Die Umfahrung, die Bürger und die Demokratie

Wie heiß das Thema „Umfahrung“ in Weilheim diskutiert wird, das zeigten bei der Sondersitzung des Stadtrates am Dienstag auch drei Anträge. Angenommen wurde vorerst nur einer davon.
Weilheim – Der Stadtrat solle das Staatliche Bauamt auffordern, „sämtliche Planungen zu Umgehungsstraßen im Osten oder Westen von Weilheim mit sofortiger Wirkung einzustellen und ausschließlich die verschiedenen Varianten der Unterfahrungen bzw. Tunnellösungen weiter zu untersuchen“. Das hatte die vierköpfige Freie-Wähler-Fraktion bereits Anfang September beantragt – mit Verweis auf ein Schreiben von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) zur „Flächensparoffensive“ des Freistaates. Der Stadtrat stehe „in der Verantwortung, den Flächenverbrauch der Stadt Weilheim auf das notwendige Maß zu reduzieren“, meint die FW-Fraktion; eine weitere Untersuchung der Ost- und West-Varianten sei „nicht mehr zeitgemäß“.
FW: Nur noch Tunnellösungen untersuchen
„Als Gegner einer oberirdischen Umfahrung müsste ich ja froh sein über diesen Antrag“, sagte Horst Martin (SPD) in der Stadtratssitzung am Dienstagabend, die fast 600 Zuhörer in die Stadthalle lockte. „Aber das widerspricht völlig meinem Demokratieverständnis“, erteilte der SPD-Bürgermeisterkandidat einer solchen Einschränkung eine klare Absage. Und er setzte eine Spitze in Richtung Aiwanger: Als Wirtschaftsminister könne dieser ja den geplanten dreispurigen Ausbau der B2 nördlich und südlich von Weilheim stoppen und sich für den zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke einsetzen.
Auch BfW und CSU sind dagegen, den Fokus einer Bürgerbefragung einzuschränken. „Damit wären wir unglaubwürdig“, so Marion Lunz-Schmieder (CSU). Dagegen würde laut Susann Enders (FW) „keine Bevormundung“ drohen, weil man „mehrere Tunnellösungen zur Auswahl stellen“ könne. Durch den Antrag ihrer Fraktion komme „der Umweltgedanke wieder rein, der rausgeredet wurde“, so Enders, die auch Generalsekretärin der Freien Wähler ist: „Wir wollen nicht, dass die Bürger Weilheims gegeneinander ausgespielt werden – denn das wäre doch die Folge“.
Uwe Fritsch, Leiter des Staatlichen Bauamts Weilheim, warnte hingegen davor, „alles auf eine Variante zu reduzieren“. Am Ende wurde der FW-Antrag gegen die Stimmen von FW und Grünen abgelehnt.
FDP stellte Gegenantrag
Einen „Gegenantrag“ zum FW-Vorstoß hatte FDP-Vertreterin Saika Gebauer-Merx eingereicht: Wenngleich auch die FDP keine oberirdische Trasse wolle und weiterer Flächenfraß in Form von Straßenbau „soweit es geht verhindert werden soll“, dürften die Bürger in ihrer Entscheidungsfreiheit nicht derart eingegrenzt werden.
Bei der vorgesehenen Bürgerbefragung sollen laut Gebauer-Merx „als Alternativen grundsätzlich die oberirdische und die unterirdische Lösung der B2-Ortsumfahrung zur Auswahl“ stehen. Dabei solle diese Auswahl „keinen konkreten Trassenverlauf beinhalten, sondern den Willen der Bürger hinsichtlich eines ober- oder eines unterirdischen Verlaufs aufzeigen“. Nach der Variante könne man in einem zweiten Schritt fragen, erklärte die FDP-Stadträtin in der Sitzung, „ansonsten läuft es schon im ersten Schritt auf ein gegeneinander von Ost und West hinaus“.
Die Bürger seien „durchaus in der Lage, sachlich abzustimmen“ und eigene Interessen hintanzustellen, sagte dazu BfW-Sprecherin Brigitte Holeczek. Ihrer Meinung nach ist es jedoch „zu früh“ für diese Entscheidung. Auch Klaus Gast (CSU) nannte es „zu früh, heute Pflöcke einzuschlagen“. So entschied der Stadtrat gegen zwei Stimmen, den Antrag zurückzustellen.
CSU fordert zusätzliche Berechnung
Mehrheitliche Zustimmung (gegen die Stimmen von FW und Grünen) fand schließlich ein Antrag, den die CSU-Fraktion eingereicht hatte: Sie forderte bezüglich der Entlastungswirkung der verschiedenen Umfahrungsvarianten eine ergänzende Berechnung für die „Westvariante kurz“ –unter Einbeziehung von Anschlüssen der Gewerbegebiete Paradeis/Öferl. Denn bei den vorliegenden Zahlen sei „der Pkw- und Schwerlastverkehr aus den Gewerbegebieten, der über eine Westumfahrung fließen würde, nicht einbezogen worden“.
Andreas Lenker vom Staatlichen Bauamt erklärte, es gebe bereits ein ergänzendes Kurzak-Gutachten zu den Verkehrszahlen. Die entsprechende Neuberechnung des Nutzen-Kosten-Verhältnisses für die „Westvariante kurz“ solle bis zum nächsten Themenabend am 4. November vorliegen.
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