Riesenprojekt am Stadtrand von Weilheim spaltet den Stadtrat

Um den geplanten Neubau der Handwerkskammer am Narbonner Ring ist im Weilheimer Stadtrat ein Streit entbrannt – zum Thema Flächenverbrauch und zur Diskussionskultur im Gremium. Das Projekt selbst hat derweil noch größere Ausmaße als bisher angenommen.
Weilheim – Die Fläche, auf der das neue „Bildungszentrum Weilheim“ der Handwerkskammer für München und Oberbayern entstehen soll, ist noch größer als das Areal des benachbarten Berufsschul-Neubaus. Und sie ist auch größer, als die Stadtvertreter noch bei der Vorberatung vor elf Tagen im Bauausschuss dachten: Die Handwerkskammer sei dabei, ein weiteres Grundstück zu erwerben, erklärte Manfred Stork, Leiter der städtischen Bauverwaltung, am Donnerstag im Stadtrat. Somit werde das geplante Berufsbildungszentrum Richtung Norden bis zu der Wiese rund um den abgebrannten Feldstadel reichen, auf der demnächst ein Solarpark entstehen soll.
Grüne verweisen auf „wirtschaftliche Brachflächen“
Der Flächenverbrauch ist auch einer der Gründe, weshalb die Grünen-Fraktion den Neubau auf bisher landwirtschaftlich genutzten Grundstücken zwischen der Berufsschule und dem Bolzplatz am Narbonner Ring ablehnt. Die Handwerkskammer, erklärte Grünen-Sprecher Manuel Neulinger, habe „nicht hinreichend dargelegt“, warum es ein Bau auf grüner Wiese sein müsse. Ihm zufolge gibt es in Weilheim „diverse wirtschaftliche Brachflächen und Leerstände“, die stattdessen genutzt werden könnten.
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Bürgermeister Markus Loth (BfW) hielt dagegen, die Handwerkskammer habe „mehr als glaubhaft versichert“, dass die gewünschte Konzentration ihres Angebots an anderer Stelle in Weilheim nicht möglich wäre. Außerdem sei es „die ideale Kombination, dass Berufsschule und Bildungszentrum der Handwerkskammer nebeneinander liegen“, fügte der Rathaus-Chef an – so, wie es an der Kerschensteinerstraße der Fall war, bevor die Schule an den Stadtrand zog.
Stadtrat kann eine Tiefgarage fordern
Für die Grünen hingegen ist ein zweiter Ablehnungsgrund, dass die Stadt bislang nicht klar eine Tiefgarage für den Neubau der Handwerkskammer fordert, sondern stattdessen „windelweich“ formuliert sei, dass der Bauwerber ein „innovatives Mobilitätsmanagement“ vorzulegen habe. Im Bebauungsplanverfahren, so Loths Antwort, könne der Stadtrat eine Tiefgarage festlegen, wenn er das wolle. Doch das ist noch Zukunftsmusik. Aktuell geht es um die nötige Änderung des Flächennutzungsplanes – die der Stadtrat am Donnerstag letztlich gegen die Stimmen der sechs Grünen-Vertreter sowie von Ullrich Klinkicht (WM Miteinander) beschlossen hat.
CSU-Vertreter echauffiert sich über „Halbwissen und Unwissen“
Bis zu dieser Entscheidung ging es in der Sitzung freilich hoch her. BfW-Sprecherin Brigitte Holeczek hatte kritisiert, Neulingers Argumentation stütze sich „nur auf Vermutungen und Behauptungen“. Und nach einer Bemerkung von SPD-Rätin Petra Arneth-Mangano („Mich ärgert, dass Berufsschule und Bildungszentrum im Sinne der Synergien nicht zusammen gebaut wurden“) polterte CSU-Mann Stefan Zirngibl, es sei „so viel Halbwissen und Unwissen da, dass es mir körperliche Schmerzen bereitet“.
Der Bürgermeister: „Wir reden jedes Projekt kaputt“
„Wir reden jedes Projekt kaputt“, wandte sich Bürgermeister Loth gegen die Kritik der Neubau-Gegner. Und CSU-Sprecherin Marion Lunz-Schmieder zeigte sich „bestürzt“ ob des Signals, das die negativen Stimmen aussenden. Darauf konterte Karl-Heinz Grehl (Grüne): „Es wird ja noch erlaubt sein, darüber nachzudenken, ob es vielleicht Alternativen zu einem solchen Klotz gäbe“. Und Arneth-Mangano wandte sich gegen „Maßregelungen“ von Ratskollegen, „wenn man eine eine andere Meinung hat und diese vertritt“.
Warum es bei der Berufsschule keine Tiefgarage gibt
Dazwischen gab es auch noch einige Äußerungen zur Sache selbst. Der geplante Neubau sei „aus Weilheimer Sicht hervorragend“, befand Saika Gebauer-Merx (FDP), „wir sollten uns darüber freuen“. Im Zuge der Bauleitplanung müsse dann „selbstverständlich auf eine Tiefgarage geachtet werden“. Dass es eine solche bei der Berufsschule nicht gibt, begründete Zirngibl – der auch dem Kreistag angehört – mit Extrakosten von 3,5 Millionen Euro, die das bedeutet hätte: „Damit hätte es keinen Beschluss mehr für die Berufsschule gegeben.“
Das Thema Flächenverbrauch sei wichtig, konstatierte Lunz-Schmieder, „aber es gibt auch andere wichtige Themen, und die Ausbildung für künftige Handwerker gehört dazu“. Gewiss sei auch er dafür, Flächen zu sparen, sagte Claus Reindl (BfW), „aber man muss überlegen, wo und was“. Und er fügte an: „Fläche ist auch verbraucht, wenn die Handwerkskammer in einer anderen Stadt baut.“