Noch ehe es dazu kommen konnte, stellte jedoch die BN-Kreisgruppe Ende März fest: Vor Ort wurden „Tatsachen geschaffen und die Wiese begüllt“. Deren Biotopcharakter könnte damit vor der beschlossenen Untersuchung „zerstört worden sein“, so die Naturschützer empört (wir berichteten).
Für Stadtratsmitglied Ullrich Klinkicht (Weilheim Miteinander) „stinkt“ dieser Vorgang im wahrsten Sinne des Wortes. Deshalb stellte er dazu eine schriftliche Anfrage, die Stadtkämmerer Christoph Scharf in der jüngsten Ratssitzung kurz beantwortete. Und diese Anfrage brachte zutage: Die Stadt selbst hat die fragliche Fläche Ende März „zur kurzfristigen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung“ verpachtet. Dabei wurde dem Landwirt nichts von der möglichen Biotop-Qualität der Wiese und der bevorstehenden Untersuchung gesagt – weil die für die Verpachtung zuständige Abteilung „Liegenschaftsmanagement“ nach eigenen Angaben nichts davon wusste. Erst am 21. April habe man vom Stadtbauamt den entsprechenden Stadtratsbeschluss vom Februar „zur Info erhalten“.
Marco Schwentzek, Leiter des Sachgebiets „Liegenschaftsmanagement“ im Rathaus, hat nach Klinkichts Anfrage eine Chronologie der Handlungen seiner Abteilung bezüglich der Solarwiese in spe erstellt. Demnach war dieses städtische Grundstück bis Mitte 2021 verpachtet und wurde „regulär von einem Landwirt bewirtschaftet“. Dafür habe es keinerlei Beschränkungen gegeben. Laut Bund Naturschutz ist auf der Wiese in den vergangenen Jahren jedoch keine Gülle ausgetragen worden. Was dort wuchs, nutzte der damalige Pächter dem Vernehmen nach als Pferdefutter – ohne je zu düngen.
Wegen der Planungen der Stadtwerke für ein Solarfeld hatte die Stadt dem bisherigen Pächter zum 30. Juni gekündigt, und zwar „einvernehmlich“, so Schwentzek. Wegen „Arbeitsüberlastung im Liegenschaftsmanagement“ sei ein neuer Pachtvertrag mit den Stadtwerken 2021 nicht mehr ausverhandelt worden: „Der Vorgang ist liegen geblieben.“ Im März 2022 habe das Kommunalunternehmen dann mitgeteilt, erst die weitere Entwicklung abwarten zu wollen. Die Stadt könne für die Fläche derweil „einen kurzfristigen Pachtvertrag mit kurzfristiger Kündigungsmöglichkeit“ mit einem Landwirt abschließen.
Das tat die zuständige Abteilung denn auch: Weil der vorherige Pächter laut Schwentzek kein Interesse mehr hatte, wurde das Areal Ende März per „telefonischer Zusage“ an einen anderen Landwirt zur kurzfristigen Bewirtschaftung verpachtet. Am 30. März stellte der Bund Naturschutz fest, dass die Wiese begüllt wurde. Nachdem der BN dies am 4. April öffentlich machte, erschien am 6. April ein Bericht darüber in unserer Zeitung. Titel: „Biotopcharakter könnte schon zerstört worden sein“.
Die ans Stadtbauamt gerichtete Anfrage des BN zum Gülleauftrag sei am 12. April an das Liegenschaftsmanagement weitergeleitet worden, erklärt der Sachgebietsleiter. Daraufhin habe man dem neuen Pächter am 19. April „telefonisch die landwirtschaftliche Bewirtschaftung bis zur Begutachtung im Mai untersagt“. Allerdings informierte seine Abteilung den Pächter nicht über die bevorstehende Untersuchung, so Schwentzek auf Klinkichts Anfrage. Denn man habe den entsprechenden Stadtratsbeschluss vom Februar erst am 21. April vom Bauamt bekommen.
Zum Zeitpunkt der Neuverpachtung habe das Liegenschaftsmanagement „nichts von dem Vorgang gewusst“, sagt der Abteilungsleiter auch gegenüber unserer Zeitung. Das Vorgehen sei unter den gegebenen Voraussetzungen falsch gewesen, räumt Schwentzek ein, „aber die Voraussetzungen waren mir nicht bekannt“. Gleichwohl müsse auch ein mögliches Biotop prinzipiell gepflegt werden. „Wenn ich nichts mache, ist es auch nicht richtig.“ Die Verpachtung laufe deshalb weiter, doch landwirtschaftliche Nutzung ist vorerst untersagt.