines solchen Ausschusses in einer öffentlichen Sitzung zu beschließen sei. Zudem hält er nichts davon, dass der kleine Kreis jetzt den Haushalt beschließt. Es gebe das Instrument der „vorläufigen Haushaltsführung“, bis der Kreistag wieder zusammenkommt. „Das könnte man hier sehr gut anwenden.“ 

Zwölf Mitglieder

Das neue Gremium besteht aus dem zwölfköpfigen Kreisausschuss. Damit umschiffte man elegant eine formale Klippe: Eine neuer Ausschuss hätte erst vom Kreistag bestellt wurden müssen – aber das große, 60-köpfige Gremium soll ja wegen der Corona-Krise derzeit nicht zusammenkommen.

Die Tagesordnung

Die Sitzung des „Ferienausschusses“ beginnt am Montag, 6. April, um 13.45 Uhr in der Stadthalle Weilheim. Auf der öffentlichen Tagesordnung stehen ein Bericht der Radom Raisting GmbH, der Turnhallen-Ersatzneubau am Gymnasium Weilheim, der Neubau der Berufsschule in Weilheim sowie die Abfallgebührensatzung.

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